Wo der Wald für sauberes Trinkwasser sorgt

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Besichtigung der Stollen: (v.l.) Stefan Kramer vom Landwirtschaftsamt Holzkirchen, Nico Nix von den Stadtwerken, Jan Linder, Leiter der städtischen Forstverwaltung, und Revierförster Sebastian Häusler sprachen im Wasserschutzgebiet über die Rolle des Waldes. © Stefanie Fischhaber

Wie wichtig die Rolle des Waldes bei der Trinkwassergewinnung ist, haben die Stadtwerke München und die Forstverwaltung der Stadt bei einem Rundgang durch das Wasserschutzgebiet Thalham-Reisach-Gotzing gezeigt.

Miesbach – Der Forst ist ein Multi-Talent: Er produziert nicht nur Sauerstoff, sondern hat auch positive Auswirkungen auf die Gewinnung von Trinkwasser. Wie wichtig die Bewirtschaftung des Waldes dafür ist, erklärten Felix Nix, Ingenieur bei der Wassergewinnung der Stadtwerke München (SWM), und die Forstverwaltung der Stadt München bei einem Rundgang im Wasserschutzgebiet Thalham-Reisach-Gotzing. Hier gewinnt die Landeshauptstadt einen Großteil ihres Trinkwassers.

80 Prozent des Münchner Trinkwassers stammt aus dem Mangfalltal

Die Mangfallregion ist für die Trinkwassergewinnung besonders reizvoll, da hier vier ergiebige Grundwasserströme zusammentreffen. Die SWM nutzen fünf Gewinnungsanlagen im Mangfalltal: den Hauptsammelschacht Reisach, aufgrund des Baustils auch als Wasserschloss bekannt, Hangquellfassungen in Gotzing und Mühltal, sowie die Brunnen Thalham-Süd und Thalham-Nord.

In den Taubenberg wurden bei Thalham beispielsweise fünf Ableitungsstollen hineingegraben, die das Grundwasser, das in der Tiefe angezapft und gesammelt wird, weiterleiten. Das Wasser aus Thalham erreicht die Münchner Wasserhähne nach rund fünf Tagen. Bereits seit 130 Jahren wird der Durst der Landeshauptstadt aus dem Mangfalltal gestillt. Rund 80 Prozent des Trinkwassers für die Stadt München stammen aus dem Landkreis.

Reines Grundwasser durch Waldboden und ökologischen Waldbau

Weil das Grundwasser hier so rein ist, muss es nicht aufwendig zu Trinkwasser aufbereitet werden. Das reine Grundwasser entsteht durch den Waldboden und den ökologischen Landbau. Um das Grundwasser vor hohen Nitratwerten und Pflanzenschutzmitteln zu schützen, hat die SWM 1992 das Projekt „Ökobauern“ ins Leben gerufen, mit dem sie rund 160 Landwirte im Mangfalltal, die ökologischen Landbau betreiben, mit Förderungen unterstützen. Rund 3700 Hektar Wald werden im Mangfalltal ökologisch bewirtschaftet. Davon bewirtschaftet das Kommunalreferat Forstverwaltung Gotzing 1510 Hektar im Wasserschutzgebiet für die SWM. „Der Wald ist sehr wichtig für den Trinkwasserschutz“, unterstrich Nix.

Denn der Wald befindet sich direkt über den Quellen und Stollen der SWM. „Hummus absorbiert Schadstoffe und hält schädliche Stoffe ab“, erklärt Nix. Der Waldboden filtert das Niederschlagswasser, auch Ruß aus der Luft wird abgebaut. So bildet sich unter dem Wald reines Grundwasser. Das zeigt Nix auch in einem Quellstollen: Hier fließt sauberes Wasser hinaus, nur am Boden legt sich feiner Sand ab, erklärt der Ingenieur.

Forstverwaltung setzt auf Naturverjüngung und mehrschichtige Bestände

Vor Ort zeigt Jan Linder, Leiter der Forstverwaltung, anhand von zwei Eimern, dass das Regenwasser im Waldboden besser gereinigt wird, als in Kiesböden. Das Wasser fließt langsamer aus dem Eimer mit Waldboden, außerdem soll es sauberer sein. Beim Eimer-Versuch ist der Unterschied allerdings nur minimal. „Der Waldboden muss unversehrt bleiben“, erklärt Nix den Unterschied.

Jan Linder schüttet Wasser aus einem Eimer in einen Eimer mit Waldboden.
Versuch: Das Wasser, das aus dem Eimer mit Waldboden fließt, ist sauberer als das Wasser aus dem Eimer mit Kies. © SF

Damit das Grundwasser weiterhin sauber bleibt, setzt die Forstverwaltung auf einen „Dauerwald“, bei dem die Waldbedeckung möglichst dauerhaft erhalten bleibt. Im Wald erklärt Linder einige gängige Maßnahmen und Ziele der Forstverwaltung, die so auch in anderen Wäldern praktiziert werden: Die Forstverwaltung setzt verschiedene Baumarten ein, um für mehrschichtige Bestände und Naturverjüngung zu sorgen. Letztere „verschafft uns einen doppelten Boden“, erklärt Linder. Außerdem erhöht sie die Vielfalt, indem in entstehenden Lücken eher selten vorkommende Bäume gepflanzt werden. Das zeigt sich auch bei einem Gang durch den Wald: Der Schutzwald ist auch in den unteren Schichten dicht besiedelt, es gibt nicht nur Fichten, sondern auch Tannen, Eichen, Ulmen und Ahorn.

Extremniederschläge sind Herausforderung für Gewinnung von Trinkwasser

Damit der Wald erhalten bleibt, müsse er auch bewirtschaftet werden. „Wasserschutzwald und die Gewinnung von Holz sind kein Widerspruch“, sagt Linder. Bei den Holzarbeiten müssen die Arbeiter aber Auflagen beachten: Die Harvester und andere Maschinen werden an den Reifen mit Stahlbändern ausgestattet, die das Gewicht besser verlagern, die Gefährte werden nur mit Hydraulikölen und nur außerhalb der Schutzzone betankt, damit keine Schadstoffe in den Boden gelangen.

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Ganz auf den Waldboden verlassen sich die SWM freilich nicht: Bei Hochwasserereignissen oder anderen Risikolagen für das Trinkwasser werden UV- oder Chloranlagen zur Reinigung des Wassers eingesetzt. Dass diese Anlagen verwendet werden mussten, ist allerdings schon Jahrzehnte her, erinnert sich Nix. In Gefahrenlagen werden die Anlagen zur Wassergewinnung auch mal außer Betrieb genommen – wie zum Beispiel der Hauptsammelschacht in Reisach aufgrund eines Starkregenereignisses vor zwei Wochen. „Dieser Sommer war mit den Extremniederschlägen extrem herausfordernd für die Trinkwassergewinnung“, sagt Nix. Auch deshalb sei es wichtig, dass die Wälder in Zukunft robust sind. (sf)

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