„Gelebte Integration“: Ein Team aus 55 Nationen im Weilheimer Krankenhaus

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Ein multikulturelles Team am Krankenhaus Weilheim. Mittendrin Anne Ertel (Mitte, mit beiger Hose) neben Sandra Buchner und Sadije Hoxha. Außerdem auf dem Bild: Jetmir Ukimeri (Kosovo), Belkize Ukimeri (Kosovo), Avdiu Engin (Kosovo) Biljana Nvakovic (Serbien), Yeganeh Tarvijinajjarkolaei (Iran), Kateryna Balandiukh (Ukraine), Svitlana Abrosymova (Ukraine), Francesk Biba (Albanien), Semra Nalbani (Kosovo), Christy Chacko (Indien), Belgacem Waibri (Tunesien), Anna Hrnyk (Ukraine), Afif Mhamdi (Tunesien), Ons Gabsi (Tunesien), Anjanette Marcelino (Philippinen) und Malika Fizal (Tunesien). © Emanuel Gronau

Seit dem Treffen von Rechtsextremisten und AfD-Politikern in Potsdam, bei dem es auch um die zwangsweise Aussiedlung von Menschen mit Migrationshintergrund ging, ist das Thema in aller Munde. In einer Serie stellen wir Beispiele gelungener Integration vor.

Weilheim – „Wir sind froh, dass wir sie haben“, sagt Pflegedienstleiterin Sandra Buchner über die Vielzahl an Arbeitskräften, die in den vergangenen Jahren aus aller Herren Länder den Weg nach Weilheim gefunden haben und seit 2019 nach und nach das Team der Krankenhaus-GmbH verstärken. Rund 100 Frauen und Männer aus 55 Nationen stellen laut Pflegedienstdirektorin Anne Ertel derzeit rund 20 Prozent der Mitarbeiter. Sie tun das, so Ertel, „in allen Bereichen, von Ärzten über den Pflegebereich, die zentrale Aufbereitungsstelle für Medizinprodukte und den Service bis hin zur Reinigung“.

Über eine Agentur ans Krankenhaus

Der Weg vom alten Zuhause in ein neues Leben hier im oberbayerischen Weilheim war für sie alle kein leichter. Malika Fizal und Afif Mhamdi aus Tunesien etwa mussten sich, ebenso wie Biba Francesk aus Albanien, bei einer der beiden Kooperations-Agenturen bewerben, die nach einem abgesprochenen Anforderungsprofil Fachkräfte vermitteln. Voraussetzung sind eine abgeschlossene Ausbildung im Bereich Pflege oder MTRA (medizinische, technische, radiologische Assistenz) und Deutschkenntnisse, Sprachlevel B1. Die drei Genannten haben sich die zuhause angeeignet, Urkunden, Diplome, Vollmachten besorgt, ein Online-Interview mit ihrem zukünftigen Arbeitgeber erfolgreich hinter sich gebracht und monatelang die behäbige Arbeit ihrer jeweiligen Behörden ertragen.

Dafür warteten am Zielort hundert angemietete Krankenhaus-Wohnungen und für die sprachliche Weiterbildung zum B2-Niveau stehen täglich zwei Lehrer und zwei Germanistik-Studenten zur Verfügung. Aber, sagt Ertel, „am besten lernen sie es im täglichen Leben und am Patienten“.

Früher weniger Unterstützung bei der Integration

Sadije Hoxha, die seit 29 Jahren als Krankenschwester in Schongau und Weilheim arbeitete und seit einiger Zeit als Integrationslotsin freigestellt ist, erinnert sich zurück an ihren Beginn in den 90er Jahren. Damals habe es viel weniger Unterstützung für Integration gegeben. Sie habe „vieles auf eigene Faust lernen müssen“, sei aber „auf eine sehr menschliche Leitung und großartige Kollegen“ gestoßen. Als Brücke zwischen deutschen und ausländischen Kulturen müsse sie „sehr feinfühlig agieren“.Bis jetzt sei es aber „super gelaufen“.

Mit einer gewissen Erwartungshaltung des Arbeitgebers sah sich die Ukrainerin Anna Harmyk konfrontiert, die bereits eine Woche nach der russischen Invasion gemeinsam mit ihrer Mutter und ihrer Tochter aus Lviv geflohen ist und bei ihrem Eintreffen „kein Wort deutsch“ sprechen konnte. Jetzt hat sie die schwierige Sprache gemeinsam mit weiteren, teils traumatisierten Frauen erlernt, hat beruflich Erfahrung gesammelt und sagt: „Ich bin sehr glücklich und fühle mich hier sehr wohl.“

Kinder haben sich gut eingelebt

Biba und Mhamdi haben sich als Pflegefachmann mittlerweile eingearbeitet und auch die Tunesierin Malika Fezal ist zufrieden mit ihrem neuen Leben. Ihre zwei Kinder haben auf Hardt- und Mittelschule Freunde gefunden und vor kurzem konnte sie auch ihren Mann wieder in die Arme schließen. „Je besser die Integration, desto lieber bleiben die Menschen“ sagt Ertel.

Emanuel Gronau

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