Muslimischen Spuren durch die Stadt Kempten folgen
Drei junge Frauen mit türkischen Wurzeln führten auf muslimischen Spuren durch Kempten, ihre deutsche Heimat. Der Spaziergang bot eine Fülle an Informationen.
Kempten – Im Rahmen der Ausstellung „Kempten gecheckt!“ im Kempten-Museum hatten sich Zümra Inan, Ela Kücükgündiz und Asude Ünal zusammen mit weiteren Jugendlichen, angeleitet von Sozialpädagogin Jana Autor vom Sozialdienst muslimischer Frauen (SmF), auf Spurensuche begeben.
Wann kamen wohl die ersten Muslime nach Deutschland? Die Jahreszahl überrascht, denn das war im Jahr 798, als der König von Asturien beim Überfall auf Lissabon sieben Muslime erbeutet hatte und als Freundschaftsgabe an Karl den Großen in Aachen „verschenkte“. Heute leben zwischen 5,3 und 5,6 Millionen Muslime und Musliminnen in Deutschland, das sind etwa 6,4 bis 6,7 Prozent der Bevölkerung.
Muslimische Spuren in Kempten: Auf die ersten folgten viele
Am Rathaus-Kebab, der ersten Station, erfuhr die Gruppe von Kadir Nurman, der 1972 in Berlin als Erster „Döner im Brot“ angeboten hat. Dieser schnelle Imbiss etablierte sich wie keine andere orientalische Spezialität in der deutschen Alltagskultur. Andere „Einwanderer“ sind bekanntlich Tomate und Kartoffel aus Südamerika, Aubergine, Spinat und Nudeln aus Asien. Das aus dem Türkischen stammende Wort Joghurt bedeutet „gegorene Milch“.
Beim Gang durch die Bäckerstraße erinnerten die Führerinnen an die erste Gastarbeiterin in Kempten, Saynur Hilmiye Uygur, die 1969 dort den ersten türkischen Lebensmittelladen geführt hat. Heute gibt es praktisch in jedem Stadtteil einen, und am Ende der Bäckerstraße ein jüngst eröffnetes Fachgeschäft für türkische Süßigkeiten.
Hunderte Gastarbeiter arbeiteten früher in Kempten
An der Iller entlang führte der Weg über den Steg zum denkmalgeschützten Gebäude der ehemaligen Spinnerei und Weberei. Dort arbeiteten zwischen 1922 und 1980 etwa 800 Menschen aus der Türkei, Jugoslawien, Italien, Marokko und Griechenland. Die Gastarbeiter wohnten in Firmengebäuden in der Nähe des Industriekomplexes.
Die Sprachbarrieren waren hoch, es bildeten sich einzelne Gruppen, und bei den Muslimen entstand der Wunsch, sich zum Freitagsgebet zu treffen. Dafür wurde anfangs ein Raum angemietet, dann ein ganzes Gebäude gekauft und zur Moschee umgestaltet.
Ein interessantes Angebot
Die DITIB-Moschee in der Füssener Straße eröffnete im Jahr 1981. Als die Spaziergruppe dort ankam, war das jährliche Sommerfest in vollem Gang. Vor der allfälligen Stärkung mit türkischen Speisen konnte der Gebetsraum für Männer besucht werden. Er ist schön hell und erstrahlt in Weiß und Türkis, mit vergoldeten Ornamenten.
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Viele junge Leute aus der Projektgruppe waren zum Gang durch die Stadt auf muslimischen Spuren gekommen, dagegen nur eine Handvoll Erwachsene. Grund für die schwache Beteiligung könnte eventuell weniger mangelndem Interesse geschuldet sein als ungenügender Werbung für dieses wirklich interessante Angebot.
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