Unzurechnungsfähig am Steuer: 57-Jähriger rast mit Anhaltern über A8
Illegales Autorennen, Freiheitsberaubung, Gefährdung: Völlig unzurechnungsfähig saß ein psychisch erkrankter Mann mehrmals am Steuer. Der 57-Jährige musste sich nun vor Gericht verantworten.
Weyarn – Mehrfach hatte sich ein Münchner (57) ans Steuer seines Wagens gesetzt, obwohl er sich aufgrund einer psychischen Erkrankung im Zustand völliger Unzurechnungsfähigkeit befunden hatte. Dabei hat er andere Menschen gefährdet, die aber gerade noch mit dem Schrecken davon kamen. Nun musste das Amtsgericht entscheiden, ob dem Mann seine Fahrerlaubnis auf Lebenszeit entzogen wird. Fast schon Glück für ihn: Aufgrund seiner Schuldunfähigkeit zur Tatzeit wurden verschiedene angelastete Delikte – fahrlässige Gefährdung des Straßenverkehrs, illegale Kfz-Rennen, Freiheitsberaubung und Fahrerflucht – nicht angeklagt.
Der erste Vorfall passierte im September 2022. Damals hatte der Angeklagte an der Raststätte Holzkirchen zwei Anhalter mitgenommen, die auf dem Weg nach Salzburg waren. Wegen des französischen Kennzeichens hätten sie den Fahrer, der sie wortlos herangewunken habe, für einen Franzosen gehalten, berichteten die beiden. Man habe sich dann auf Französisch unterhalten. Er könne kein Französisch, merkte der gebürtige Südamerikaner hierzu an.
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Bald schon habe sie seine Fahrweise und das unangemessene Tempo beunruhigt: Der Fahrer habe einen Stau kurzerhand auf der Standspur umfahren und sei dann weitergerast. Autos an Autobahnauffahrten habe er schlicht ausgebremst. Er nehme eine Abkürzung, habe er auf ihre Einwände erklärt.
Mit Vollgas im Zickzack durch dichten Verkehr
Bei dichtestem Verkehr habe er dann hupend über alle Spuren im Zickzack überholt. Immer wieder sei es fast zu Unfällen gekommen. In Todesangst hätten sie ihn aufgefordert, anzuhalten. „You are safe now“, habe der Fahrer dazu nur gesagt, um dann gar nicht mehr zu reagieren. Schließlich sei Blaulicht hinter ihnen aufgetaucht. Da habe der Fahrer Vollgas gegeben.
Von der Polizei im Gemeindebereich Weyarn gestoppt, folgte der nächste Schock: In der Annahme, sie gehörten zu dem Fahrer, seien die Anhalter mit gezückter Waffe empfangen, zu Boden gebracht und mit Handschellen gefesselt worden. Erst nach einiger Zeit habe sich die Sache aufgeklärt.
Beim zweiten Vorfall war der 57-Jährige einem anderen Münchner in den Wagen gefahren und hatte Fahrerflucht begangen. Er habe gewirkt „wie unter Drogen oder betrunken“, erinnerte sich der Geschädigte.
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Nach Einnahme von Gift „wiedererweckt“
Der 57-Jährige leide unter einer Manie, die sich als Größenwahn manifestiert habe, führte ein Sachverständiger aus. Deren religiöse Komponente liege wohl in der Herkunftsfamilie begründet, in der der Glaube sehr wichtig gewesen sei. Während einer stationären Behandlung hatte der Münchner den Ärzten erklärt, er sei nicht krank, sondern „erleuchtet“, ein Missionar und Gesandter Jesu, der eine Stiftung zur Verbesserung der Welt gegründet habe. Er habe mit einem Gifttrank Suizid verübt, sei aber wiedererweckt worden. Auf dem Weg zu einer Papstaudienz habe er die zwei Anhalter mitgenommen. Diese hätten aber im Auto „Kräuter geraucht“, wodurch er diese Zustände bekommen habe.
57-Jähriger ist inzwischen geheilt
Laut ärztlicher Bescheinigung ist der Mann mittlerweile von seinen Wahnvorstellungen geheilt. Seine Therapie wird ambulant fortgeführt. Vor den Taten sei er nie auffällig gewesen, sagte der Gutachter vor Gericht. Heute habe der Angeklagte beruflich wie privat wieder in die Realität zurückgefunden. Diese positive Entwicklung veranlasste das Gericht, das bestehende Fahrverbot um lediglich ein Jahr zu verlängern. Dann soll eine Prüfung seines Zustandes klären, ob der Mann wieder hinter das Lenkrad darf.
stg