Oberallgäuer Bürgermeister kritisieren: Entbürokratisierung auf Landesebene bewirkt mehr Bürokratie in den Kommunen

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Ortsgestaltungssatzungen, wie sie Bad Hindelang besitzt, schützen die Dachlandschaft in der Kulturlandschaft Bayern. In Zukunft müssen sie bei einer Gaube auf dem Dach nicht mehr beachtet werden, wenn dadurch Wohnraum geschaffen wird. Bürgermeisterin Dr. Sabine Rödel sorgte sich: „Wenn man in Tourismusregionen alles durchwinken muss, wird es die schönen Landschaften nicht mehr geben.“ © Symbolbild: Uwe Norkus

Durch die bayerischen Entbürokratisierungsmaßnahmen ändert sich einiges auch in der Bayerischen Bauordnung, nicht immer zur Freude der Kommunen, darüber sprachen kürzlich die Oberallgäuer Bürgermeister.

Oberallgäu – ­Matthias Simon, Direktor in der Geschäftsstelle des Bayerischen Gemeindetags, informierte die Oberallgäuer Bürgermeisterinnen und Bürgermeister bei der Kreisverbandssitzung in Lauben.

Um grundlegende Änderungen zu erreichen, müsste das Baugesetzbuch auf der Bundesebene geändert werden, betonte der Referent. Die Möglichkeiten des Landes sind stark eingeschränkt. Aber es gibt vier Bereiche, in denen in Bayern ab 1. Oktober 2025 neue Regeln gelten.

Stellplatzsatzung: Als Erfolg des Gemeindetags stellte Simon dar, dass die staatliche Stellplatzpflichtverordnung erst im Oktober abgeschafft werde. Die Gemeinden müssen bis dahin entscheiden, ob sie eine eigene Stellplatzsatzung verabschieden. Neu ist, dass man hierbei maximal zwei Stellplätze pro Wohneinheit vorschreiben darf. Bestehende Satzungen verfügen über einen Bestandsschutz, wenn sie diese Grenze nicht überschreiten. Der Referent empfahl, die Satzungen in diesem Punkt vor Oktober anzupassen.

Oberallgäuer Bürgermeister diskutieren über Bürokratieabbau im Baurecht: „Wo ist hier die Entbürokratisierung?“

Bestandsschutz genießen auch die Regelungen zur Beschaffenheit des Stellplatzes (Maße, Zufahrtsmöglichkeiten usw.). In Satzungen, die nach dem 1. Oktober verabschiedet werden, darf man diese nicht mehr bestimmen, die Gestaltung muss dem Bauherrn überlassen werden.

„Wo ist hier die Entbürokratisierung? Ich sehe sie nicht“, so Simon. Plätze für E-Mobilität dürfen auch nicht vorgeschrieben werden, beantwortete er eine Frage von Nico Haug, Bauamtsleiter aus Oy-Mittelberg. Man darf den Eigentümer weiterhin nicht verpflichten, den Stellplatz zu nutzen, war die Antwort auf die Frage von Mathias Pfuhl, Bürgermeister von Lauben.

Spielplatzrecht: Die Landesregelungen werden auch im Bereich des Spielplatzrechts ab Oktober außer Kraft gesetzt. Die Gemeinden können eine eigene Satzung erlassen, in der die Verpflichtung zur Errichtung einer Spielfläche oder zur Ablöse an die Gemeinde erst ab der sechsten, statt bisher ab der vierten Wohnung gelten darf. Simon wies darauf hin, dass dies die einzige Möglichkeit darstellt, die Bauherren an den Kosten der Infrastruktur zu beteiligen.

Freiflächengestaltung: Auch die Freiflächengestaltungssatzungen der Kommunen und deren landesrechtliche Grundlage werden ab Oktober ersatzlos aufgehoben. Diese konnten u.a. konkrete Vorgaben zur Art und Anzahl der zu pflanzenden Bäume, zur Verwendung wasserdurchlässiger Bodenbeläge sowie zur Gestaltung von Vorgärten festlegen und unnötige Versiegelung verhindern.

Die „grässlichsten Schotterflächen“ bleiben zwar durch eine andere Regelung verboten, trotzdem „ist man hier falsch abgebogen“, lautete die Bewertung des Referenten. „Dieses Vorhaben ist aus der Zeit gefallen“, sagte er, lange wird man daran nicht festhalten können. Was bedeutet das für die Bebauungspläne in den Kommunen? Wenn diese auf den Artikel. 81 der Bayerischen Bauordnung hinweisen, verlieren die Bestimmungen ihre Gültigkeit. Wenn sie planungsrechtlich festgehalten wurden, bleiben sie erhalten.

Liberalisierung bei den Dachgauben

Dachgeschossausbau: Ortsgestaltungssatzungen schützen die Dachlandschaft in der Kulturlandschaft Bayern, betonte Simon. In Zukunft müssen diese bei einer Gaube auf dem Dach nicht mehr beachtet werden, wenn dadurch Wohnraum geschaffen wird. „Das gilt auch für die Monstergaube.“ Diese Art Satzung haben nur wenige Gemeinden, aber diese aus gutem Grund. Zu ihnen gehört Bad Hindelang, wie Bürgermeisterin Dr. Sabine Rödel betonte. „Wenn man in Tourismusregionen alles durchwinken muss, wird es die schönen Landschaften nicht mehr geben.“ Diese Entscheidung wird auf touristisch geprägte Regionen große Auswirkungen haben, fügte Kreisvorsitzender Thomas Eigstler hinzu.

Der Wiggensbacher Bürgermeister fasste zusammen: Die Änderungen seien gut gemeint, aber nicht immer gut gemacht. „Unter dem Feigenblatt der Entbürokratisierung auf der Landesebene wird den Kommunen bürokratische Arbeit auferlegt.“

Wie viel bleibt am Ende von der kommunalen Selbstverwaltung und Planungshoheit übrig? Diese Frage wurde im Saal mehrmals gestellt. Simon meinte, dass es schwierig sei, den Verlust bei einzelnen Entscheidungen juristisch nachzuweisen. Er sprach von einer „Salamitaktik“, die in der Menge, in der Gesamtentwicklung, zum Verlust der kommunalen Hoheiten führe.

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