„Vorstellbar“: Verkauf einer prominenten städtischen Immobilie kein Tabuthema

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2016 kaufte die Stadt Wolfratshausen die ehemalige Happsche Apotheke am Untermarkt 13. Ein Nutzungskonzept für die denkmalgeschützte Immobilie in der Altstadt gibt es bis dato nicht. © Sabine Hermsdorf-Hiss

2016 kaufte die Stadt Wolfratshausen die ehemalige Happsche Apotheke. Es fehlen ein Nutzungskonzept und das Geld für die Sanierung. Ein Wiederverkauf der Immobilie ist nicht ausgeschlossen.

Wolfratshausen – Mit der ehemaligen Happschen Apotheke am Untermarkt und dem einstigen Kotz-Anwesen direkt neben dem Rathaus kaufte die Stadt in den vergangenen Jahren zwei prominente Immobilien. Einen Nutzungsplan gibt‘s nur in einem Fall – und angesichts eines leeren Stadtsäckels sind aufwendige und damit kostspielige Sanierungen ausgeschlossen. Für Josef Praller, Fraktionschef der Bürgervereinigung, ein Grund, über den Verkauf eines der beiden Gebäudes nachzudenken: „Ich kann mir vorstellen, die alte Happsche Apotheke unter gewissen Umständen zu veräußern.“

Vize-Bürgermeister rechnet mit zwei bis drei Millionen Euro

Das Anwesen am Untermarkt ist ein Kleinod, das die Kommune 2016 erwarb. Die Stadt räumte Annemarie Eichner-Happ ein lebenslanges Wohnrecht ein, die Wolfratshauserin verstarb im April 2022. Die Nutzung der bis auf den Tag leer stehenden ehemaligen Apotheke ist problematisch. Das Gebäude genießt Denkmalschutz, das historische Inventar ist „integraler“, das heißt wesentlicher Bestandteil des Denkmals. Bis dato gilt ein Stadtratsbeschluss aus dem Jahr 2018: Die alte Apotheke wird einer Untersuchung unterzogen und eine grobe Schätzung der Sanierungskosten angestellt. Ergebnisse liegen noch nicht vor, vor rund einem Jahr prognostizierte Vize-Bürgermeister Günther Eibl (CSU), dass „sicherlich“ mit „zwei bis drei Millionen Euro“ Investitionskosten gerechnet werden müsse.

Eine Sanierung „muss man sich leisten wollen und auch können“, sagt Praller. Angesichts der Tatsache, dass die prekäre Finanzlage der Stadt sich mittelfristig nicht bessern werde, sei es eine „Option“, sich wieder von der Immobilie zu trennen. Das Anwesen sei „ein interessantes Objekt“, für das sich mutmaßlich ein Käufer finden werde.

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Ein Denkverbot in diese Richtung gibt‘s auch bei der CSU nicht. Über den Verkauf der ehemaligen Happschen Apotheke „zumindest als eine Option mal zu sprechen“, hält die Fraktionsvorsitzende Claudia Drexl-Weile für legitim. Peter Lobenstein, Fraktionssprecher der Grünen, will den zweiten Schritt nicht vor dem ersten machen. Er plädiert dafür, zunächst das Untersuchungsergebnis und die grobe Kostenschätzung abzuwarten. Er will einen Verkauf oder die Vergabe per Erbpacht an einen Investor nicht kategorisch ausschließen, gibt aber zu bedenken: Die Immobilie stehe wie das ehemalige Kotz-Anwesen mitten in der Innenstadt. „Ein Investor könnte Pläne verfolgen, die sich nicht mit denen der Stadt decken“, so Lobenstein.

Wenn ich etwas kaufe, muss ich mir im Vorfeld Gedanken machen, was ich damit tun will. 

Helmut Forster, Fraktionschef der Wolfratshauser Liste und Wirtschaftsreferent des Stadtrats, weist auf ein in seinen Augen grundsätzliches Problem hin: „Wenn ich etwas kaufe, muss ich mir im Vorfeld Gedanken machen, was ich damit tun will.“ Dies sei bei beiden Immobilien nicht der Fall gewesen. Zudem hätte er das Haus, in dem die Eigentümerfamilie Kotz bis Ende 2023 einen Friseursalon betrieb, „nicht zu dem Preis gekauft“. Für rund 1,9 Millionen Euro war das Objekt angeboten worden, „weit unter dem geforderten Preis“ habe die Kommune zugeschlagen, so Rathauschef Klaus Heilinglechner (Bürgervereinigung) seinerzeit gegenüber unserer Zeitung – ohne konkret zu werden.

Mit Blick auf die ehemalige Apotheke werde die Wolfratshauser Liste „jetzt nach vorne gehen“, kündigt Forster an. Die Immobilie in 1a-Lage sei „zu wertvoll“, um sie noch länger sich selbst zu überlassen. Kurzfristig müsse ein Nutzungskonzept auf dem Tisch liegen und am besten ein „Ankermieter“ gefunden werden. An Nachfragen mangelt es laut dem Wirtschaftsreferenten nicht. Zu seinem Leidwesen „wird aber nicht immer mit mir geredet“, schießt er einen Pfeil in Richtung seines Amtsnachfolgers Heilinglechner.

ehemaliges Kotz-Anwesen in Wolfratshausen, Marienplatz
400 000 Euro hat der Stadtrat für eine Grundrenovierung des ehemaligen Kotz-Anwesens am Marienplatz 2 bereitgestellt. © Sabine Hermsdorf-Hiss

400.000 Euro für Sanierung des Kotz-Anwesens bereitgestellt

Die Sanierung der alten Apotheke stehe nicht ganz oben auf dem Investitionsplan, räumt Fritz Meixner, Sprecher der SPD/FDP-Stadtratsfraktion, ein. Das Thema werde für ihn erst akut, wenn eine Kostenschätzung vorliege. Konkret seien dagegen die Pläne für das ehemalige Kotz-Anwesen. In einem „Zwischenschritt“ werde die Dienstleistungs-GmbH der Städtischen Wohnbaubaugesellschaft (StäWo) das Objekt grundrenovieren. „Wenn die StäWo das macht, dann flutscht das“, sagt Meixner mit Blick auf jüngste Projekte wie die Modernisierung des Rathauscafés. Nicht verbauen wolle sich die Kommune allerdings mittelfristig die „mögliche Erweiterung“ des Rathauses, das ans Kotz-Gebäude grenzt. Wie berichtet nähert sich die Flößerstadt der 20 000-Einwohner-Marke. Eine Folge: Der Stadtrat würde von derzeit 25 auf 30 Mitglieder wachsen. „Vielleicht brauchen wir dann einen größeren Sitzungsaal“, so Meixner.

Bürgermeister Heilinglechner bestätigt auf Nachfrage, dass das ehemalige Kotz-Anwesen zeitnah grundsaniert wird. 400 000 Euro habe der Stadtrat dafür bereitgestellt. Das Ziel sei eine „übergangsweise Nutzbarkeitsmachung“. Vermietet werden sollen laut Rathauschef sowohl das Ladenlokal im Erdgeschoss als auch die drei Wohnungen in den oberen Etagen. Die Renovierungsarbeiten würden schon bald beginnen, „das geht jetzt relativ fix“.

Und wie sieht die Zukunft des historischen Apotheken-Gebäude aus? Auch das, so Heilinglechner, entscheide letztlich der Stadtrat.

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