In fortgeschrittenem Alter hat sich Dieter Höflich aus Bad Tölz noch einmal an eine Fremdsprache herangewagt. Im Interview erklärt er, was ihn motiviert, Latein zu lernen.
Bad Tölz – In fortgeschrittenem Alter kann man seine Zeit vor dem Fernseher verbringen. Es ist aber auch nie zu spät, ein neues Hobby in Angriff zu nehmen. Das zeigt das Beispiel des Tölzers Dieter Höflich. In einem Beitrag in der jüngsten Ausgabe des Landkreis-Magazins „Senioren Info“ schildert der Apotheker im Ruhestand, wie er mit 87 Jahren angefangen hat, Latein zu lernen. Kurier-Redakteur Andreas Steppan befragte ihn dazu.
Herr Höflich, wie kamen Sie auf die Idee, Latein zu lernen?
Das hatte mehrere Gründe. Ich bin in einem Alter, in dem das Gedächtnis nachlässt. Ich habe einen Weg gesucht, das Gehirn zu trainieren. Der zweite Anlass war, dass meine elfjährige Enkelin, die in Hohenburg die zweite Klasse des Gymnasiums besucht, als zusätzliche Fremdsprache Latein dazubekommen hat. Das hat mich auf die Idee gebracht, mit ihr mitzulernen. Es hat mich angespornt, auch die Schulaufgaben und Exen meiner Enkelin mitzuschreiben. So habe ich auch einen Einblick, was Schüler heutzutage leisten müssen.
87-Jähriger hat in Latein-Schulaufgabe eine 1,5
Und wie haben Sie bei den Prüfungen abgeschnitten?
In der Schulaufgabe hatte ich eine 1,5, und in drei Exen eine 3 und zweimal eine 2 – mit großer Freude von meiner Enkelin korrigiert.
Was interessiert Sie an Latein? Sie hätten auch eine lebende Sprache erlernen können.
Ich hatte schon früher Latein in der Schule, habe in Latein und Französisch Abitur gemacht. Später kam freiwillig Englisch dazu. Ich hatte einen Schwager aus England, der kein Wort Deutsch sprach. Dazu habe ich mir im Fernsehen englische Sendungen auf BBC angeschaut und Wörter, die ich nicht kannte, im Wörterbuch nachgeschlagen und so die Sprache – sicher nicht schulgerecht – gelernt. Schließlich konnte ich mich mit meinem Schwager gut unterhalten. Zwischen Englisch, Französisch und Latein gibt es viele Parallelen, das hat mich immer fasziniert, das hilft beim Lernen ungeheuer.
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Latein-Buch nicht so verstaubt wie ehedem
Wie ergeht es Ihnen beim Latein-Lernen?
Am Anfang habe ich mich schwergetan und stur Vokabeln wiederholt. Was mir hilft: Das Latein-Buch, das heute meine Enkelin benutzt, „Adeamus!“, ist didaktisch hervorragend, ganz anders als das staubtrockene „Ludus Latinus“ meiner Schulzeit.
Tut man sich als älterer Mensch schwerer mit dem Sprachenlernen?
Nicht unbedingt! Ich habe mir vor Jahren gerne die Vorträge von Prof. Ernst Pöppel angehört, dem Hirnforscher, der in Bad Tölz das Altersforschungsinstitut GRP leitete. Er sagte, dass das Gehirn auch im höheren Alter noch viele Kapazitäten hat. Ihm zufolge altert das Hirn dann, wenn es nicht gebraucht wird. Wird es aber weiter beansprucht, dann bilden sich neue Gehirnzellen.
Stellen Sie selbst solche Auswirkungen des Latein-Lernens fest?
In erster Linie verschafft es mir Befriedigung. Ich habe Freude daran, wenn ich aus dem Lateinischen englische, französische oder deutsche Wörter herleiten kann. Ich habe aber auch festgestellt, dass mein Namensgedächtnis besser geworden ist. Oder es fallen mir Begriffe ein, die ich einfach nicht mehr in meinem Sprachgebrauch habe. Es zeigt mir auch, wie es um meine Konzentration, mein Durchhaltevermögen, meine geistige Frische bestellt ist. Zudem ist es eine gute Einschlafhilfe. Wenn ich wach liege, nehme ich mir einige Problemwörter vor. Das hilft prima zum schnellen Wiedereinschlafen.
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Würden Sie auch anderen Senioren empfehlen, ihr Gehirn auf diese Art zu trainieren?
Ich möchte damit niemandem etwas zeigen. Wenn ich davon erzähle, werde ich oft belächelt und gefragt: Was soll der Quatsch? Ich mache es, weil ich selbst Freude dabei haben möchte. Ich denke, man muss nicht alle Einschränkungen des Alters als gottgegeben hinnehmen. Die ständige Veränderung hält mich im Kopf jung.