UN-Hilfswerk von Hamas infiltriert? Nahost-Experte hält Kontakte für „unvermeidlich“ und warnt vor Zahlungs-Stopp

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Das UN-Hilfswerk im Gazastreifen steht wegen Kontakten zur Hamas in der Kritik. Ein Experte warnt davor, die Zahlungen zu stoppen – auch aus strategischen Gründen.

Gaza – Wie soll die internationale Gemeinschaft mit dem UN-Hilfswerk in Gaza umgehen? Einerseits waren wohl mindestens zwölf Mitarbeiter des Hilfswerks an den Gräueltaten am 7. Oktober an israelischen Zivilisten beteiligt. Andererseits wachsen seit dem Krieg in Israel und im Gazastreifen täglich Not, Hunger und Verzweiflung. Die Menschen dort sind mehr auf Hilfe angewiesen denn je.

Die größten Geldgeber des UN-Hilfswerks für die Palästinenser (UNRWA) stoppten ihre Zahlungen an das Hilfswerk dennoch, als die Verwicklungen mit den Morden der Hamas zutage trat. Deutschland und die USA setzten insgesamt mehr als 400 Millionen Euro an Zahlungen aus. Das UNRWA warnte vor wenigen Tagen, man werde die gesamte Arbeit womöglich schon in vier Wochen einstellen müssen.

Palästinenser im Gazastreifen warten auf die Essensausgabe durch freiwillige Helfer.
Palästinenser im Gazastreifen warten auf die Essensausgabe durch freiwillige Helfer. © Omar Ashtawy/Imago

Nahost-Experte hält Zahlungen an UNRWA auch strategisch für nötig

Nahost-Experte Dr. Andreas Böhm von der Universität St. Gallen in der Schweiz hält den Zahlungs-Stopp für den falschen Weg: „Die UNRWA ist als einzige Organisation in der Lage, die Not wenigstens ansatzweise zu lindern“, erklärte Böhm in einem Statement gegenüber fr.de von IPPEN.MEDIA. Die humanitäre Katastrophe im Gazastreifen, bedingt durch den von der Hamas gestarteten Krieg in Israel, laufe in Gefahr „ein genozidales Ausmaß“ anzunehmen. Davor habe auch der Internationale Gerichtshof bereits gewarnt.

Eine Streichung der Gelder an das UN-Hilfswerk sei aber nicht nur aus „humanitären, sondern auch aus strategischen Erwägungen unsinnig“, so Böhm gegenüber unserer Redaktion. Nur wenn die Not gelindert werde, könnte die Region überhaupt „eine Friedensperspektive“ erhalten.

Laut Böhm steht die UNRWA nicht zum ersten Mal „im Kreuzfeuer“. Dass sich nun herausstellte, dass auch UN-Mitarbeiter in den Terror der Hamas verstrickt seien, sei angesichts der Verhältnisse im Gazastreifen nicht verwunderlich, so der Nahost-Fachmann. „Da die Hamas die politischen Institutionen in Gaza dominiert, sind Kontakte unvermeidlich“, stellt er fest. „Von einer systematischen Unterwanderung der UNRWA kann aber kaum die Rede sein.“ Beim UNRWA sind Zehntausende Palästinenser beschäftigt.

Nahostexperte Dr. Andreas Böhm von der Universität St. Gallen.
Nahost-Experte Dr. Andreas Böhm von der Universität St. Gallen. © Privat

Zahlungen an UNRWA im Gazastreifen: Spanien geht Sonderweg

Spanien geht so auch einen anderen Weg als die meisten Länder: Es unterstützt das Hilfswerk auch weiterhin. Der spanische Außenminister kündigte am Montag (5. Februar) eine Sonderzahlung von 3,5 Millionen Euro für das Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen an. Damit solle diese „unverzichtbare Organisation“ ihre Aktivitäten kurzfristig aufrechterhalten können. Die Lage im Gazastreifen sei „verzweifelt“, betonte der spanische Minister.

UN-Hilfswerk verwickelt in Terror der Hamas? Untersuchung läuft

Über die Verwicklungen der UNRWA an den Terrorakten der Hamas am 7. Oktober läuft derzeit eine Untersuchung von unabhängigen Experten aus Schweden, Norwegen und Dänemark. Geleitet wird sie von der französischen Ex-Außenministerin Catherine Colonna.

Das UNRWA rechnet bis Anfang März mit einem vorläufigen Bericht. Die geldgebenden Länder werden ihre Entscheidungen dann wohl überprüfen.

In den USA stellte man nicht nur die regulären Zahlungen an das UNRWA vorläufig ein, sondern streitet im Kongress auch verbittert um Hilfen für die Ukraine. Der US-Senat legt einen neuen Entwurf zur Ukraine-Hilfe und Grenzsicherung vor. Donald Trump äußert sich zu dem Paket – und das deutlich. (smu)

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