Neues Beratungsangebot: „Barrierefreiheit von Anfang an mitdenken“
Die Beratungsstelle Barrierefreiheit der Bayerischen Architektenkammer bietet 2024 erstmals auch Beratungen im Landkreis Miebach für Um- und Neubauten an. Wir sprachen dazu mit Susanne Moog, Sachverständige bei der Bayerischen Architektenkammer.
Landkreis – Die Menschen werden immer älter, und damit steigt der Bedarf an barrierefreiem Wohnraum. Wie sich Bestandsgebäude umbauen lassen und worauf Eigentümer beim Neubau achten sollten, erklärt die Innenarchitektin und Sachverständige für barrierefreies Planen und Bauen, Susanne Moog (62) von der Beratungsstelle Barrierefreiheit der Bayerischen Architektenkammer. Auf Initiative des Landratsamtes berät die Expertin kommendes Jahr erstmals auch im Kreis Miesbach.
Frau Moog, wie kam die Bayerische Architektenkammer auf die Idee, ihr Beratungsangebot zur Barrierefreiheit nun auch auf den Landkreis Miesbach auszuweiten?
Susanne Moog: Die Beratungsstelle Barrierefreiheit besteht schon seit 1984 in München, bayernweit gibt es 18 Beratungsstellen. Leider ist der Landkreis Miesbach bisher schlecht ausgestattet. Wohl aus diesem Grund kam Astrid Achterberg von der Fachstelle für soziale Angelegenheiten im Landratsamt auf uns zu und hat gefragt, ob wir nicht auch im Kreis Miesbach Beratung anbieten können. Wir beraten nicht nur Privatleute, sondern unter anderem auch Bauträger, Architekten, Bildungsträger und Kommunen. Letztere könnten zum Beispiel bei der Ausweisung von Neubaugebieten die Barrierefreiheit möglichst von Anfang an berücksichtigen und Bauherrn von Einfamilien- oder Doppelhäusern auf die Nachhaltigkeit von barrierefreiem Bauen hinweisen. Mit unseren Kooperationspartnern, der Stiftung Pfennigparade und der CAB Augsburg können wir auch zu den Themen leichte Sprache und barrierefreie Kommunikation im digitalen Raum beraten.
Was bedeutet barrierefrei konkret?
Susanne Moog: Barrierefrei sind bauliche Anlagen, die für behinderte Menschen in der allgemein üblichen Weise, ohne besondere Erschwernis und grundsätzlich ohne fremde Hilfe zugänglich und nutzbar sind. So definiert es das Baugesetzbuch, Artikel 4. Zum Beispiel: Keine Stufen vor Eingängen, keine Schwellen, bodengleiche Duschen und ausreichend Platz, damit man mit Rollstuhl oder Rollator rangieren kann. Aber das sind nur einige Punkte, die beachtet werden müssen. Detailliert gibt hier die DIN 18040, Barrierefreies Bauen, Auskunft.
Mit welchen Fragen wenden sich Ratsuchende an Sie?
Susanne Moog: Privatleute interessieren sich vor allem für den barrierefreien Umbau von Bädern und für die Zugänglichkeit von Wohnungen und Häusern. Wir achten bei unserer Beratung aber nicht nur auf die Architektur, sondern auf die Bedürfnisse der Menschen. So hatte ich zum Beispiel mal den Fall eines Ehepaares, wo der Mann im Rollstuhl saß. Die Tochter hatte ein Grundstück gekauft und wollte dort für ihre Eltern einen Neubau realisieren mit einem barrierefreien ersten Stock. Wie sich im Zuge der Beratung herausstellte, war es die bessere Lösung, stattdessen in das Haus der Eltern ein barrierefreies Bad einzubauen. So konnten sie in ihrem Haus wohnen bleiben.
Ist ein barrierefreier Umbau immer möglich?
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Susanne Moog: Im oben beschriebenen Fall konnte man die Gästetoilette neben dem Eingang mit der Garderobe zusammenlegen, um dort ein rollstuhlgerechtes Bad einzubauen. Grundsätzlich lässt sich jedes Haus und jede Wohnung barrierefrei umbauen. Es ist ein bisschen eine Frage des Geldes.
Was kostet zum Beispiel der barrierefreie Umbau eines Bads oder ein Treppenlift?
Susanne Moog: Ein Badezimmer komplett etwa 25 000 Euro. Ein Treppenlift etwa 4000 Euro, wenn es sich um eine völlig gerade Treppe handelt. Mit jeder Kurve wird ein Treppenlift teurer. Bevor man einen Treppenlift in einem Einfamilienhaus einbaut, sollte man aber überlegen, ob es nicht sinnvoller ist, nur auf einer Ebene zu wohnen. Denn meist ist das Bad im Obergeschoss auch nicht barrierefrei und bedarf eines Umbaus. Außerdem ist die Entwässerung einer bodengleichen Dusche im Erdgeschoss meist leichter zu bewerkstelligen als im Obergeschoss. Und nicht zuletzt ist es für einen Menschen mit Behinderung weniger aufwendig, sich nur auf einer Ebene zu bewegen. Den Treppenlift zu benutzen heißt, vom Rollstuhl in den Lift zu wechseln und, oben angekommen, wieder in einen Rollstuhl umzusetzen.
Gibt es für barrierefreien Umbau Fördergelder?
Susanne Moog: Abhängig vom Einkommen gibt es Wohnbauförderung. Die Pflegekasse gewährt 4000 Euro für barrierefreien Umbau. Die KfW-Förderung ist derzeit ausgesetzt, wird aber möglicherweise wieder aufgelegt.
Die Beratung zu barrierefreiem Bauen findet im Landratsamt Miesbach, Besprechungsraum Haus K (Jugendamt), Rosenheimer Straße 12 an folgenden Terminen nur unter vorheriger Anmeldung statt: 16. Januar 2024, 19. März, 21. Mai, 16. Juli, 17. September und 19. November. Anmeldung per E-Mail an info@beratungsstel le-barrierefreiheit.de. Die Beratung ist kostenlos.
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