Macrons riskante Wette: Macht er Le Pen den Weg zur Präsidentin frei?
Die Partei Rassemblement National geht als Sieger aus der EU-Wahl 2024 in Frankreich. Macron kündigte Neuwahlen an. Es ist unklar, ob Macrons riskantes Manöver aufgehen wird.
Paris – Noch bevor in Frankreich die Europawahl beendet war, soll Frankreichs Präsident Emmanuel Macron seine Entscheidung getroffen haben: Auflösung der Nationalversammlung und Neuwahlen. Einem Bericht der französischen Zeitung Le Monde zufolge soll Macron kurz nach 19 Uhr im Porträtsaal des Élysée-Palasts seinen Entschluss einigen führenden Personen aus seinem Lager mitgeteilt haben.
Kurz nach 20 Uhr wurde der Grund für Macrons Entscheidung öffentlich: Die rechtsnationale Partei Rassemblement National um Marine Le Pen erreichte mit 32 Prozent der Stimmen das beste Ergebnis bei der Europawahl in Frankreich. Damit erhielt die Partei mehr als doppelt so viele Stimmen wie das Bündnis Renaissance um Macron, das auf knapp 15 Prozent kam.
Le Pen begrüßt Macrons Entscheidung nach EU-Wahl 2024: „Wir sind bereit, Macht auszuüben“
Angesichts des Wahlerfolges des Rassemblement National bei der EU-Wahl 2024 liegt die Frage auf der Hand: Spielt Macron mit seiner Entscheidung Le Pen in die Karten? Die rechtsnationale Politikerin jedenfalls begrüßte Macrons Entscheidung. „Wir sind bereit, Macht auszuüben“, sagte Le Pen nach der Ankündigung.
Macron kündigt nach Le Pens Sieg bei der Europawahl in Frankreich Neuwahlen an – ein Wagnis
Noch am Europawahl-Abend hatte Macron seinen Entschluss in Paris offiziell gemacht und Neuwahlen angekündigt – die bereits am 30. Juni stattfinden sollen. Auf der Plattform X schrieb der Präsident am Montagmorgen (10. Juni): „Ich vertraue auf die Fähigkeit des französischen Volkes, die richtige Wahl für sich selbst und für künftige Generationen zu treffen. Mein einziges Bestreben ist es, unserem Land, das ich so sehr liebe, nützlich zu sein.“ Die französische Nationalversammlung wird damit zum ersten Mal in mehr als 25 Jahren aufgelöst.
Macrons Entscheidung ist ein Wagnis. Laut Politico Bericht habe Macron die Entscheidung unter der Annahme getroffen, dass die Partei Rassemblement National geschwächt aus den Parlamentswahlen in drei Wochen hervorgehen könnte. Es sei demnach unwahrscheinlich, dass Le Pens Partei bei der Wahl in Frankreich einen so klaren Sieg wie bei der EU-Wahl bringen könne. Der Rassemblement National werde höchstwahrscheinlich nicht genug Sitze im Parlament gewinnen, um regieren zu können.
Macrons Wagnis nach Europawahl: Wer wird gestärkt aus der vorgezogenen Wahl hervorgehen?
Wer jedoch gestärkt aus den Wahlen hervorgehen wird, ist dennoch unklar. Politikwissenschaftler an der Pariser Panthéon-Assas-Universität, Benjamin Morel, sagte gegenüber Politico: „Nach einer Präsidentschaftswahl bringt eine Parlamentswahl in der Regel eine starke Mehrheit für den Präsidenten, weil seine Wähler motiviert sind und die Opposition erschöpft ist.“ Unklar sei jedoch „wer für diese vorgezogene Wahl mobilisieren wird“ fügte der Politikwissenschaftler hinzu.
Meine news
Wahl-Umfrage in Frankreich: Le Pen könnte bei Parlamentswahl große Zuwächse erzielen
Dem Bericht zufolge zeige eine durchgesickerte Umfrage von Les Républicains im Dezember, dass Le Pens Partei bei einer vorgezogenen Wahl große Zuwächse erzielen könnte. Die Partei Rassemblement National könnte demnach 243 bis 305 Abgeordnete erreichen und damit möglicherweise mehr als die für eine Mehrheit erforderliche Schwelle überschreiten. Zurzeit hat die Partei 88 der 577 Sitze in der Nationalversammlung inne.
Riskantes Manöver des französischen Präsidenten nach Europawahl: Macron droht „Kohabitation“
Sollte die Rassenelement-National-Partei die Mehrheit im Parlament erlangen, müsste Macron jemanden aus den Reihen der Partei zum Ministerpräsidenten oder zur Ministerpräsidentin ernennen – eine sogenannte „Kohabitation“. Infrage käme dafür Le Pens Spitzenkandidat bei der Europawahl, Jordan Bardella.
Le Pens Europawahl-Spitzenkandidat will französischer Premierminister werden
Der 28-jährige Vorsitzende solle der Anwärter auf das Amt des Premierministers sein, wenn sie bei vorgezogenen Wahlen die Mehrheit gewinnen würde. Das sagte laut Bericht der Zeitung Le Monde der Vizepräsident der Partei Rassemblement National am Montag. Damit wäre Le Pen näher an der Macht und zwei konträre politische Lager würden die Regierungsverantwortung ausführen.
Die Parteien in Frankreich haben nun drei Wochen Zeit, Kräfte zu mobilisieren und Wahlkampf zu führen. In den zwei Wahlgängen am 30. Juni und 7. Juli wird sich zeigen, ob Macron mit seinem riskanten Manöver Erfolg haben wird. (pav)