Selbst bei Niederlage: BRB will Werkstatt in Lenggries auf jeden Fall behalten

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Soll auch bei einem Verlust des Oberland-Netzes im Besitz der BRB bleiben: das Betriebswerk in Lenggries. Ein anderer Betreiber müsste sich wohl einen anderen Standort für Wartung und Reparatur suchen – oder bezahlen. © Arndt Pröhl

Die Ausschreibung für die Bahnstrecken im Oberland läuft. Jetzt wartet BRB-Geschäftsführer Arnulf Schuchmann mit Signalen an wohl einzigen Konkurrenten auf.

Landkreis – Obwohl die Hoffnung groß ist, die Ausschreibung der Bahnstrecken im Oberland ab 2027 zu gewinnen, spielt die Bayerische Regiobahn (BRB) ein Scheitern gedanklich schon mal durch. Und das könnte Mitbewerber hellhörig machen. Denn der Plan B sieht vor, das Betriebswerk in Lenggries und am besten auch Triebwagenführer im Unternehmen zu halten.

Konkurrenz wohl nur von Bahn-Tochter DB Start

Nach potenziellen Konkurrenten befragt, wähnt BRB-Geschäftsführer Arnulf Schuchmann die DB Start als einzigen Gegenspieler. Es handelt sich dabei um eine hundertprozentige Bahntochter, die eben zu dem Zweck gegründet wurde, regionale Bahnstrecken zu gewinnen. Das ist auch schon gelungen, teils mit überschaubarem Erfolg. In Niedersachsen etwa forderte der Fahrgastverband Pro Bahn vergangenes Jahr, den Vertrag mit der DB Start zu kündigen, eineinhalb Jahre nach Betriebsstart. Grund: „Verheerende Zustände im von ihr betreuten Netz.“ Es geht um das Dieselnetz Niedersachsen-Mitte. Hier seien mangels Personal die Züge unzureichend gewartet und würden auch daher ausfallen.

BRB-Geschäftsführer Arnulf  Schuchmann
BRB-Geschäftsführer Arnulf Schuchmann © THOMAS PLETTENBERG

Die 31 Lint-Fahrzeuge, die heute von München nach Bayrischzell, Tegernsee und Lenggries unterwegs sind, müsste der Gewinner der Ausschreibung übernehmen – und die BRB müsste sie hergeben. Für das Betriebswerk in Lenggries mit seinen etwa 35 Mitarbeitern gilt das offenbar nicht. Es gehört einzig der BRB mit ihrer Muttergesellschaft Tansdev. Und für den Fall, dass ein anderer Anbieter die Ausschreibung gewinnt, würde Schuchmann verstärkt die Züge der BRB-Augsburg-Flotte zur Hauptuntersuchung nach Lenggries holen – 65 Fahrzeuge. Und Zugteile zur Wartung (Heizung, Toiletten) könnte man per Lkw auch von weiter her nach Lenggries fahren. Transdev hat ja noch andere Netze in Deutschland.

Werkstatt in Lenggries als Trumpf?

Welche Werkstatt ein anderer Oberlandbetreiber nutzen würde? „Das weiß ich nicht. Vielleicht unsere, aber wir hätten ja auch für den Fall, dass wir nicht gewinnen genug zu tun“, sagt Schuchmann. Klar: Auch die Bahn hat Werkstätten in der Region. Die in München seien aber nicht auf Diesel-Fahrzeuge ausgelegt, sagt Schuchmann.

Gewinner der Ausschreibung braucht Personal, das in der Region wohnt

Schwierigkeiten könnte ein neuer Betreiber womöglich auch in Sachen Personal bekommen. Der Neue muss laut Ausschreibung die Triebwagenführer übernehmen, diesen steht es aber frei, zu wechseln. Ebenso wie beim Thema Werkstatt darf man es wohl als Drohkulisse verstehen, wenn Schuchmann sagt: „Wir werden schauen, dass wir sie bei uns behalten.“ Die 70 Triebwagenführer gebe man dann „gerne zu einem wohlfeilen Preis an die DB Start“. Der Kniff: Ein neuer Betreiber käme um das bestehende Personal kaum umhin, weil es in der Region wohnt, nah bei den Zügen, die am frühen Morgen alle im Oberland starten. Unter der Woche „übernachtet“ kein einziger Triebwagen in München. Allerdings hat der Ausschreibungs-Gewinner bis zum Start des eigenen Betriebs im Dezember 2026 zweieinhalb Jahre Zeit, sich vorzubereiten – und etwa auch eigenes Personal auf Lint-Zügen der BRB zu schulen.

Ausschreibung birgt auch Überraschungen und unbeantwortete Fragen

Das und unzählige andere Dinge sind in der Ausschreibung der Bayerischen Eisenbahngesellschaft (BEG), die für den Bahnbetrieb im Freistaat zuständig ist und ihn auch finanziert, festgehalten. Seit der Veröffentlichung haben die möglichen Bieter eine Menge Detailfragen gehabt, die zu acht sogenannten „Bewerberinformationen“ geführt haben, in denen die Fragen beantwortet und Fehler in den ursprünglichen Unterlagen korrigiert werden. Auch die BRB war von ein paar Einzelheiten überrascht. So soll der künftige Betreiber ein sogenanntes Anschlusskonzept vorstellen. Kurz gesagt, geht es darum, einen flüssigen Übergang zwischen Fern- und Regionalverkehr herzustellen. Nun kommt am Hauptbahnhof in München alle paar Minuten ein Fernzug an. Auf welchen der Netz-Oberland-Betreiber im Falle einer Verspätung warten soll, ist unklar, zumal es sowohl für Verspätungen als auch fürs Nicht-Warten Strafzahlungen gibt, wie Schuchmann sagt. Und da ist noch die Enge in München, die bewirkt, dass die BRB nicht einfach so selbst bestimmen kann, wann sie fährt. Das liegt in Händen des Fahrdienstleiters. Wenn der ein Signal auf Grün stellt, hat der Zug auch zu fahren. Passt alles nicht zusammen, findet Schuchmann.

Wie teuer dürfen Mehrqualitäten sein?

Und noch etwas weiß die BRB nicht: Wie die sogenannten Mehrqualitäten gewichtet werden. Wer zum Beispiel für seine Mitarbeiter gute Arbeitsverhältnisse schafft, um sie zu halten, darf für die BEG auch etwas teurer sein. Um wie viel, das erschließt sich der BRB nicht. Allerdings würden diese Mehrqualitäten durchaus das Potenzial in sich tragen, beim Zuschlag eine entscheidende Rolle zu spielen.

Dass es sich beim Bahnverkehr im Oberland ab 2027 um kein einfaches Unterfangen handelt, hatte Schuchmann bereits im Vorfeld der Ausschreibung unterstrichen (wir berichteten). 2027 etwa droht die Vollsperrung der Strecke Rosenheim-München, was zu einem erheblichen Mehrverkehr zwischen Holzkirchen und München führen könnte.

Der BRB-Geschäftsführer will sicherstellen, dass seinem Unternehmen bei der Kalkulation keine Fehler unterlaufen, die am Ende richtig teuer werden. „Wir wissen, was wir tun, weil wir unseren Verkehr seit ewig kennen.“ Wie der Mitbewerber rechnet, darauf hat er natürlich keinen Einfluss – allenfalls, indem er über eigene Handlungsoptionen spricht. Die Bewerbungsfrist endet am 1. April.

Ob BRB und DB Start weitere Konkurrenz bekommen, ist der BEG nicht bekannt, wie sie auf Anfrage mitteilt.

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