Asyl-Helfer kritisieren Bezahlkarte für Geflüchtete – „Diskriminierung und Stigmatisierung“

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In der neuen Bezahlkarte stecken hohe Erwartungen. Asyl-Helfer sehen sie allerdings kritisch. © PayCenter GmbH/DPA

Die bayerische Regierung verspricht sich viel von der neuen Bezahlkarte für Asylbewerber. Scharfe Kritik kommt von den Asyl-Helferkreisen im Landkreis.

Landkreis – Natürlich geht Bayern einen eigenen Weg. Die Bezahlkarte für Asylbewerber, über die die Geflüchteten künftig ihre Sozialleistungen beziehen sollen, kommt im Freistaat „schneller und ist härter“, wie Ministerpräsident Markus Söder ankündigte. Vier Modellkommunen sollen schon ab März mit der neuen Karte arbeiten. Nur Hamburg ist noch flotter: In einem Pilotprojekt wurden die ersten „SocialCards“ dort bereits Mitte Februar an Leistungsempfänger ausgegeben.

In der Visa-ähnlichen Karte stecken hohe Erwartungen. Laut Bayerischem Staatsministerium für Integration soll sie vor allem verhindern, dass deutsches Geld ins Ausland fließt – an Schlepper, Familien und Freunde. Das Bargeld, das den Geflüchteten nach Einführung der Karte noch zur Verfügung steht, soll sich auf 50 Euro beschränken. Das wiederum, so die Hoffnung des Ministeriums, könnte die sogenannten „Pull-Faktoren“ reduzieren – also die Anreize für Menschen, sich überhaupt auf den Weg nach Deutschland zu machen.

Asyl-Helfer kritisieren Bezahlkarte für Geflüchtete – „erhebliche Diskriminierung und Stigmatisierung“

Scharfe Kritik an der neuen Karte kommt schon jetzt von den Asyl-Helferkreisen. „Unseres Erachtens bedeutet die Einführung der Zahlkarte eine erhebliche Diskriminierung und Stigmatisierung der Asylsuchenden“, sagt Ingeborg Bias-Putzier.

Für die Integrationslotsin des Landkreises, die im engen Kontakt mit den Koordinatoren der hiesigen Asyl-Helferkreise steht, geht es bei der Karte um nichts als Symbolpolitik: „Härte soll demonstriert werden, um der Wählerschaft zu zeigen: Wir tun etwas gegen die illegale Migration. Wider besseres Wissen wird gebetsmühlenartig behauptet, dass die Menschen zu uns fliehen, weil es hohe Sozialleistungen gibt“, ärgert sie sich. Dabei gelte es in der Migrationsforschung als „längst überholt“, dass es vor allem ökonomische Faktoren sind, die Menschen zur Flucht nach Deutschland bewegen, sagt sie.

Wann die Karte in Weilheim-Schongau eingeführt wird, ist noch unklar

Laut Staatsministerium ist angedacht, die Bezahlkarte im Laufe des zweiten Quartals bayernweit auszugeben. Wann sie in Weilheim-Schongau im Einsatz sein wird, kann das Landratsamt noch nicht abschätzen. Unklar ist auch, wie die Umstellung in den Asylleistungsbehörden genau aussehen wird, die die Karten zusammen mit den Ankerzentren ausgeben werden. Derzeit laufe dazu eine Ausschreibung auf Bundes- und Landesebene, erklärt Klaus Mergel, Pressesprecher des Landratsamts. „Wir warten noch auf die Ausführungsbestimmungen.“

Mergel sagt, dass es sich wohl um eine „physisch neutrale Karte“ handeln wird, die Asylbewerber auch digital auf dem Smartphone nutzen können. In den Geschäften – die sich auf den täglichen Bedarf beschränken müssen – wird sie „wie jede andere Kreditkarte funktionieren“. Wenn es zu technischen Problemen kommt, „muss der Einkauf – wie bei jeder anderen defekten Karte auch – storniert werden“, macht Mergel klar.

Funktionsradius der Bezahlkarte kann eingeschränkt werden – Helfer befürchten Mehrarbeit

Scharfe Einschränkungen gibt es dann, wenn es um das Verschicken von Geld oder den Online-Einkauf geht. Laut Landratsamt kann die Bezahlkarte für Asylbewerber kein Geld ins In- oder Ausland überweisen. Außerhalb Deutschlands ist sie generell nutzlos. Auch einen Geldbetrag von einer Karte auf eine andere zu schicken, wird nicht möglich sein. Ebenso wenig die Teilnahme an Glücksspiel oder das Einkaufen bei einem Online-Shop, der außerhalb der EU sitzt.

Darüber hinaus will man sich weitere Reglementierungen offen halten: Wie Pressesprecher Klaus Mergel bestätigt, soll „die Möglichkeit gegeben sein“, den Funktionsradius der Bezahlkarte einzugrenzen. So könnten Asylbewerber beispielsweise nur noch in einem bestimmten Umkreis um ihre Unterkunft einkaufen gehen.

Übrigens: Alles aus der Region gibt‘s auch in unserem regelmäßigen Schongau-Newsletter. Und in unserem Weilheim-Penzberg-Newsletter.

Das wiederum sehen die Asyl-Helfer in der Region sehr kritisch. Ingeborg Bias-Putzier fragt sich, wie das in einem ländlichen Raum wie unserem funktionieren soll, „wo es manchmal nur teure Dorfläden“, Bäcker und Kioske, aber keine Discounter oder Supermärkte gebe. Der ÖPNV sei gleichzeitig „mangelhaft und teuer, da sind 50 Euro schnell ausgegeben“, gibt sie zu bedenken. Sie sieht daher mit der Bezahlkarte eine „deutliche Mehrbelastung“ auf die Ehrenamtlichen zukommen – etwa durch Fahrdienste und finanzielle Unterstützung.

Die Heimatzeitungen im Landkreis Weilheim-Schongau sind unter „merkur_wm_sog“ auf Instagram vertreten.

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