Jetzt regiert die Gier: Vorsicht vor Hype-Aktien wie Rheinmetall oder Hochtief
Solide Unternehmen, lange zu niedrig bewertet, aber mit guter Zukunftsaussicht erleben derzeit Kurssprünge, als sei plötzlich kein Kurs zu hoch. Euphorie, Gier und die Angst, etwas zu verpassen, lassen Käufer zuschlagen, ohne zu fragen, was diese Firmen eigentlich wert sind. Meist folgt auf dieses Verhalten ein Börsencrash. Diese Gefahr besteht wieder.
Hochtief: Euphorie für ein Unternehmen, das kaum in Deutschland arbeitet
Die Hoffnung: Deutschland investiert 50 Milliarden Euro jährlich in die Infrastruktur. Davon muss der Riesen-Baukonzern aus Essen doch profitieren, oder?
Das Gegenargument:
- Hochtief verbuchte im Jahr 2024 einen Umsatz von 33 Milliarden Euro. Selbst wenn dieser Wert durch die 50 Milliarden Euro an Investitionen und Folgeaufträge um zehn Milliarden Euro steigt, entspräche das nur einem Drittel. Der Aktienkurs schnellte seit der Bundestagswahl aber bereits um über 50 Prozent nach oben. Da bleibt wenig Luft für weitere Megarenditen.
- Laut jüngstem Geschäftsbericht erzielte Hochtief 2024 nur drei Prozent seines Umsatzes in Deutschland. Zwei weitere Prozent entfielen auf den Rest Europas. Die übrigen 95 Prozent verteilen sich auf Amerika, Asien, Australien und die Pazifikregion. Der Erfolg von Hochtief hängt also stärker an den USA und China als an Deutschland. Dort bestehen Risiken. Auch das schmälert die Kurschancen.
Fazit: Ob Umsatz und Gewinne von Hochtief in den kommenden Jahren nach oben schnellen, ist offen. Kann passieren. Muss aber nicht. Im ersten Fall scheint die Rendite begrenzt. Im zweiten Fall könnte die Aktie wegknicken.
Anleger sollten bei allen Infrastruktur-Firmen bedenken, dass Experten durch die Investitionsoffensive der Regierung ein Wirtschaftswachstum von rund 100 Milliarden Euro im Jahr zusätzlich erwarten. Diese verteilen sich auf viele Unternehmen. Gerade große Firmen dürften Umsatz und Gewinn dadurch kaum verdoppeln. Also Vorsicht bei den Erwartungen.
Rheinmetall: Wer soll die Panzer alle bauen?
Die Hoffnung: Deutschland kann künftig fast beliebig viel Geld in Rüstung investieren. Davon muss der Düsseldorfer Rüstungskonzern Rheinmetall doch profitieren, oder?
Das Gegenargument:
- Der Aktienkurs von Rheinmetall hat sich seit dem Jahr 2022 verzwölffacht. Um diesen Kurssprung zu rechtfertigen, muss das Unternehmen künftig enorm wachsen. Es muss seinen Umsatz binnen kürzester Zeit von einer Größenordnung wie Ferrari fast in die Größenordnung von Mercedes heben.
- Dieser enorme Wachstumssprung erfordert viele neue Herstellungskapazitäten: Ferrari könnte kaum mal eben so viele Autos bauen wie Mercedes. Rheinmetall braucht neue Fabriken, neue Angestellte, neue Geräte. Allein die Grundstücke für neue Fabriken zu finden, kann Jahre dauern.
- Weil die Bundesregierung Panzer und Co. zügig will, besteht die Gefahr, sie könnte Aufträge eher an andere Unternehmen vergeben als die ohnehin auf Jahre ausgebuchten Rheinmetall.
Fazit: Bis Rheinmetall seine Bewertung rechtfertigt, könnte es lange dauern. In dieser Zeit kann sich politisch viel ändern. Ob der Rüstungsschmiede noch viel Platz für weitere Kursgewinne bleibt, bleibt abzuwarten.
BASF: Günstige Energie - aber wann?
Die Hoffnung: In der Ukraine herrscht bald Frieden, was den Gasmarkt entlastet. Zudem vergünstigt die Bundesregierung mit ihren Investitionen den Strompreis in Deutschland. Davon profitieren Firmen, die zuletzt unter hohen Strompreisen gelitten hatten, wie der Ludwigshafener Chemieriese BASF.
Das Gegenargument:
- Wladimir Putin hat Verhandlungen in der Vergangenheit nur genutzt, um seine Gegner zu destabilisieren. Friedensabkommen bricht er beliebig. Der Frieden in der Ukraine könnte also Jahre, womöglich Jahrzehnte, entfernt liegen.
- Ob Europa nach einem Frieden wieder auf russische Rohstoffe setzt, ist keineswegs sicher.
- Auch niedrige Strompreise durch die Investitionsmilliarden liegen wohl eher in ferner Zukunft: Das deutsche Stromnetz braucht viel Geld und leidet unter Verzögerungen durch Bürokratie und Gerichtsverfahren. Wer in sinkende Strompreise investiert, muss womöglich viel Geduld mitbringen.
- Die BASF-Aktie ist seit Januar um knapp 20 Prozent gestiegen. Damit ist sie eher fair bewertet als besonders günstig. Kurzfristig belastet zudem die Inbetriebnahme des Werks im chinesischen Zhanjiang das Ergebnis.
- Wahrscheinlich verdient BASF 2025 ähnlich wenig wie im Jahr 2024. Das begrenzt das Kurspotenzial.
Fazit: Wer BASF langfristig ins Portfolio holt, kann durchaus auf steigende Kurse hoffen. In ein oder zwei Jahren kann der Kurs des Chemiekonzerns aber auch niedriger liegen als heute. Schwer abzuschätzen.
Andererseits müssen energieintensive Unternehmen kaum größere Kursverluste fürchten. Sie sind meist am unteren Ende ihrer Bewertung angekommen. Wer also langfristig denkt, findet bei Ihnen eher gute Chancen als bei Aktien, die bereits massiv gestiegen sind.
Wie lange dauert der Boom?
Auch zu hohe Kurse können weiter steigen. Hochtief, Rheinmetall und Co. verbuchen womöglich noch lange Rekordstände. Ein Argument gegen Wetten auf fallende Kurse lautet: „Andere Anleger können länger irrational bleiben, als Du warten kannst.“ Das gilt auch jetzt. Womöglich dümpeln die Kurse jahrelang seitwärts, bis die Firmen in ihre Megabewertungen hineinwachsen.
Möglicherweise brechen die Kurse aber auch ein. Diese Gefahr herrschte früher bei wenigen deutschen Wert. Das hat sich geändert - und wird zum Problem: Wer einmal 50 Prozent Verlust macht, muss 100 Prozent Gewinn machen, um wieder auf null zu kommen. Anleger sollten daher vor allem Verluste vermeiden.
Derzeit heißt das: Durchdenken Sie die Argumente gegen die Euphorie, bevor sie ihr hart verdientes Geld für Hype-Aktien ausgeben. Lohnt sich der Kauf ihrer Meinung nach dann trotzdem, kaufen Sie. Sie verstehen die Aktie besser und bekommen nicht beim kleinsten Durchhänger Angst. Sind sie unsicher, besteht Grund zur Vorsicht.