Gefährlich hoher Pegel am Sommerdeich

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Während des jüngsten Hochwassers gelangte das Gündinger Wehr an seine Kapazitätsgrenze. © Bernhard Hirsch

Das Gündinger Wehr ließ im Zuge der Hochwasserkatastrophe zu wenig Wasser abfließen. Die Stadtwerke Dachau räumen nun Fehler ein.

Dachau – Das Hochwasser im Landkreis Dachau hat zu schlimmen Überschwemmungen in den Gemeinden Petershausen, Indersdorf und Weichs. Doch auch in der Stadt Dachau machten sich Anwohner in den Stadtteilen Mitterndorf und Holzgarten große Sorgen, dass ihre Häuser oder landwirtschaftlichen Gehöfte überschwemmt werden würden.

Der sogenannte Sommerdeich am Gündinger Wehr drohte überflutet zu werden, sodass die Feuerwehr am Sonntagabend der vorletzten Woche auf Bitten von Landrat Stefan Löwl mit Sandsäcken das Überlaufen des Wassers erst mal stoppte. Doch das Wasser stieg weiter an. Am Montag vergangener Woche kam sogar die Bundesabgeordnete Katrin Staffler mit Vertretern von Feuerwehr und THW an den Damm, um sich ein Bild von der Lage zu machen, die Feuerwehr brachte an diesem Tag auch weitere Sandsäcke und verstärkte den Deich.

Alarmierende Beobachtungen: Anstieg des Wasserpegels trotz sinkender Pegelstände

Als in den nächsten Tagen die Pegelstände der Amper sowohl in Fürstenfeldbruck, als auch in Ampermoching zurückgingen, waren die Anwohner optimistisch, dass sich eine Überschwemmung ihrer Stadtteile anders als beim Hochwasser im Jahr 1999 vermeiden lasse. Damals war das Wasser über den Damm geflossen, es hatte sich der Ascherbach im Dachauer Stadtgebiet gestaut und Häuser in diesem Bereich überflutet.

Im Extremfall, so die Anwohner vor einer Woche, könnte bei einem Bruch des Deichs das von der Amper kommende Wasser in wenigen Stunden große Teile des Holzgartens und der unteren Stadt überfluten. Und Beobachtungen des Wasserstandes der Amper am Sommerdeich durch Landwirt Hans Böck am Montag und Dienstag letzter Woche zeigten tatsächlich, dass der Wasserpegel der Amper am Sommerdeich stieg und stieg. „Der Wasserstand hinter den Sandsäcken wurde immer höher und der Deich drohte überschwemmt zu werden“, so Böck.

Leider müssen wir von einem bisher unentdeckten technischen Defekt ausgehen.

Nach und nach wurde den Anwohnern klar, was die Ursache des Wasseranstiegs sein könnte: Die Stadtwerke Dachau stauten am Wehr vor ihrem Gündinger Kraftwerk das Amperwasser und machten zu wenige Schleusen auf, um genug Wasser durchzulassen, damit der Wasserpegel am Sommerdeich hätte zurückgehen können. „Sollte tatsächlich eine nicht situationsangepasste Steuerung des Wehrs Ursache des lokal begrenzten Hochwassers sein, so würden durch eine solche Fehleinschätzung auch unnötig Kapazitäten von Feuerwehr und THW gebunden, die bei einem proaktiven Reagieren der Stadtwerke anderweitig hätten eingesetzt werden können“, vermutete die Bewohnerin der Holzgartensiedlung, Christina Epple.

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Öffnung der Schleusen: Wasserwirtschaftsamt greift ein und senkt den Pegel

Erst ein Vorortbesuch des Wasserwirtschaftsamts am Sommerdeich am Mittwochvormittag vergangener Woche brachte Gewissheit und bald auch Entwarnung. Ein Experte des Wasserwirtschaftsamts bestätigte einem Anwohner, dass der Anstieg des Wasserpegels durch das Gündinger Wehr der Stadtwerke Dachau verursacht worden sei. Das Wasserwirtschaftsamt ordnete daraufhin eine Öffnung weiterer Schleusen am Gündinger Wehr an. Die Stadtwerke folgten der Anweisung und der Wasserpegel am Sommerdeich ging innerhalb weniger Stunden deutlich zurück.

Mit Sandsäcken versuchte die Feuerwehr, das Wasser zu stoppen.
Mit Sandsäcken versuchte die Feuerwehr, das Wasser zu stoppen. © Bernhard Hirsch

Die Pressesprecherin der Dachauer Stadtwerke, Cornelia Scheyerl, bestätigt auf Anfrage der Dachauer Nachrichten in einer schriftlichen Stellungnahme, dass am Mittwochnachmittag Schleusen „auf Anordnung des Wasserwirtschaftsamtes nach einem Vor-Ort-Termin“ geöffnet wurden. Dabei habe das Wasserwirtschaftsamt festgestellt, „dass das vorgegebene Stauziel nicht eingehalten wurde“. Laut den Messeinrichtungen der Stadtwerke hätte jedoch, so Scheyerl, das Stauziel „den Vorgaben entsprochen“.

Die Stadtwerke Dachau würden deswegen ihre Systeme überprüfen und „müssen leider von einem bisher unentdeckten technischen Defekt ausgehen“. Sobald neue Erkenntnisse vorlägen, würde eine Mängelbeseitigung veranlasst. Bis dahin würden die Stadtwerke „in den manuellen Regelbetrieb übergehen, und die betreffenden Anlagen überwachen“.

Forderung nach Transparenz: Stadtratsfraktion verlangt Bericht über Hochwassermaßnahmen

Im Normalfall erfolge die Steuerung des Wehrs durch eine „automatisierte Wehrregelung, die in Abhängigkeit zur Pegelsteuerung arbeitet“, so Scheyerl. Diese Regelung werde in der Leitwarte der Stadtwerke rund um die Uhr überwacht. Im Katastrophenfall, der von Landrat Stefan Löwl ausgerufen wurde, gelte, dass das Landratsamt Dachau für die Wahrnehmung seiner Aufgaben am Schadensort einen örtlichen Einsatzleiter bestelle. Dieser, so Scheyerl, würde dann koordinieren und die notwendigen Entscheidungen vor Ort treffen und sei gegenüber allen Beteiligten weisungsbefugt. Im konkreten Fall habe es aber keine Weisung des Krisenstabs des Landratsamtes (LRA) gegeben, wie die Stadtwerke-Sprecherin betont. Erst am Mittwoch habe das Wasserwirtschaftsamt die Öffnung der Wehre veranlasst.

Die Stadtratsfraktion des Bündnis für Dachau fordert in einem Antrag von der Stadtverwaltung einen Bericht über den Verlauf der Hochwasserbekämpfung im Juni 2024. Die bei der Hochwasserbekämpfung beteiligten Einrichtungen wie die Feuerwehr, die Stadtwerke mit ihren einzelnen Abteilungen sowie Ämter sollen Auskunft geben, wo sie Verbesserungsbedarf sehen, so Bürgermeister Kai Kühnel. Dem Bündnis gehe es „vor allem darum, aus Fehlern zu lernen und für das nächste Ereignis besser aufgestellt zu sein“.

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