Nach Reform: Dekanat Miesbach feiert Neuerrichtung – Team spricht von „Quantensprung“

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Das neue Dekanatsteam: (vorne v.l.) Dekan Michael Mannhardt, Dekanatsbeauftragte Lisa Boxhammer, Dekan-Stellvertreter Stefan Fischbacher, (hinten v.l.) Harald Petersen (Seniorenpastoral), Dekanatsreferent Joachim Baumann, Regina Sachse (Krankenpastoral), Markus Holler (Jugendpastoral) und Dekanatsrat-Vorsitzende Franziska Weiß. © Privat

Der Strukturwechsel ist vollzogen, jetzt folgt der feierliche Gottesdienst zur Errichtung: Die Dekanate im Erzbistum München und Freising haben sich neu aufgestellt. So sieht es in Miesbach aus.

Landkreis – Wenn man in einer gut 2000 Jahre alten Institution von einem Quantensprung spricht, will das was heißen. Dass im Pressegespräch zur Errichtung des neuen Dekanats Miesbach auch Begriffe wie Meilenstein oder Paradigmenwechsel fallen, unterstreicht den Eindruck, dass sich durch die Strukturreform im Erzbistum München und Freising tatsächlich etwas bewegt hat, das das Selbstverständnis der katholischen Kirche vor Ort auf neue Füße stellt.

Wobei Dekan Michael Mannhardt lieber im Präsens statt im Perfekt spricht, denn: Für ihn hat der Prozess erst begonnen. Mannhardt vergleicht es mit dem Kurswechsel eines großen Dampfers. Der erfolge auch nicht mit einem hektischen Herumreißen des Steuerrads, sondern mit einem behutsamen Einschlagen einer neuen Richtung, deren Umsetzung eine gewisse Zeit in Anspruch nimmt. „Und trotzdem kommt man am Ende woanders raus.“

Dass im Dekanat Miesbach etwas in Bewegung gekommen ist, war bereits seit Monaten in vielen Pfarreien zu spüren. Am augenscheinlichsten in Form von Personalien. Einige Seelsorger traten andere Stellen an, wechselten dadurch teilweise auch den Ort. Neue Aufgabengebiete und Zuständigkeiten waren die Folge. Bruchstückhafte Veränderungen, die sich nun zu einem immer besser erkennbaren Mosaik zusammengefügt haben. Um es leichter verständlich zu machen, erklären es Dekan Mannhardt, die Leiterin der Krankenpastoral Regina Sachse und Dekanatsreferent Joachim Baumann zunächst in struktureller Sicht.

Neue mittlere Führungsebene

Kern der Reform sei die neu errichteten Dekanate, wobei die Dekane und ihre Teams als „mittlere Führungsebene“ fungieren. Waren die Dekane früher lediglich gewählte Sprecher, sind sie seit 1. Januar vom Ordinariat ernannte Vorgesetzte (dienstlich und fachlich) der leitenden Pfarrer und hauptamtlichen Mitarbeiter in ihrem Team. Damit könnten sie diesen Orientierung und Wertschätzung geben, während dies vom Ordinariat aus bislang oft nur deutlich eingeschränkter möglich war. „Der Weg von Bayrischzell nach München ist weit“, erklärt Mannhardt. Durch neue Zuschnitte hat sich die Zahl der Dekanate in der Erzdiözese von 40 auf 18 mehr als halbiert. Eine durchaus dramatische Veränderung, bei der das nach wie vor mit den politischen Landkreisgrenzen identische Dekanat Miesbach verschont blieb.

Was zunächst erleichternd klingen mag, könnte aber auch suggerieren, dass alles so bleibt wie es war, fürchtet Mannhardt. Doch der Eindruck täuscht, denn auch hier vollziehe sich ein Kulturwandel. Dieser äußert sich allein schon in begrifflicher Hinsicht. So gliedert sich die seelsorgerische Arbeit nun in zwei Bereiche: die Grunddienste wie Messfeiern, Taufen, Eheschließungen oder Beisetzungen, und die Themendienste wie Kranken-, Senioren- und Jugendpastoral. Für alle Bereiche gelten laut Baumann die Schlagworte „Klarheit, Erreichbarkeit und Transparenz“. Denn gerade hier habe die Kirche im Vergleich zu anderen Anbietern Nachholbedarf. Gerade Menschen, die nicht regelmäßig in die Kirche gehen, wüssten oft gar nicht Bescheid, welch professionelle Dienste sie hier in Anspruch nehmen könnten.

