„Unsere Ware hat wieder einen Wert“: Gestiegene Zinsen bescheren Sparkasse Bilanzgewinn
Die Zeiten von Null- und Minuszinsen sind vorbei. Das erleichtert der Sparkasse Bad Tölz-Wolfratshausen die Geschäfte. Und es verhilft vergessen geglaubten Anlageformen zu einer Renaissance.
Bad Tölz-Wolfratshausen – Die Welt erlebt aufgewühlte Zeiten. Ein Stück Normalität ist hingegen auf dem Bankensektor zurückgekehrt. „Unsere Ware hat wieder einen Wert“, stellte Renate Waßmer, Vorstandsvorsitzende der Sparkasse Bad Tölz-Wolfratshausen, am Freitag im Jahrespressegespräch fest.
„Entspannte Ertragslage“ bei Sparkasse Bad Tölz-Wolfratshausen
Was sie meinte: Die Zeiten der Minus-, Null- oder Niedrigstzinsen sind vorbei. Anders, als es rund zehn Jahre lang der Fall war, verdient die Sparkasse also an den ausgegebenen Krediten. „Unser Geschäftsmodell funktioniert wieder“, sagte Waßmer.
Für das Jahr 2023 sprach sie von einem „guten, positiven Geschäftsverlauf“. Die „entspannte Ertragslage“ habe es der Sparkasse erlaubt, ihr Eigenkapital zu erhöhen. Somit sei das Geldinstitut auch in einem konjunkturell schwierigen Umfeld „robust und zukunftsorientiert“ aufgestellt.
Neugeschäft bei Kundenkrediten rückläufig
In Zahlen: Der Bilanzgewinn der Sparkasse Bad Tölz-Wolfratshauen betrug vergangenes Jahr 3,5 Millionen Euro und lag damit um 500.000 Euro höher als 2022. Das bilanzierte Eigenkapital erhöhte sich von 157,5 auf 160,9 Millionen Euro.
Von einem „schönen Anstieg“ sprach Waßmer beim Kundengeschäftsvolumen. Das ist die Summe aus Einlagen, Ausleihungen sowie Geldern in Depots. Hier ergab sich eine Summe von rund 5,5 Milliarden Euro – 2,5 Prozent mehr als 2022. Bei den Kundenkrediten war das Neugeschäft rückläufig. Die Sparkasse zehrte hier aber noch vom Nachlauf aus den Vorjahren, sodass unterm Strich ein Plus von 2,0 Prozent steht.
Ein Rückgang von 0,2 Prozent war hingegen bei den Kundeneinlagen zu verzeichnen, die damit auf dem Niveau von ungefähr 2,35 Milliarden Euro verharrten. Dies sei insbesondere auf die gestiegenen Lebenshaltungskosten zurückzuführen, meinte Waßmer.
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Umbau der Wirtschaft als große Herausforderung
Ihre solide wirtschaftliche Grundlage will die Sparkasse laut Waßmer nutzen, um als Kreditgeber weiter „Wirtschaftsmotor in der Region“ zu sein. Ein Feld, das hier Geschäftschancen, aber auch Herausforderungen biete, sei der Umbau der Wirtschaft in Richtung Digitalisierung und Klimafreundlichkeit. Ganz grob von bundesweiten Zahlen heruntergerechnet, hätten die Geschäftskunden der Sparkasse Bad Tölz-Wolfratshausen in diesem Bereich bis 2030 einen Investitionsbedarf von 200 Millionen Euro.
So wie die Sparkasse selbst von den gestiegenen Zinsen profitierte, bieten sich auch den Sparern neue – beziehungsweise vergessen geglaubte – Möglichkeiten. „Ein Azubi, der bei uns vor fünf Jahren angefangen hat, kannte den Sparkassenbrief gar nicht mehr“, sagte Waßmer. Jetzt aber erlebe diese Anlageform eine „Renaissance“, ergänzte ihr Stellvertreter Christian Spindler. Denn hierfür gibt es wieder Zinsen – bei einer Laufzeit von drei Jahren zum Beispiel gerade 3,1 Prozent. So habe sich der Bestand an Sparbriefen im vergangenen Jahr fast verdreifacht, von 64,6 auf 185,9 Millionen Euro.
Interesse an Immobilien zieht wieder etwas an
Großes Interesse zeigten die Kunden aber auch an Wertpapieren. Deren Bestand erhöhte sich laut Spindler um 13,3 Prozent, die Zahl der Wertpapierdepots bei der Sparkasse stieg um 2,4 Prozent. Tatsächlich ließen sich 2023 mit Aktien gute Geschäfte machen. Von Anfang bis Ende des Jahres sei etwa der DAX um 20 Prozent gestiegen, so Spindler. „Damit hätte man sogar die hohe Inflation locker geschlagen“, so das Vorstandsmitglied.
Experten rechnen damit, das die Europäische Zentralbank den Leitzins Mitte des Jahres wieder senkt. Anlegern empfiehlt Spindler angesichts dieser Perspektive, auf einen „guten Mix“ zu setzen.
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Der Immobilienkauf könnte vor diesem Hintergrund wieder erschwinglicher werden. „In diesem Bereich war die Nachfrage in den vergangenen eineinhalb Jahren am Boden“, sagte Spindler. Aktuell ziehe das Interesse etwas an. „Es ist aber weit weg von dem, was wir vor drei Jahren erlebt haben.“ Auf jeden Fall sei jetzt ein guter Zeitpunkt, sich mit einem Bausparvertrag auf lange Sicht gute Konditionen zu sichern.
Sparkasse baut 24 Mietwohnungen in Bad Tölz
Im Immobilienbereich investiert die Sparkasse übrigens auch selbst. Der Bau eines Wohngebäudes mit 24 Mietwohnungen an der Lenggrieser Straße in Bad Tölz werde voraussichtlich 2025 abgeschlossen sein, so Spindler. Für sich selbst plant die Sparkasse den Neubau eines Beratungscenters an der Pfaffenrieder Straße in Wolfratshausen, das 2028/29 bezogen werden könnte.
Das ändert aber nichts daran, dass sich das Sparkassengeschäft immer stärker in den digitalen Bereich verlagert. In der „Filiale Digital“ – die 23 Mitarbeiter sitzen in der Badstraße in Bad Tölz – gehen im Schnitt 1000 Kundenanrufe am Tag ein. 76 Prozent der Kunden nutzen das Online-Banking, 48,5 Prozent die Sparkassen-App. „Die Zahlen steigen von Jahr zu Jahr“, so Spindler. ast