Lieber Le Pen: Frankreichs Konservative lassen Macron vor Neuwahlen abblitzen
Der Republikaner-Chef Ciotti will bei Frankreichs Neuwahlen mit dem Rassemblement National kooperieren. Seine Strategie gegen Macron stößt auf Widerstand.
Paris – Bei Debatten um die Neuwahlen in Frankreich wackeln die Steine der Brandmauer. Der Vorsitzende der christdemokratischen Republikanerpartei, Eric Ciotti, gab bei einem Interview am Dienstag (11. Juni) an, er wünsche sich eine Kooperation mit der rechtsnationalen Partei Rassemblement National (RN), die in aktuellen Umfragen stärkste Kraft ist. „Es ist, um die Gruppe zu erhalten“, erklärte er.
Der Republikaner wolle sich durch das Bündnis dem jetzigen Präsidenten Frankreichs, Emmanuel Macron, und seinen Anhängern entgegenstellen. Sein „Block“ habe „mehr Gewalt, mehr Unsicherheit“ gebracht. Ciotti sprach sich beim Interview im französischen Fernsehsender TF1 für einen starken „rechten Block“ aus. „Wir brauchen ein Bündnis, wobei wir wir selbst bleiben müssen“, so der Parteichef. Es sei „eine Kraft, die sich erheben wird, die sich erheben muss“.

Rassemblement National bringt Hoffnung: Republikaner Frankreichs hätten ohne Allianz wenig Einfluss
Ohne die RN sei man „zu schwach“, um Macron etwas entgegenzusetzen, so Ciotti. In einer PolitPro-Umfrage für die nationalen Wahlen Frankreichs lagen die Republikaner zuletzt bei acht Prozent. Die RN hingegen erreichte 28 Prozent und ist damit mit Abstand die stärkste Kraft in den Umfragen.
Die Parteiallianz „Ensemble“, zu der auch Macrons Renaissance-Partei gehört, lag zuletzt bei 17 Prozent und verlor somit im Vergleich zur letzten Wahl im Jahr 2022 deutlich (25,8 Prozent). So ist es nicht zuletzt sicherlich auch die Hoffnung auf eine Regierungsbeteiligung, die Ciotti zu seinen Aussagen motivierte.
Keine großen Differenzen zwischen Republikanern Frankreichs und Rassemblement National
Auf Nachfrage stand Ciotti dem RN auch das Etikett „Républicains“ zu, sollten sie sich der Gruppe der Republikaner einordnen. Inhaltlich würden sich die Republikaner und die RN gar nicht so sehr unterscheiden, man müsse sich nur einigen. „Wir sagen dasselbe, also hören wir auf, fiktive Oppositionen zu erschaffen“, so der Republikaner-Chef.
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Auch Périne Schir, Forschungsbeauftragte für die französische extreme Rechte an der George-Washington-Universität in den USA, nannte die Allianz zwischen RN und Republikaner laut France24 ideologisch „vollkommen machbar“. Allerdings gebe es laut dem Spezialisten für französische Parteiengeschichte an der Universität Clermont Auvergne, Mathias Bernard, „politisch-strategische Differenzen“.
Bruch mit der historischen Brandmauer in Frankreich: Le Pen und Bardella loben Wahlallianz
Die RN-Fraktionsvorsitzende in der Nationalversammlung, Marine Le Pen, lobte laut France24 „die mutige Entscheidung“ von Ciotti als historischen Bruch der Brandmauer und gab an zu hoffen, dass er die Unterstützung seiner Partei in dem Vorhaben bekäme. Der seit „40 Jahren angeblich bestehende ‚Cordon Sanitaire‘, der uns viele Wahlen hat verlieren lassen“, sei gerade dabei zu verschwinden, so Le Pen laut der AFP. Mit dem geschichtsträchtigen Begriff „Cordon Sanitaire“ ist der jahrzehntelange Ausschluss von Regierungskoalitionen mit den Rechtspopulisten gemeint.
Der RN-Parteichef Jordan Bardella bestätigte laut AFP das Wahlbündnis für die Neuwahlen. „Es wird eine Verständigung zwischen dem Rassemblement National und den Republikanern geben“, so der EU-Politiker. Bardella habe nach eigenen Angaben zuvor „alle patriotischen politischen“ Parteien zu einer Allianz aufgefordert und freue sich, dass Ciotti darauf reagiert habe. Ein Bündnis mit der Partei „Reconquête“, die noch rechter eingestuft wird als die RN, schloss Bardella am Dienstag aus.
Rücktrittsforderungen werden stark: Republikaner-Chef Ciotti handelte offenbar im Alleingang
Auf die Nachfrage im Fernsehinterview, ob Ciotti lediglich einen Wunsch äußere oder es sich um eine Ankündigung handele, wich der Republikaner-Chef aus. Ganz in Stein gemeißelt scheinen seine Aussagen also noch nicht. Ganz im Gegenteil: die nachfolgenden Reaktionen machen eher den Anschein, als sei Ciotti alleine losgezogen.
„Eine politische Partei ist nicht nur eine Person“, sagte das republikanische Senatsmitglied Bruno Retailleau laut France24. Der republikanische Sprecher des Senats, Gerhard Larcher, schrieb auf X, Ciotti „muss sein Mandat niederlegen“. Auch Olivier Marleix, der Fraktionschef der Republikaner im Nationalparlament, befürwortete die Rücktrittsforderungen.
Innenminister Gerald Darmanin, der von den Republikanern zu Macrons Bündnis gewechselt war, bezeichnete den Schritt laut AFP als „Schande für die gaullistische Familie“. Die französischen Konservativen berufen sich auf die Tradition von Charles de Gaulle, der für seinen Widerstand gegen Nazi-Deutschland hochgehalten wird. Ein anderer ehemaliger Republikaner rief die Renaissance-Partei an, in ihren Rängen „Raum zu machen“ für Republikaner, die keine solche Kooperation wollen.
Macron will Präsidentschaftsamt unter keinen Umständen abgeben – Attal will Mehrheit für Le Pen verhindern
Macron gab laut Figaro an, nicht von dem Präsidentschaftsamt zurücktreten zu wollen – „was auch immer das Ergebnis ist“. Macrons Büro bestand darauf, die Wahl gebe die Option zwischen „republikanischen Kräften auf der einen und extremistischen Kräften auf der anderen“ Seite.
Der Premierminister Gabriel Attal wolle laut France24 „alles tun, um zu verhindern“, dass Le Pen gewinnt. Die erste Runde der Wahl soll schon am 30. Juni stattfinden. Holt in einem Wahlkreis im ersten Wahlgang kein Bewerber die absolute Mehrheit, findet am 7. Juli ein zweiter Wahlvorgang mit relativer Mehrheit statt. (lismah)