Magische Momente in bayerischer Wallfahrtskirche

  1. Startseite
  2. Lokales
  3. Weilheim
  4. Hohenpeißenberg

Kommentare

Es ist fast schon Tradition, dass Dieter Fischer im Advent Ludwig Thomas „Heilige Nacht“ vorträgt. Auch heuer wurde er dabei von Musik begleitet. Diese Mischung verzauberte das Publikum in der Wallfahrtskirche auf dem Hohen Peißenberg.

Sie sorgten für magische Momente in der Wallfahrtskirche: Dieter Fischer (vorne), die Stoabach Saitnmusi (hinten Mitte) und der Oberstadtler Dreigesang (hinten rechts).
Sie sorgten für magische Momente: Dieter Fischer (vorne), die Stoabach Saitnmusi (hinten Mitte) und der Oberstadtler Dreigesang (hinten rechts). © Dorothee Gschnaidner

Inzwischen ist es lieb gewordene Tradition, dass der prominente Schauspieler Dieter Fischer, Schirmherr des Pollinger Hospizvereins, zum Advent die von Ludwig Thoma in Versform gegossene anrührende Legende der „Heiligen Nacht“, dem Lukas-Evangelium entlehnt, vorträgt. Immer mit Musik und Gesang begleitet, immer zugunsten des Vereins ohne Honorar, immer vor dicht an dicht sich drängendem Publikum. Auch am zweiten Adventssonntag passt keine Maus mehr hinein in die gesteckt volle Hohenpeißenberger Wallfahrtskirche. Erwartungsvoll knistert die Stimmung bereits vor Beginn.

Fischer beginnt mit einem Novum

Der angekündigte SteiBay-Dreigesang kann aus Krankheitsgründen diesmal nicht mit dabei sein. Kurzfristig springt der Oberstadtler Dreigesang aus Weilheim ein. Dadurch ändert sich die ursprünglich von Thoma festgelegte Abfolge etwas, die Weilheimerinnen bringen ihre eigenen Lieder mit, was der Beseeltheit des späten Nachmittags keinerlei Abbruch tut. Im Gegenteil. Musikalisch traditionell angestimmt wird diese „Heilige Nacht“ von der Stoabach Saitnmusi, getragen und doch sanft schwingend.

Auch Dieter Fischer beginnt diesmal mit einem Novum, das eine ideale Einstimmung schenkt. Unzählige Briefe gibt es von Ludwig Thoma an seine „Maidi“, Marie von Liebermann, die letzte Lebensgefährtin des Dichters. In der Nacht des 3. Dezember 1919 schreibt sich Thoma seine Sorgen von der Seele. Hätte er „mehr Ruhe in sich“, dann wäre ein echtes Weihnachtsspiel sein Wunsch gewesen, mit Musik von Max Reger, einem Bühnenbild seines Malerfreundes Ignaz Taschner. Beide waren allzu früh verstorben. „Es sind nie Werte so verloren gegangen“ sinniert Thoma. Dass er „mit den tausend Unbekannten auf Fühlung gehen“ kann, das erhofft sich Thoma von seiner kurzerhand ins verschneite Oberbayern verlegten Geschichte. Auch hier, beileibe nicht nur in Bethlehem, sind die Reichen geizig und selbstsüchtig, sind es die einfachen Menschen, denen sich das Wunder von Christi Geburt offenbart. Thomas Wunsch sollte sich um ein mannigfaches mehr erfüllen.

Mit feinsinnigem Gespür

Mit ganz feinsinnigem Gespür, warmem Klangideal, blitzsauberer Intonation verflicht die Stoabach Saitnmusi, in Traubing beheimatet, Musik und Text dieser „Heiligen Nacht“. Dass zum „Halleluja vo herunt bis z’höchst in d’Höh“ die Glocken der Wallfahrtskirche läuten, schafft einen besonderen Moment des Innehaltens. Den taucht Christine Pöschl an der Harfe in wahrhaft himmlisches, goldenes Licht.

Auch der Oberstadtler Dreigesang mit der filigranen Zitherbegleitung trägt mit seinen so gut balancierten natürlichen Stimmen der klaren Authentizität dieser Volksmusik zum besonderen Gelingen bei. „Oh Himmelreich, oh Sternenzelt“, verkündet das Wunder mit Staunen, zart stimmen die drei Frauen den Andachtsjodler an. Dieter Fischer ist es wie kaum einem anderen gegeben, diese Geschichte zu umarmen, kraftvoll, liebevoll, humorvoll, sehnsuchtsvoll und immer zutiefst menschlich. Jeder Charakter hat seinen eigenen Tonfall, bekommt ein eigens in Klang, Sprache, Dialekt gemaltes Portrait.

Als grantige Base, als schnarrender Josias, die dem erschöpften Paar weder Ruhe noch Wärme gönnen wollen, läuft er zu Höchstform auf. Das darf dann auch gerne ein Augenzwinkern haben. Immer tiefer tauchen die gebannten Zuhörer mit Fischer in die Geschichte ein. Suggestiv malt Fischer Mond und Sterne an den aufstrahlenden Himmel, man fühlt die Konsistenz des Schnees auf dem Pelz des Fuchses, der unbeweglich vor Staunen am Waldrand sitzt, die Lauscher aufgestellt. Selbst wenn man den Text beinahe auswendig weiß, sitzt man in diesem Erzählkino, fiebert mit, ist so gespannt, wie es ausgeht. Und schlucken muss man, da kriecht einem eine Art von angerührt Sein unter die Haut, das Spuren hinterlässt.

Es geht halt nicht anders, man muss als Zuhörer dieser Erzählpoesie von Dieter Fischer einfach verfallen. Jedes Jahr, immer wieder neu. Das sind die Momente, die der Adventszeit unaufgeregten Glanz, dem Weihnachtsgeschehen Tiefe verleihen können. Großartig.

Dorothe Gschnaidner

Auch interessant

Kommentare