Die Stadtbild-Debatte spaltet weiter, vor allem entlang ideologischer Linien. Während laut einer ZDF-Umfrage mehr als zwei Drittel der Deutschen Friedrich Merz inhaltlich zustimmen, werfen 50 prominente Frauen - darunter Luisa Neubauer und Ex-Grünen-Chefin Ricarda Lang - dem Kanzler weiter "rassistische Narrative" vor.
Für FOCUS-Online-Chefkorrespondent Ulrich Reitz ist das Ausdruck einer weltfremden Haltung.
"Diese Stellungnahme der 50 Frauen ist an Arroganz nicht zu überbieten", so der Journalist in seiner Video-Kolumne "Reitz-Thema". "Sie diskutieren vorbei an der Wahrnehmung der Menschen, an der Realität auf den Straßen und in den Stadtbildern."
Viele dieser Kritikerinnen, so Reitz, könnten sich ihre Distanz zur Wirklichkeit leisten, "wenn man mit dem Taxi durch die Landschaft fährt oder einen Fahrer vom Deutschen Bundestag hat, der einen ständig kutschiert."
Reitz: "Eine Cancel-Kritik - und damit gefährlich"
Auch die Empörung aus der SPD reiht sich für Reitz nahtlos in dieses Muster ein. Die Kritik an Merz sei kein ehrlicher Debattenbeitrag, sondern eine Strategie, Diskussionen abzuwürgen.
"Das ist keine normale Kritik, sondern der Versuch, eine Debatte zu unterbinden. Es ist eine Cancel-Kritik", erklärt er. Sie zahle darauf ein, was viele Bürger längst denken. Nämlich, dass man in Deutschland nicht mehr sagen dürfe, was man sieht und fühlt.
Der sogenannte "Kampf gegen Rechts" werde reflexartig bemüht, um unangenehme Themen wie Migration oder das Sicherheitsgefühl zu verdrängen. Für Reitz ist das "nicht nur naiv, sondern in Wahrheit gefährlich".
Acht-Punkte-Plan der SPD ist Symbolpolitik
Besonders scharf kritisiert Reitz den neuen Acht-Punkte-Plan der SPD zum Thema Stadtbild. Darin sollen Kommunen unter anderem durch Begrünungsprojekte aufgewertet werden. Von den Folgen der unkontrollierten Migration ist dagegen keine Rede. Symbolpolitik in Reinform, meint Reitz.
"Die wollen Bäume pflanzen. Nichts dagegen, Bäume zu pflanzen. Aber Bäume zu pflanzen gegen das sich ausbreitende Fremdheitsgefühl von Menschen, die sagen: 'Das ist nicht mehr meine Stadt hier' - das ist an Naivität und Arroganz nicht zu überbieten."
Der Gegenentwurf: SPD-Oberbürgermeister Sören Link aus Duisburg
Wie man es besser macht, zeigt für Reitz der Duisburger Oberbürgermeister Sören Link (SPD). Der Kommunalpolitiker habe verstanden, dass man Probleme nur lösen kann, wenn man sie beim Namen nennt.
"Wenn du in Duisburg Oberbürgermeister bist, wo der Migrationsanteil an die 50 Prozent ist, da kannst du nicht einfach sagen: Migration ist hier kein Problem", betont Reitz.
Link spreche offen über soziale Spannungen, organisierte Kriminalität und den Missbrauch von Sozialleistungen. Für ihn gehe es nicht um Ideologie, sondern um die Realität vor Ort.
Reitz schildert, dass Link jüngst SPD-Chefin Bärbel Bas, ebenfalls Duisburgerin, empfangen habe, um über genau diese Probleme zu sprechen: etwa über Gruppen aus Rumänien und Bulgarien, die in mafiösen Strukturen Sozialleistungen erschleichen und Wohnungen überbelegen.
"Das ist Realismus", sagt Reitz. "Sören Link weiß, was gespielt wird. Und er zeigt seinen Genossinnen, wie man Verantwortung übernimmt statt Bäume zu pflanzen."
Link ist auch ein Beispiel dafür, dass Realitätssinn belohnt wird. Jüngst hatte er die Stichwahl in Duisburg haushoch mit 79 Prozent gegen den Kandidaten der AfD gewonnen.