Tablets für Grundschüler: Fluch oder Segen? - „Erst einmal schreiben, lesen und rechnen lernen“
Sind Tablets für Grundschüler Fluch oder Segen? An dieser Frage schieden sich in der jüngsten Sitzung des Rottenbucher Gemeinderats die Geister, als es um die vom Elternbeirat beantragte Anschaffung der Geräte ging. Am Ende einer kontroversen Diskussion stand eine denkbar knappe Entscheidung.
Rottenbuch – Schon zum zweiten Mal stand das Thema „Tablets für Grundschüler“ auf der Agenda des Rottenbucher Gemeinderats. Nachdem sich eine Mehrheit der Räte im November gegen eine Anschaffung ausgesprochen hatte, startete der Elternbeirat einen neuen Anlauf und bot der Gemeinde einen Kostenzuschuss von 500 Euro an. Da die Investition im Rahmen der Digitalisierungsoffensive von staatlicher Seite gefördert wird, muss die Gemeinde ohnehin nur zehn Prozent der Kosten berappen.
„Wir haben eine überwältigende Mehrheit der Eltern hinter uns“, monierte die Vorsitzende des Elternbeirates Stefanie Durach in ihrer Stellungnahme. „Ob es uns gefällt oder nicht, digitale Medien sind aus unserer Gesellschaft nicht wegzudenken. Wenn wir uns dieser Entwicklung verschließen, verbauen wir unseren Kindern die Zukunft.“ Durach wies darauf hin, dass die Tablets nicht zur Unterhaltung, sondern zum Lernen dienen würden. „Der Lehrer bestimmt, wie oft und wofür die Geräte im Unterricht genutzt werden.“ Bei einer sachgerechten Verwendung würden sie die Leistung der Schüler erheblich verbessern.
„Erst einmal schreiben, lesen und rechnen lernen.“
Ein Argument, das Gemeinderat Alfred Speer in Zweifel zog: „Die Geräte lenken die Kinder nur ab. In der Grundschule sollten sie doch erst einmal schreiben, lesen und rechnen lernen.“ Speer erinnert in diesem Zusammenhang an die Einführung des Taschenrechners. „Man braucht sich nur anzuschauen, wie schlecht die heutige Jugend im Kopfrechnen ist. Warum? Weil ihnen der Taschenrechner die Arbeit abnimmt!“
Bürgermeister Markus Bader schlug in eine ähnliche Kerbe und verwies auf eine wissenschaftliche Studie, wonach die Digitalisierung im Klassenzimmer in Ländern wie Schweden und Finnland wieder zurückgefahren werde, weil man einen deutlichen Leistungsabfall bei den Kindern festgestellt habe. Zugleich räumte er ein, dass die Nutzung von Tablets vom Kultusministerium vorgesehen sei. Das bringe die Gemeinde in eine Zwickmühle.
Kampfabstimmung bringt knappes Ergebnis
Eine andere Rätin verwies darauf, dass die Lehrkräfte ausdrücklich angewiesen seien, die Kinder im Umgang mit den Geräten zu schulen, eine missbräuchliche Nutzung zu unterbinden und das Nutzungsverhalten der Schüler zu beaufsichtigen. „Zu viel Bildschirmarbeit birgt eine Gefahr für die Gesundheit. Aber in der richtigen Dosierung haben die Kleinen mit dem Tablet mehr Freude am Lernen.“
In einer Kampfabstimmung sprachen sich am Ende schließlich sechs Räte für und fünf gegen die Anschaffung der Tablets aus. Eine hauchdünne Mehrheit in einer emotional, aber fair geführten Debatte. Schlussendlich beschloss die Gemeinde sogar, die gesamten Anschaffungskosten zu tragen. „Das Geld ist nicht der springende Punkt“, resümierte Alfred Speer. Worin sich die Geister schieden, sei die Frage des Nutzens einer solchen Anschaffung.
Von Wolfgang Gösweiner
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