„Kaltschnäuzig und rücksichtslos“: Motorradfahrer (21) lässt Kumpel nach Unfall liegen - Urteil fällt
Die Szenerie für die Retter war eigenartig: Zwei Motorräder lagen da, aber nur eine Person. Der andere flüchtete - und musste sich nun vor Gericht verantworten.
Wolfratshausen/Bad Heilbrunn - Zwei demolierte Motorräder und eine Person, die verletzt am Straßenrand liegt: So stellte sich die Szenerie für die Polizisten und die Rettungssanitäter dar, als sie am 14. Juli vorigen Jahres gegen 21.30 Uhr zu einem schweren Unfall auf der B11 zwischen Wolfratshausen und Geretsried dazu kamen. Von dem zweiten Unfallbeteiligten fehlte jede Spur. Erst gegen Mitternacht konnte der ebenfalls bei dem Crash verletzte Yamaha-Fahrer, nach dem mehrere Polizeistreifen und ein Polizeihubschrauber gesucht hatten, in seinem Versteck aufgespürt werden.
Nun musste sich der 21-jährige Heilbrunner vor dem Jugendgericht verantworten: Wegen Urkundenfälschung, vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis, Führen eines Kraftfahrzeugs ohne Haftpflichtversicherungsschutz und unerlaubten Entfernens vom Unfallort wurde er zu 3000 Euro Geldstrafe verurteilt. Zudem verhängte das Gericht eine Führerscheinsperre von noch zwölf Monaten.
„Die wesentlichen Punkte werden eingeräumt“, ließ der Verteidiger das Gericht wissen, nachdem die Anklageschrift verlesen worden war. Demnach hatte der Beschuldigte die Yamaha im August 2021 gekauft, aber nicht ordnungsgemäß zugelassen. Stattdessen brachte er ein bereits entstempeltes Kennzeichen an und manipulierte eine amtliche Zulassung. Seinen Führerschein hatte er abgeben, nachdem er im Juni 2021 wegen Drogendelikten vor Gericht gestanden hatte. So war für die Polizei schnell klar, warum der junge Mann in jener Nacht von der Unfallstelle geflüchtet war.
Knochenbrüche bei Fahrer
Seinem Freund, der sich eine Elle gebrochen, das Becken geprellt sowie Abschürfungen erlitten hatte, hatte er nur flüchtig beachtet. Der Angeklagte selbst hatte sich einen Lendenwirbelbruch zugezogen. „Das macht keinen guten Eindruck, den schwerverletzten Freund einfach an der Leitplanke liegenzulassen“, zeigte Richterin Friederike Kirschstein-Freund wenig Verständnis für das Verhalten des Beschuldigten, das die Staatsanwältin als „kaltschnäuzig und rücksichtslos“ empfand.
Zwölf Monate ohne Führerschein - Richterin findet deutliche Worte für angeklagten Motorradfahrer
Aus diesem Grund beantragte die Anklagevertreterin, gegen den 21-Jährigen einen Freizeitarrest zu verhängen. „Das Unrecht seiner Tat muss ihm deutlich vor Augen geführt werden. Hier nur mit einem Verkehrsunterricht rauszugehen, halte ich erzieherisch überhaupt nicht für geboten.“ Richterin Kirschstein-Freund folgte in ihrem Urteil jedoch dem Vorschlag von Jugendgerichtshelferin Lena Wahner, die neben dem Verkehrserziehungskurs, zu dem sich der Angeklagte bereits angemeldet hat, eine Geldauflage für die angemessene Ahndung hielt. 3000 Euro muss der Heilbrunner nun an seinen Freund zahlen, den Verkehrskurs besuchen – und sich mindestens zwölf Monate gedulden, bis er wieder einen Führerschein in Händen halten darf. Wie es damals zu dem Unfall gekommen war, wurde in der Verhandlung nicht erörtert.
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„Sie setzen sich über sämtliche Regeln hinweg, nur weil sie Motorradfahren wollen. Auch in jener Nacht war es eine Spaßfahrt. Das ist reine Eigensucht – dabei setzen sie sich auch über Leib und Leben anderer hinweg – sowas will man im Straßenverkehr nicht haben“, erklärte die Richterin, warum sie den Beschuldigten derzeit „absolut nicht für geeignet“ halte, am Straßenverkehr teilzunehmen und eine einjährige Sperre angeordnet hatte. Der Angeklagte nahm das Urteil an.