Baerbock bricht mit Eurofighter-Agenda – Grüne in Aufruhr: „Verantwortungslos“

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Annalena Baerbock will Eurofighter-Lieferungen an Saudi-Arabien erlauben. Von Ricarda Lang und weiteren Grünen hagelt es dafür Kritik. (Collage aus Symbolbildern) © Collage: dpa/Kay Nietfeld // dpa/Michael Kappeler

Außenministerin Annalena Baerbock hat sich für die Lieferung von Eurofightern an Saudi-Arabien ausgesprochen. Damit bricht sie mit einer Grünen-Agenda und erntet Widerspruch.

Jerusalem – Bei den Grünen bahnt sich eine neue große interne Debatte an. Auslöser sind Äußerungen von Annalena Baerbock vom Sonntagabend. Die deutsche Außenministerin will nun doch Eurofighter-Lieferungen nach Saudi-Arabien erlauben und bricht damit mit der bisherigen Agenda der eigenen Partei. Aus dieser kommt postwendend scharfe Kritik am Schritt der eigenen Ministerin.

Die Bundesregierung ist nach Angaben von Außenministerin Annalena Baerbock offen für die Lieferung von Eurofighter-Kampfjets an Saudi-Arabien. Indem Saudi-Arabien von den jemenitischen Huthi-Rebellen auf Israel abgeschossene Raketen abfange, trage es zur Sicherheit Israels und zur Verhinderung eines Flächenbrandes in der Region bei. So die Grünen-Politikerin am Sonntag nach Gesprächen mit Israels Präsident Izchak Herzog und dem neuen Außenminister Israel Katz in Jerusalem. „Gerade deshalb sehen wir nicht, dass wir uns als deutsche Bundesregierung den britischen Überlegungen zu weiteren Eurofightern für Saudi-Arabien entgegenstellen“, sagte die Bundesaußenministerin.

Grüne in Aufruhr: Baerbock bricht mit Eurofighter-Agenda

Rüstungsexporte nach Saudi-Arabien sind wegen der Menschenrechtslage in dem Königreich und wegen des Eingreifens der aufstrebenden Militärmacht in regionale Konflikte umstritten. Die Kampfjets sind ein europäisches Gemeinschaftsprojekt, an dem Deutschland beteiligt ist und deswegen ein Vetorecht bei Exportentscheidungen hat. Gefertigt werden sie in Großbritannien, das zu einer Lieferung nach Saudi-Arabien bereit wäre. Unbestätigten Berichten zufolge soll es um 48 Jets gehen.

Baerbock sagte, gerade Saudi-Arabien kenne schon seit geraumer Zeit die Gefahr, die von den Huthis für die Sicherheit in der Region ausgehe. „Dass die saudische Luftwaffe dabei auch Eurofighter einsetzt, ist, glaube ich, ein offenes Geheimnis. Das zeigt die Bemühungen Riads um eine bessere Zukunft in der Region“, ergänzte sie. Die Ministerin nannte es bemerkenswert, dass Israel und Saudi-Arabien ihrem Normalisierungskurs nach den Terrorattacken der islamistischen Hamas am 7. Oktober keine Absage erteilt hätten. „Dass Saudi-Arabien jetzt Raketen und Drohnen abfängt, die die Huthis auf Israel abschießen, unterstreicht dies, und dafür sind wir dankbar.“ Baerbock fügte hinzu: „Gerade deshalb sehen wir nicht, dass wir uns als deutsche Bundesregierung den britischen Überlegungen zu weiteren Eurofightern entgegenstellen.“

Das Problem: Die Ampel-Koalition hatte in ihrem Koalitionsvertrag vereinbart, „keine Exportgenehmigungen für Rüstungsgüter an Staaten“ zu erteilen, „solange diese nachweislich unmittelbar am Jemen-Krieg beteiligt sind“. Saudi-Arabien war einer der Hauptakteure in diesem Krieg. In der Ampel-Koalition hatte sich das Kanzleramt und auch die FDP offen dafür gezeigt, die Ausfuhr von in Großbritannien gebauten Eurofightern nach Saudi-Arabien zu genehmigen. Die Grünen und Teile der SPD hatten dies aber vehement abgelehnt.

Baerbock bricht Eurofighter-Agenda: Grüne extrem irritiert

Bei den Grünen lösten die Kehrtwende Irritationen aus. „Die Meldung überrascht“, sagte die sicherheitspolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion im Bundestag, Sara Nanni, dem Spiegel. „Die Bundesregierung hat sich noch im Sommer dazu bekannt, keine Eurofighter an Saudi-Arabien zu liefern.“ Dies sei „aus guten Gründen“ geschehen.

Auch die Grünen-Abgeordnete Jamila Schäfer äußerte ihr Unverständnis. „Saudi-Arabien begeht schwere Menschenrechtsverletzungen und ist am Jemen-Krieg beteiligt“, sagte sie dem Spiegel. „Niemand kann garantieren, dass diese Waffen nicht für weitere völkerrechtswidrige Einsätze eingesetzt würden.“ Die Ko-Chefin der Grünen Jugend, Svenja Appuhn, bezeichnete eine mögliche Lieferung von Kampfflugzeugen nach Saudi-Arabien als „verantwortungslos“.

Auch Ricarda Lang zeigte sich irritiert und widersprach Baerbocks Entscheidung. Die Co-Vorsitzende der Grünen sagte gegenüber dem rbb24 Inforadio, dass sich die Lage zwar verändert habe, „weil Saudi-Arabien eine andere Rolle einnimmt, als viele ihnen vor Jahren noch zu getraut hätten, und hier auch Israel unterstützt“. Allerdings hält sie die Lieferung von Eurofightern „mit Blick auf die Menschenrechtssituation“ und die „innere Verfasstheit Saudi-Arabiens (...) nach wie vor für falsch“.

Saudi-Arabien war einer der Hauptakteure im Jemen-Krieg. Inzwischen bemüht es sich aber um eine politische Lösung des Konflikts. Zudem gab es in den vergangenen Monaten eine Annäherung zwischen Israel und Saudi-Arabien, die letztlich in die Aufnahme diplomatischer Beziehungen münden könnte. (rist/dpa/afp)

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