Macron geht Risiko: Partei von Le Pen dominiert Umfragen vor Neuwahlen in Frankreich
Die Neuwahlen zur Nationalversammlung in Frankreich versprechen Hochspannung. Macron hofft auf eine Wende. Ein Blick auf Umfragen und Prognosen.
Paris – Frankreich befindet sich schon wieder mitten im Wahlkampf. Direkt nach dem Rechtsruck bei der Europawahl in Frankreich hat Präsident Emmanuel Macron Neuwahlen ausgerufen. Eins ist klar: Der Schritt birgt ein erhebliches Risiko. Die jüngsten Umfragen aus dem Juni 2024 weisen jedenfalls auf einen signifikanten Stimmenzuwachs für den Rassemblement National (RN) hin. Das erklärte Ziel der rechtspopulistischen Partei ist, ihren Parteivorsitzenden Jordan Bardella als Premierminister zu sehen.
Das hat auch die Ikone der „Nationalen Sammlungsbewegung“ direkt nach Macrons Entscheidung sofort deutlich gemacht: „Wir sind bereit, Regierungsverantwortung auszuüben“, sagte Marine Le Pen, die 2027 zum vierten Mal als Präsidentschaftskandidatin kandidieren will.
Aktuelle Umfragen und Prognosen zu den Neuwahlen in Frankreich 2024
Die neuesten Umfragen legen nahe, dass der RN wahrscheinlich als stärkste Partei aus der Wahl zur Nationalversammlung hervorgehen wird. Im Wahltrend vom Juni 2024 hat der Rassemblement National einen klaren Vorsprung von fast zehn Punkten vor dem Bündnis Nouveau Front Populaire (NFP), bestehend aus Kommunisten, Linken, Grünen und Sozialisten. Das Macron-Lager Ensemble muss sich demnach mit dem dritten Platz zufriedengeben. Dahinter rangieren die 2015 gegründeten Republikaner (LR) und die rechtsradikale Bewegung Reconquête (REC), die 2021 ins Leben gerufen wurde.
Partei | Wahltrend in % |
---|---|
RN | 33 |
NFP | 30 |
Ensemble | 19 |
LR | 9 |
REC | 4 |
Sonstige | 5 |
(Quelle: Politico, gewichteter Durchschnitt der Umfragen, Stand 15. Juni)
In Teilen Frankreichs besteht die Befürchtung, dass Macrons Entscheidung nach hinten losgehen könnte. Le Pen hat es in den vergangenen Jahren durch ihren Kurs der „Dédiabolisation“ (Entteufelung) erfolgreich geschafft, ihre Partei bis weit in die bürgerliche Mitte hinein wählbar zu machen. Dies wird auch durch die Ergebnisse der Europawahl deutlich: In mehr als 90 Prozent der französischen Gemeinden erhielt der RN die meisten Stimmen. Sollte der RN die absolute Mehrheit in der Nationalversammlung erlangen, wäre Macron faktisch gezwungen, einen ihrer Vertreter zum Regierungschef zu ernennen.
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Die Umfragen zur Wahl in Frankreich geben nur bedingt Aufschluss über die Sitzverteilung
Sollte der RN eine Regierungsmehrheit erlangen, würde es in Frankreich nach 22 Jahren wieder zu einer „Kohabitation“ kommen. Bisher gab es dreimal den Fall, dass der Präsident und die stärkste politische Fraktion im Parlament verschiedenen politischen Lagern angehörten, zuletzt von 1997 bis 2002 mit dem konservativen Präsidenten Jacques Chirac und dem sozialistischen Premierminister Lionel Jospin.
Ob dieses Szenario eintreten könnte, ist jedoch noch unklar. Aufgrund des Mehrheitswahlrechts in Frankreich geben die Umfragen nur bedingt Aufschluss über die zukünftige Sitzverteilung in der Nationalversammlung. In das Parlament wird der Abgeordnete eines Wahlkreises gewählt, der in der Stichwahl im zweiten Durchgang die meisten Stimmen erhält. Bei der Parlamentswahl 2022 hatte das Macron-Lager 245 Sitze erreicht, der RN nur 89. Die erste Runde der Neuwahlen ist für den 30. Juni angesetzt, die zweite Runde soll am 7. Juli stattfinden. (cs/dpa/AFP)