Kritisierte Glasfronten an der Blankensteinhütte: „Wir müssen notfalls nacharbeiten“
Glasfronten bis zum Boden bei einer Hütte im Bergwald: Während der Alpenverein von einer „modernen Interpretation“ einer Selbstversorgerhütte spricht, hagelt es ringsum Kritik an der neuen Blankensteinhütte. Jetzt fordert auch noch der Landesbund für Vogelschutz eine Nachrüstung.
Rottach-Egern – Im Rottacher Bauausschuss hatte das Aussehen der neuen Blankensteinhütte im Wallberggebiet zuletzt für mächtig Unmut gesorgt. Von einem „Fremdkörper“ hatte Bürgermeister Christian Köck (CSU) gesprochen und zumindest ein Kaschieren der Fenster durch Lamellen oder Schiebetüren bei Nichtbelegung der Hütte angeregt. Hermann Ulbricht (FWG) bezeichnete sie als „rundum greislig“, Josef Lang (CSU) attestierte dem Deutschen Alpenverein (DAV) gar einen „schlechten Stil“ und war überzeugt, dass die Leute, die in die Berge gehen, „eine Hütte erwarten, wie sie üblich ist“ (wir berichteten). Und da sind Glasfronten bis zum Boden eben nicht üblich.
Die DAV-Sektion Oberland stellte inzwischen ausführlich klar: Die großen Fensterflächen seien der sich weiter verschattenden Lage des Bauwerks geschuldet. Durch die größeren Fensteröffnungen könne mehr Wärme in die Hütte gelangen. Zudem sei nur so eine Luftzirkulation möglich, mit deren Hilfe Restfeuchte in der nutzungsfreien Zeit aus dem Bau transportiert werde. Trotz der erschwerten Bedingungen habe man eine komplett autarke Berghütte entwickeln können, hieß es seitens des Architekten Rainer Schmid.
Bezüglich der Glasfronten hat sich auch der Landesbund für Vogelschutz (LBV) eingeschaltet. Gerhard Kinshofer, Vorsitzender der LBV-Kreisgruppe Miesbach, bat seinen Kollegen Peter Stimmler vom Umweltbildungszentrum Lindenhof in Oberfranken um eine fachliche Einschätzung. Sie kam prompt: Demnach handle es sich bei dem verbauten Glas nicht um Vogelschutzglas, so Stimmler. Der geringe Reflexionsgrad stelle keinen wirksamen Vogelschutz dar. Die Hütte, so der LBV, befinde sich im Natura-2000-Gebiet Mangfallgebirge und im Vogelschutzgebiet Mangfallgebirge. Hier habe es Brutnachweise unter anderem für Haselhuhn, Wanderfalke und Uhu gegeben. „Streng geschützte Arten, die alle nachweislich vom Vogelschlag betroffen sind“, so der LBV-Experte, der sich auf ein Urteil des Verwaltungsgerichts von 2012 bezieht, wonach Gebäude nachgerüstet werden müssten, wenn sie einen negativen Einfluss auf den Erhaltungszustand der Natura-2000-Gebiete haben. Die Risikobewertung ergebe: Hier müsse nachgerüstet werden.
Auch Dachüberstand strittig
Kinshofer hat die Stellungnahme inzwischen ans Landratsamt Miesbach weitergeleitet. Dort ist man ohnehin mit einem Tekturantrag beschäftigt, den die Rottacher Bauausschussmitglieder einstimmig abgelehnt hatten. Allerdings betrifft die Tektur nicht die – genehmigten – Fenster, sondern einen anderen Bereich. Planabweichend wurde der nördliche Vordachbereich mit einem Wetterschutz für die Lagerung von Brennholz ausgestattet. „Dieser Wetterschutz ist schon angebracht, müsste aber wieder abgenommen werden, wenn keine Genehmigung erfolgt“, antwortet Sektionssprecherin Hannah Trowal schriftlich auf Nachfrage. Der Wetterschutz bedeute eine Abweichung von der Ortsgestaltungssatzung in Bezug auf die Tiefe des Dachüberstands. Vorgegeben sind in der Satzung 80 Zentimeter, mit der Tektur könnten aber nur 25 Zentimeter erreicht werden.
Laut Landratsamt Miesbach habe das Bauamt noch keine endgültige Entscheidung getroffen. Was die Sektion dazu veranlasst, erst einmal abzuwarten. „Sollte dieser Punkt abgelehnt werden, werden wir die ursprüngliche Variante umsetzen, ohne Wetterschutz für das Brennholz auf der Nordseite.“ Unumkehrbare Fakten seien noch nicht geschaffen worden.
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Was das Vogelschutzglas betrifft, so befindet sich die Sektion laut Sprecherin im engen Austausch mit dem Landratsamt. Auch werde man bei einem Ortstermin das Gefährdungspotenzial evaluieren. „Wir werden selbstverständlich entsprechende Vorkehrungen treffen“, versichert die Sprecherin. „Als Teil eines anerkannten Naturschutzverbands nehmen wir die Stellungnahme des LBV sehr ernst und werden Anpassungen vornehmen, sollte es notwendig sein.“
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Unterdessen nimmt die Sektion ab 2. Juli wieder Buchungen entgegen. Ein Lager mit 16 Plätzen steht in der Selbstversorgerhütte mit Holzherd (mit Backrohr), Bio-Trocken-Toilette, Wasser vor der Hütte und über die PV-Anlage erzeugtes Licht zur Verfügung. Für 1. August ist die Eröffnung geplant. „Sollte bis dahin der Bescheid des Landratsamts noch nicht eingetroffen sein“, so die Sektionssprecherin, „wird die Hütte eben ohne Wetterschutz für das Brennholz eröffnet, und wir müssen notfalls hinterher nacharbeiten.“ Dies könnte dann wohl auch die Glasfront betreffen. gr