Wachstum erzeugt Widerstand: Wenn Bauland-Ausweisung den Anliegern nicht schmeckt

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Eine Absperrbake vor einer Baustelle (Symbolfoto) © Renate Hoyer

Wohnraum ist ein knappes, teures Gut im Landkreis Ebersberg. Ein Glonner Beispiel zeigt aber, dass neue Baulandausweisungen der Kommunen inzwischen vermehrt auf Widerstand stoßen.

Landkreis/Glonn – Die Bevölkerung des Landkreises Ebersberg wächst unaufhaltsam. Das Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung hat in einer jüngsten Untersuchung dem Kreis sogar das größte deutschlandweite Wachstum bis zum Jahr 2045 vorausgesagt – nämlich mehr als 15 Prozent. Wo aber sollen die Menschen alle wohnen?

Die Baulandausweisung und der Bau von erschwinglichem Wohnraum hält derzeit schon mit dem Zuwachsdruck nicht Schritt. Der Mangel sorgt für explodierende Preise. Die Gemeinden selbst haben in der Vergangenheit zu dieser Entwicklung beigetragen, denn sie waren oft sehr knauserig mit Neuausweisungen. Stichwort dabei sind die „knappen Baulandreserven“. In Grafing heißt das Zauberwort und Gegenmittel „Innenraumverdichtung“. Aber selbst da zeigt sich inzwischen manchmal Widerstand. Aktuell gibt es dazu ein Beispiel aus Glonn.

Baugebiet zur Ortsabrundung: Widerstand aus der Anliegerschaft

Wenn am kommenden Donnerstag der Glonner Gemeinderat tagt, dürften sich die Besucherplätze rasch füllen. Es geht in der Sitzung darum, was aus dem freien Areal östlich der Siedlung Schmiedberg/Am Heckenweg und südlich der Siedlung Am Kupferbach werden soll. Das Gelände sieht bei oberflächlicher Betrachtung auf der Karte nach einem klassischen Ortsabrundungsfall aus. 

Ein klassischer Fall von Ortsabrundung scheint am Glonner Schmiedberg anzustehen. Das Wiesengrundstück, im Satellitenbild zu erkennen, scheint prädestiniert. Doch es formiert sich schon Widerstand, bevor losgeplant wird.
Ein klassischer Fall von Ortsabrundung scheint am Glonner Schmiedberg anzustehen. Das Wiesengrundstück, im Satellitenbild zu erkennen, scheint prädestiniert. Doch es formiert sich schon Widerstand, bevor losgeplant wird. © Google Maps

Wie sich Bürgermeister Josef Oswald (CSU) zu erinnern glaubt, gab es dazu bereits in den 90er-Jahren einen ersten Vorstoß, aus dem Areal Bauland zu machen. Schon damals waren die Anlieger nicht begeistert und auch jetzt führen sie Argumente ins Feld, die ihrer Ansicht nach gegen eine Bebauung sprächen. Genannt werden unter anderem Flächenversiegelung, eine Veränderung des Landschaftsbildes und ungeklärte Untergrundverhältnisse. Auch der Baustellenverkehr, der Lärm durch die Baustellen und zunehmender Verkehr bei mehr Wohnungen werden als Gegenargument herangezogen. 

Oswald kann letzterem im Gespräch mit der Ebersberger Zeitung nicht folgen. Baustellenverkehr und -lärm seien „systemimmanent, das habe ich bei jeder Bauleitplanung“. Wer das vermeiden wolle, dürfe gar nicht mehr bauen. 

Während die Bagger stillstehen, klettern die Preise

Ein solches Moratorium würde die Preise postwendend noch weiter in die Höhe treiben. In Grafing werden pro Quadratmeter Eigentumsfläche inzwischen Beträge von bis zu über 9000 Euro pro Quadratmeter aufgerufen, noch mehr, als zum Beispiel bei ähnlichen Bauprojekten wie in München-Riem. 

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Auch in den kleineren Landgemeinden wird mit Neubauprojekten gespart – oder sie werden hauptsächlich für Einheimische entwickelt. Die Gemeinde Bruck hat auf diese Weise zehn Jahre für einen Bevölkerungszuwachs von 24 Personen gebraucht, in Baiern ist die Situation ähnlich, wie es jüngst auf der Bürgerversammlung zur Sprache kam.

Landgemeinden tun sich schwer

Egmating hat das Problem inzwischen auf dem Schirm und in der Folge einen „Leitfaden“ für Entwicklungsmöglichkeiten auf unbebauten, privaten Grundstücken im Ort erstellen lassen. Mit dem Resultat, dass es vonseiten der wenigen Besitzer, die sich überhaupt zurückmeldeten, Absagen hagelte.  

Im Glonner Beispiel darf darüber spekuliert werden, ob nicht auch der freie Blick der Anlieger auf eine unbebaute Landschaft als Motiv im Hintergrund steht. Diese Interpretation sei jedem selbst überlassen, sagt Oswald diplomatisch. Bemerkenswert ist hier aber trotzdem, dass sich der Widerstand bereits vor dem Eintritt in ein Bauleitverfahren formiert, denn bislang gibt es östlich der Siedlung Schmiedberg nur Gedankenspiele. Das reicht aber manchmal bereits. 

Auch in der Stadt wird diskutiert

Als in Grafing an der Gustl-Waldau-Straße der Bau einer Tankstelle mit Waschanlage im Gespräch war, wurde der Platz im Sitzungssaal des Rathauses knapp, so geharnischt war der Protest der Anlieger. Im Falle des Glonner Beispiels würden im Rahmen der Bauleitplanung alle Fragen geklärt werden müssen, mit denen die Anlieger jetzt bereits opponieren.

Das Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR), das die eingangs erwähnte Studie zum Bevölkerungszuwachs für den Landkreis Ebersberg erstellte, hat eine seine historischen Wurzeln übrigens in landeskundlichen Erhebungen, die der jungen Bundesrepublik als Steuerungsinstrument für die Integration von Flüchtlingen dienten. Das ist eine unübersehbare Parallelität zu den aktuellen Herausforderungen, denen sich die Kommunen gegenübersehen. 

Oswald versichert den Anwohnern ein vollkommen ergebnisoffenes Vorgehen. In der vergangenen Dezembersitzung hatte sich der Gemeinderat vorerst gegen einen Eintritt in ein Bauleitverfahren für das Gelände östlich vom Schmiedberg ausgesprochen. Man wolle vor einer Entscheidung die weitere Entwicklung der bereits vorliegenden Anträge auf Bauleitplanungen abwarten. Es bleibt also spannend.      

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