Pfarrer können nicht mehr alles alleine machen

Was sich fast ein bisschen nach Marketing anhört, ist laut Baumann eine urchristliche und auch biblische Aufgabe: „Wir dienen Gott, aber er dient durch uns auch den Menschen.“ Deren Bedürfnisse vor Ort zu kennen und darauf zu reagieren, sei die Grundhaltung eines jeden Seelsorgers, ergänzt Sachse. Zumal die Kirche „sozialraumorientiert“ arbeiten soll, also konfessionsunabhängig und nicht nur für ihre „Mitglieder“. So hätten die Weihbischöfe mit einem bereits 2018 von ihnen verfassten Text mit der Kernaussage, dass Seelsorger künftig „existentiell gewendet, dienstleistungsorientiert und multiprofessionell“ arbeiten sollen, bei ihr offene Türen eingerannt. Und auch Mannhardt ist der Meinung, dass die Ansicht, der Pfarrer müsse alles können und auch selbst machen, in der Zeit des Seelsorgermangels früher oder später in „völlige Überforderung“ mündet. Gerade für Ältere – übrigens auch unter den Geistlichen – sei dies aber eine Haltung, an die man sich erst gewöhnen müsse. „Es gehört dazu, dass es auf dem neuen Weg auch mal holpern und knirschen wird“, gibt Mannhardt zu und warnt zugleich vor zu hohen Erwartungen an ihn als Dekan und sein Team. „Wir sind kein Messias, sondern selbst ein Novum und eine lernende Organisation.“

Am Ende des Tages nämlich werde die Kirche vor allem vor Ort lebendig, und das nicht nur im Gotteshaus selbst. Diesem Gedanken trage die neue Struktur im Dekanat mit ihrer fachlichen Spezialisierung und dem Mehr an Verantwortung auf der mittleren Ebene Rechnung, sind Mannhardt, Sachse und Baumann überzeugt. Dies stärke am Ende des Tages auch die Rolle der Ehrenamtlichen, die mit am nächsten an den Menschen und ihren Bedürfnissen dran seien, betont Baumann und erinnert erneut an den kirchenhistorischen Kontext: „Auch Jesus ist in die Dörfer zu den Leuten gegangen.“ Ein Quantensprung biblischen Ursprungs, sozusagen.

Der Gottesdienst

zur Dekanatserrichtung wird am Freitag, 4. Oktober, um 17 Uhr in der Miesbacher Stadtpfarrkirche gefeiert. Das Motto lautet „Die Zeit zu beginnen ist jetzt, die Zeit zum Aufbruch ist hier“. Es folgt ein Beisammensein im Miesbacher Pfarrheim. Alle Gläubigen und Interessierten sind eingeladen.

Dekanat in Zahlen

Das Dekanat Miesbach besteht aus etwa 48 750 Katholiken in elf Pfarrverbänden: Otterfing, Weyarn, Holzkirchen-Warngau, Irschenberg, Waakirchen, Miesbach, Hausham-Agatharied, Gmund-Bad Wiessee, Schliersee, Tegernsee-Egern-Kreuth und Oberes Leitzachtal. Die Arbeit wird in neun Gremien organisiert: Dekanatsteam, Konferenz der Leitenden und Dekanatskonferenz (jeweils neu), Dekanatsrat, Beirat Kreisbildungswerk, Bund der Katholischen Jugend (BDKJ), Schulpastoral, Caritas-Kuratorium sowie Jugendseelsorgekreis. Im neuen Dekanatsteam sitzen der Dekan, sein Stellvertreter, die Leiter der Themenfelder Kranke, Senioren und Jugend, der Dekanatsreferent, die Dekanatsbeauftragte und die Vorsitzende des Dekanatsrats. In der Konferenz der Leitenden treffen sich die Leiter der Pfarrverbände, die Leiter der Themenfelder und der Dekanatsreferent. Die Dekanatskonferenz setzt sich aus den Seelsorgern in den Pfarrverbänden und der Wallfahrtskuratie, den Seelsorgern in den Themenfeldern und den Vertretern von Caritas, Schulpastoral, Bildung, Notfallseelsorge, Kirchenmusik und dem Dekanatsrat zusammen.

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