Eine Legende für den TSV Eintracht Karlsfeld: 95-Jähriger ist ein Leben lang seinem Verein treu

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75 Jahre: So lange ist Karl Wenisch dem TSV Eintracht Karlsfeld treu. Der 95-Jährige ist das letzte lebende Gründungsmitglied. © tsv eintracht karlsfeld

Karl Wenisch (95) verpasst noch heute kein einziges Heimspiel seiner Lieblingsmannschaft: des TSV Eintracht Karlsfeld. Ein Porträt über einen Menschen, der mithalf, den Grundstein für einen der größten Sportvereine der Region zu legen.

Karlsfeld – Jedes Mal, wenn die Fußballer des TSV Eintracht Karlsfeld ein Heimspiel haben, schwingt sich Karl Wenisch auf sein Fahrrad und radelt zum Stadion an der Jahnstraße. Er will sich kein Spiel seiner Lieblingsmannschaft entgehen lassen. Das war schon immer so. Früher hat Karl Wenisch nicht nur der ersten Mannschaft zugeschaut. „Jetzt bin ich aber bequemer geworden“, erklärt er und lacht. Karl Wenisch ist 95 Jahre alt.

Das hohe Alter merkt man dem Rentner mit dem spitzbübischen Grinsen und den freundlichen blauen Augen nicht an. Was ihn so fit hält? „Die Karlsfelder Luft.“ Und zwei Mal hat er Gymnastik-Unterricht beim TSV Eintracht Karlsfeld. Er sagt das, als wäre es mit Mitte 90 das Selbstverständlichste der Welt.

TSV Eintracht Karlsfeld vor 75 Jahren gegründet

Karl Wenisch liebt Sport – und er liebt die Eintracht. „Mein ganzes Leben war der TSV“, sagt er. Wenisch zählt zu den etwa 20 Männern, die den Verein vor 75 Jahren gegründet haben. Er ist das einzige Gründungsmitglied, das noch lebt.

Sein guter Freund, Fußballkamerad und ebenfalls Gründungsmitglied Manfred Odoj ist im vergangenen Jahr verstorben. Die beiden verband ein starkes Band – nicht nur wegen der gemeinsamen Leidenschaft für Fußball. Karl Wenisch rettete seinen Freund Odoj vor dem Ertrinken – und das, obwohl Wenisch zu diesem Zeitpunkt selbst gar nicht schwimmen konnte. „Ich hab nicht drüber nachgedacht und hab’ ihn einfach aus dem Wasser gezogen“, sagte er vor einem Jahr den Dachauer Nachrichten.

Wie alles begann

Er und Odoj stammten wie sechs weitere der ersten Fußballer des TSV Eintracht Karlsfeld aus der damaligen BMW-Wohnsiedlung – der heutigen Gerberau. „Der Verein wäre ohne uns nicht spielfähig gewesen.“ Seitdem Karl Wenisch aus dem Joachimstal vertrieben wurde und mit 19 Jahren nach Karlsfeld kam, hat der Fußball einen großen Stellenwert in seinem Leben. „Wir haben früher sonst nichts gehabt, es gab keine andere Freizeitbeschäftigung.“

Die Reservemannschaft von 1950: Harry Wiehl, Josef Loderer, Herbert Walter, Karl Wenisch und Max Reich (von links stehend); Werner Kollat, Arthur Ritter und Manfred Odoj (knieend von links) sowie Johann Haas, Paul Meier und Georg Huber (sitzend von links).
Die Reservemannschaft von 1950: Harry Wiehl, Josef Loderer, Herbert Walter, Karl Wenisch und Max Reich (von links stehend); Werner Kollat, Arthur Ritter und Manfred Odoj (knieend von links) sowie Johann Haas, Paul Meier und Georg Huber (sitzend von links). © tsv eintracht karlsfeld

Als er damals von einheimischen Karlsfeldern gefragt wurde, ob er bei ihrer Mannschaft mitspielen wolle, habe er nicht nein sagen können und wirkte bei der Gründung des Vereins mit. 30 Jahre war er als Kassier für den TSV Eintracht tätig. „Früher musste man noch von Tür zu Tür gehen und die Beiträge einkassieren“, erinnert sich Wenisch.

FC Bayern zu Gast beim TSV Eintracht Karlsfeld

Der FC Bayern München zu Gast in Karlsfeld: Der damalige Bürgermeister Bruno Danzer (rechts) überreicht beim Freundschaftsspiel im Jahr 1974 Geschenke an Gerd Müller und Sepp Meier.
Der FC Bayern München zu Gast in Karlsfeld: Der damalige Bürgermeister Bruno Danzer (rechts) überreicht beim Freundschaftsspiel im Jahr 1974 Geschenke an Gerd Müller und Sepp Meier. © tsv eintracht karlsfeld

Wenn der Karlsfelder von den Anfängen des Vereins erzählt, dann sprudelt es nur so aus ihm heraus. Man merkt: Der Mann hat viel erlebt und viel zu erzählen.

Noch gut könne er sich erinnern, als der FC Bayern bei zwei Freundschaftsspielen in Karlsfeld zu Gast war, sagt Wenisch. „Gerd Müller hat sich keine Zeit für ein nettes Zusammensitzen nach dem Spiel genommen, aber er wollte eine Leberkäsesemmel haben.“ Und Beckenbauer war auch da – mit seiner Mutter. Aber er hat damals nicht gespielt, weil er verletzt war, erzählt Karl Wenisch.

Der radfahrende Schiri

Auch der 95-Jährige erlitt einmal eine Verletzung. Sie war folgenschwer. Wenisch war bei einem Motorradfall gestürzt und konnte nicht mehr Fußball spielen. Doch er kehrte seinem Lieblingssport nicht den Rücken. Im Gegenteil: Er baute mit seinem Freund Manfred Odoj eine Schülermannschaft auf.

Und er fand eine neue Bestimmung: als Schiedsrichter. Er brannte für die Sache. Selbst die Tatsache, dass er damals kein Auto hatte, konnte Karl Wenisch nicht davon abhalten, sein Amt auszuüben. Auch in Zorneding oder Freising leitete er Spiele. „Ich war bekannt als der radfahrende Schiri“, sagte Karl Wenisch vor fünf Jahren in einem Interview mit den Dachauer Nachrichten. 30 Jahre lange pfiff Karl Wenisch Spiele. Er widmete sein ganzes Leben dem Fußball – und dem TSV Eintracht Karlsfeld. Auch heute noch.

Karlsfelder (95) hält seinem Verein die Treue

„Ich mach den Taferlbua für die Ü55 beim Siedlerfestumzug“, sagt der Karl Wenisch stolz und betont sogleich: „Aber heuer ist wirklich wahr das letzte Mal, dass ich das mache!“ Seine Frau Magdalena Wenisch, die schweigend neben ihm sitzt, schaut ihn skeptisch an und lacht. „Das hab ich beim letzten Mal auch gesagt, aber dieses Mal ist’s wirklich so!“, beteuert Karl Wenisch daraufhin erneut. „Daran sieht man, dass ich mit einem Fußball verheiratet bin und nicht mit einem Mann“, resümiert die Ehefrau amüsiert.

Karl Wenisch ist eben jemand, der noch nie nein sagen konnte, wenn es um den TSV Eintracht Karlsfeld geht. Der Verein ist schließlich seit 75 Jahren ein Teil von ihm, und er schon immer ein Teil des TSV.

In einem separaten Bericht haben die Dachauer Nachrichten anlässlich des 75. Jubiläums des TSV Eintracht Karlsfeld Meilensteine, Herausforderungen und Höhepunkte skizziert.

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