Kommentar zu den Plänen für das Moralt-Areal: Eine einmalige Chance für Bad Tölz
Die Pläne für das Moralt-Areal sind für Bad Tölz eine einmalige Chance. Doch dabei sollte man auch den bezahlbaren Wohnraum nicht vergessen. Ein Kommentar.
Ob es das Bahnhofsgebäude ist, das Haus Bruckfeld oder eben das Moralt-Areal: Bad Tölz ist voll mit baufälligen Ruinen und brach liegenden Flächen, von denen die Allgemeinheit rein gar nichts mehr hat und die noch dazu das Stadtbild verschandeln. Begrüßenswert ist daher – und darin sind sich wahrscheinlich alle einig –, dass mit Thomas Scherer und der Denkmalneu GmbH endlich jemand kommt, der aus den riesigen Flächen an der Lenggrieser Straße etwas Sinnvolles gestalten will.
Neues Tölzer Szeneviertel im ehemaligen Moralt-Areal: Interessenten werden Schlange stehen
Die Hochglanz-Pläne der Investoren lösen bei Rathauschef Ingo Mehner und vielen Bürgern Euphorie und Aufbruchstimmung aus. Ein neues Tölzer Szeneviertel, mit Platz für Gewerbe und Events, Wohnraum für 100 Prozent ausgewählte Zielgruppen, Kita und hochwertigen Spielplätzen, Zugang zum Wasser und einer majestätisch über der Isar schwebenden Veranstaltungsbühne. Auch für die jungen Leute sollen endlich wieder Ausgeh-Möglichkeiten statt zweitklassiger Schlager-Studios entstehen. Und die Stadt bezahlt nichts davon. Das klingt verlockend, wer will das alles nicht.
Doch die Bedingungen haben es durchaus in sich. Die Investoren tragen damit – wie auch anderswo – das volle Risiko. Wer weiß, was alles zutage gefördert wird, wenn die Brache Moralt-Areal umgegraben wird, unter anderem für die Tiefgarage. Mitleid sollte man aber nicht haben, denn bis zum geplanten Abschluss der Baumaßnahmen gehen noch einige Jahre ins Land. Immobilienkrise hin oder her – angesichts des Zuzugs im gesamten Oberland und der angespannten Wohnungslage werden die Interessenten für die Flächen in den „Moralt-Werken“ Schlange stehen. Bis der detaillierte städtebauliche Vertrag ausgehandelt ist, bleibt jedoch offen, wie viel davon tatsächlich bezahlbarer Wohnraum wird.
Kommentar: Zobon sollte nicht zum Papiertiger verkommen
Thomas Scherer machte am Mittwochabend klar, dass seine Schmerzgrenze bei den vom Stadtrat geforderten 20 Prozent preisgebundenem Wohnen liegt. Oder die Stadt beteiligt sich doch mit einem Drittel, wie es dem Investor – auch nicht ganz uneigennützig – am liebsten wäre.
Die Stadt sollte bei aller Risiko- und Kostenminimierung nicht vergessen, was das eigentliche Ziel der „zukunftsorientierten Bodennutzung“ ist. Bezahlbarer Wohnraum ist im gesamten Oberland ein drängendes Problem, und es bedingt viele weitere, wie etwa den Fachkräftemangel. Mit der Zobon hat die Stadt die Möglichkeit, selbst konkret tätig zu werden, anstatt mit dem Finger nach Berlin oder München zu zeigen.
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Das Hintertürchen, die Investoren an „vorgegebene städtebauliche Ziele“ zu binden, mag angesichts des Aufwands für Entsorgung und Hochwasserschutz am Moralt-Areal vielleicht gelegen kommen. Wenn es aber dafür sorgt, dass die Verhandlungen scheitern, hat die Stadt auch nichts davon. Genauso wenig sollte die Zobon zum Papiertiger verkommen.
Die Pläne für das Moralt-Areal sind eine einmalige Chance für Bad Tölz. Es liegt nun an beiden Parteien, sich zügig auf einen Kompromiss zu verständigen, bei dem nicht nur Hochglanz-Projekte, sondern auch bezahlbarer Wohnraum genügend Beachtung findet. (vfi)
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