
Bildquelle: Michael Ehlers
Buchempfehlung (Anzeige)
"Nie wieder sprachlos!: Mit den richtigen Worten besser durchs Leben" von Michael Ehlers.
Die Sprache der Politik verrät alles. Immer wieder sehen wir das Gleiche: Die größte Distanz zwischen Redner und Publikum entsteht, wenn Worte nicht mehr für Menschen, sondern nur noch für interne Machtzirkel gesprochen werden. Genau das passiert in Deutschland.
Wer sich eine Parlamentsdebatte ansieht, hört kaum noch Sätze, die den Alltag der Menschen berühren. Stattdessen dominieren Sprachmuster, die nur im geschlossenen System der Parteien Sinn ergeben: Parteiprogramme werden wie heilige Schriften zitiert, Koalitionsverträge wie eiserne Ketten verteidigt. Das Ergebnis ist eine Politik, die immer mehr an der Lebensrealität der Bürger vorbeiredet.
Politikwissenschaftler wie Wolfgang Merkel sprechen von einer „Krise der Repräsentation“. Das bedeutet: Parteien spiegeln die Gesellschaft nicht mehr angemessen wider. In den 1950er-Jahren war das anders. Die SPD stand klar für die Interessen der Arbeiter, die CDU/CSU für die konservative Mitte.
Heute hat sich die Gesellschaft aufgespalten: Lebensentwürfe sind vielfältig, digitale Bewegungen entstehen über Nacht, und die Grenzen zwischen links und rechts verschwimmen. Doch die Parteien wirken, als würden sie noch in der alten Bundesrepublik leben – in einem Land, das es so nicht mehr gibt.
Michael Ehlers ist Rhetoriktrainer, Bestsellerautor und Geschäftsführer der Institut Michael Ehlers GmbH. Er coacht Persönlichkeiten aus Politik, Wirtschaft, Sport und Medien. Er ist Teil unseres EXPERTS Circle. Die Inhalte stellen seine persönliche Auffassung auf Basis seiner individuellen Expertise dar.
Zugleich ist das Vertrauen der Bürger im freien Fall. Laut Studien des Allensbach-Instituts und der Forschungsgruppe Wahlen liegt das Vertrauen in Parteien auf historischen Tiefständen.
Immer mehr Menschen wenden sich ab oder suchen ihr Heil in Protestwahlen. Das ist kein Zufall. Es ist das direkte Resultat einer Politik, die den Kontakt zu den Menschen verloren hat.
Der Systemtheoretiker Niklas Luhmann hat es klar beschrieben: Systeme sind selbstreferenziell. Sie kreisen vor allem um sich selbst und bestätigen ständig ihre eigenen Regeln.
Übertragen auf Parteien heißt das:
Das ist kein böser Wille, sondern die Logik des Apparats. Jede Partei wird so zum eigenen Ökosystem, das sich selbst schützt und am liebsten mit sich selbst spricht. Es ist ein geschlossener Raum, in dem die Sprache der Macht nicht mehr aus dem Leben der Bürger gespeist wird, sondern aus Parteitagen, Gremien und Hinterzimmern.
Niemand hat dieses System böswillig erschaffen. Aber die Realität ist: Parteien kontrollieren jeden Zugang zur Macht. Bürgerliche Engagements, Initiativen oder Querdenker haben kaum eine Chance, gehört zu werden, wenn sie nicht den Weg durch die Parteihierarchien gehen.
Das Wahlrecht verstärkt diese Dynamik: Gewählt werden in der Regel keine Persönlichkeiten, sondern Listenplätze, die Parteifunktionäre vergeben.
Im Bundestag wird nach Fraktionsdisziplin abgestimmt, nicht nach individueller Überzeugung. So entsteht eine stille Oligarchie, die wir Demokratie nennen, die aber längst mehr Verwaltung als Gestaltung ist.
Die Frage ist deshalb keine Provokation, sondern eine Pflicht: Ist das noch Demokratie – oder ein politisches System, das sich selbst überlebt hat?
Rhetorik ist mehr als nur „schöne Worte“. Sie ist der ehrlichste Spiegel der Macht. Wie ein Politiker spricht, verrät, wie er denkt – und wem er zuhört.
In der Arbeit mit Unternehmern, Verbänden oder Politikern beginnt jede Analyse mit der gleichen Frage: „Was hören die Menschen, wenn wir sprechen?“
Bildquelle: Michael Ehlers
Buchempfehlung (Anzeige)
"Nie wieder sprachlos!: Mit den richtigen Worten besser durchs Leben" von Michael Ehlers.
Genau hier liegt die Gefahr für unser System. Die Bürger hören keine Visionen mehr, sondern taktische Sprachhülsen. Sie hören keine Haltung, sondern Angst, die falsche Formulierung zu wählen.
Eine Demokratie, die so spricht, wirkt wie ein Unternehmen ohne Führung – verwaltet, aber nicht inspiriert. Wer ein Volk führen will, muss es rhetorisch mitnehmen. Das passiert derzeit nicht.
Wir müssen uns nichts vormachen: Von innen heraus wird kaum jemand die perfekte Lösung entwickeln. Aber bevor wir Lösungen haben, brauchen wir die richtigen Fragen.
Diese Fragen müssen gestellt werden. Nicht von einem kleinen Kreis Parteistrategen, sondern von uns allen. Nur wenn wir diese Fragen stellen, können wir eine Demokratie gestalten, die wieder lebendig ist.
Es ist naiv zu glauben, dass der Wandel von innen kommt. Wer in einer Partei bis in den Vorstand oder gar an die Spitze kommt, ist der lebende Beweis dafür, dass das System für ihn funktioniert. Warum sollte jemand ein System ändern, das ihn groß gemacht hat?
Das ist das Paradox: Wir erwarten von den Parteiführungen eine Reform, die ihnen selbst Macht kostet. Aber wahre Größe entsteht nicht, wenn man die eigene Macht verteidigt – sondern wenn man bereit ist, sie zu teilen.
Eine gute Rede endet mit einem klaren, zielgerichteten Appell. Also:
Herr Merz, Sie haben jetzt die historische Chance. Sie könnten der Kanzler werden, der die Demokratie modernisiert – nicht nur verwaltet. Sie könnten der Politiker sein, der sagt: „Wir müssen Macht teilen, damit unsere Demokratie stark bleibt.“
Deutschland braucht keinen Verwalter des Alten, sondern einen Erneuerer der Zukunft. Und dieser Erneuerer könnten Sie sein.
Dieser Beitrag stammt aus dem EXPERTS Circle – einem Netzwerk ausgewählter Fachleute mit fundiertem Wissen und langjähriger Erfahrung. Die Inhalte basieren auf individuellen Einschätzungen und orientieren sich am aktuellen Stand von Wissenschaft und Praxis.