Nach Arbeiten in Almgebiet: Flurschäden in Isarwinkler Naturparadies
Wanderer sind entsetzt über tiefe Fahrrillen und gefällte Bäume in einem Weidegebiet an der Schronbachalm nahe dem Sylvensteinsee. Die Verantwortlichen räumen Fehler ein, die aber „heilbar“ seien.
Lenggries/Jachenau – Der Schronbach schlängelt sich nördlich des Sylvensteinsees durch sanft gewelltes Gelände. Was sie nun aber inmitten dieses Naturidylls zu sehen bekam, das bezeichnet eine Lenggrieser Wanderin in einem Schreiben an den Tölzer Kurier als „schockierenden Anblick“. Im Gebiet hinter der Schronbachalm sei „Kahlschlag“ betrieben worden. Die Feuchtwiese sei mit schwerem Gerät befahren worden, wobei tiefe Furchen im Boden entstanden. Den „Verlust eines Kleinods“ beklagt die Leserin.
Schäden bei Schwendmaßnahmen am Schronbach
Tatsächlich, so ergaben Nachforschungen unserer Zeitung, sind Anfang des Jahres bei Schwendmaßnahmen auf der Almfläche am Schronbach Schäden entstanden. Sowohl der Forstbetrieb als Grundeigentümer als auch der Almbauer, der hier das Weiderecht innehat, gehen offen mit dem Geschehen um. „Ja, es sind Fehler passiert“, sagt der Tölzer Forstbetriebsleiter Robert Krebs. Bei der Instandsetzung der Fläche habe es „geruckelt und gerumpelt – aber es ist heilbar“.
Das betroffene Areal liegt im Landschaftsschutzgebiet. Der Schronbach selbst ist als Naturdenkmal eingestuft. Entlang des Uferbereichs gibt es Biotopbereiche. Das Almgebiet gehört zu den 44.000 Hektar Fläche, für die der Tölzer Forstbetrieb zuständig ist. Davon ist aber nicht alles Wald, sondern bei 14.000 Hektar handelt es sich um Almflächen, auf denen örtliche Bauern in den Sommermonaten ihr angestammtes Weiderecht ausüben. Eine dieser Berechtigungsalmen ist die Schronbachalm.
Maßnahme begann im Winter bei Schnee und Frost - dann taute es
Almbauer Sebastian Bauer hat erst vor Kurzem einen Hof übernommen und führt ihn im Nebenerwerb. Weil der Weidebereich zugewachsen war, habe er vergangenes Jahr bei den zuständigen Stellen – Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, Untere Naturschutzbehörde und Forstbetrieb – vorgesprochen, um eine Schwendmaßnahme abzustimmen, also eine Maßnahme zum Erhalt oder zur Wiederherstellung einer Weidefläche.

Landratsamt-Sprecherin Marlis Peischer bestätigt auf Anfrage unserer Zeitung, dass die Maßnahme „angemeldet und abgestimmt“ gewesen sei. „Die besagte Fläche dürfte, so vermutet es der Naturschutz, mehrere Jahre nicht gepflegt worden sein, sodass Maßnahmen ergriffen werden mussten, um diese Fläche wieder entsprechend herzurichten“, so Peischer. Man habe nun „genau festgelegt, welche Maßnahmen ergriffen, in erster Linie also, wo Bäume entnommen werden dürfen“.
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Wie Bauer berichtet, haben er und der Forstbetrieb im Januar mit der Umsetzung begonnen, „als wir richtig Winter hatten mit gut Schnee und Frost. Aber dann ist der Winter leider zu schnell vorbeigegangen“, so Bauer. Als Tauwetter einsetzte, habe man vor einem Dilemma gestanden. Die gefällten Stämme mussten abtransportiert werden. Sie liegen zu lassen war ebenso wenig eine Option wie eine Abholung per Hubschrauber. Bei der Fortsetzung der Arbeiten seien „Flurschäden entstanden“, wie Sebastian Bauer zugibt.
Schronbachalm: Fahrer von Rückefahrzeug hielt Grund für tragfähig
Es sei der Fehler passiert, mit dem Rückewagen einzufahren, so Krebs. Dies führt er auf eine „Verkettung unglücklicher Umstände“ zurück. Normalerweise erfolge jede einzelne Fahrt nur mit Zustimmung des jeweiligen Einsatzleiters. Der sei an dem Tag aber nicht da gewesen. „Und der Fahrer dachte, der Grund wäre tragfähig.“
Landratsamts-Sprecherin Peischer stellt dazu fest: „Der Boden wurde in einigen Bereichen massiv geschädigt. Die Bodenschäden gehen vor allem darauf zurück, dass der Untergrund nicht mehr gefroren war. Das hätte er aber sein müssen, um ihn mit schwerem Gerät zu befahren.“
Zudem habe die Untere Naturschutzbehörde festgestellt, dass die Baumfällungen über das vereinbarte Maß hinaus gegangen seien, „insbesondere an einem Hang, der eigentlich nicht dafür vorgesehen war“, so Peischer. Auch Krebs räumt ein: „Ob zu viele oder zu wenige Bäume entnommen wurden, darüber kann man geteilter Meinung sein.“ Waldrechtlich liege aber kein Verstoß vor. „Und ich gehe auch davon aus, dass es kein Verstoß gegen Bestimmungen im Landschaftsschutzgebiet war.“
Aufwendige Behebung der Schäden in Almgebiet
Insgesamt handle es sich aber nicht um einen „Kahlschlag“, sondern den Versuch, eine Weidefläche zu erhalten, betont Krebs. Das Nebeneinander von Freiflächen, „licht bestockten“ Flächen und dichtem Wald ermögliche es verschiedenen, teils seltenen Tier- und Pflanzenarten zu leben. Hier gelte es, die richtige Balance zu bewahren. „Vor 150 Jahren war der Wald gefährdet, weil er überweidet war, heute muss man aufpassen, die offenen Almflächen zu erhalten.“

Nun liegt der Fokus auf der Reparatur. „Mit großer Personenzahl und vielen Arbeitsstunden“ arbeite er an der Behebung der Schäden, sagt Sebastian Bauer. Familie, Freunde und Nachbarn: Alle würden in ihrer Freizeit mit anpacken.
Peischer beschreibt, was aus Sicht der Unteren Naturschutzbehörde zu tun ist: „Von Hand muss der Boden wiederhergestellt werden. Vor allem bedeutet dies, dass Soden der Vegetation, also an den Wurzeln zusammenhängende Pflanzenplatten, eingesetzt werden müssen, sodass der Boden wieder geschlossen wird.“
Zudem müsse das viele Reisig, das angefallen sei, „fachgerecht entsorgt werden, da sich sonst der darunter liegende Boden nicht erholen kann“. Dies geschehe in der Regel durch Räumfeuer. Aktuell sieht man deswegen an vielen Stellen der Almfläche Rauch aufsteigen. Durch aufwendige Handarbeit des Landwirts in Zusammenarbeit mit dem Forstbetrieb seien die Sanierungsarbeiten im Bereich der Fahrspuren soweit durchgeführt worden, dass sich die Flächen erholen können.
Beschädigte Flächen heuer nicht als Weideland nutzbar
Allerdings: „Die Untere Naturschutzbehörde geht davon aus, dass die Schäden so immens sind, dass sich die Böden in diesem Jahr nicht mehr erholen werden. Das bedeutet, dass sie nicht nur aus naturschutzfachlicher Sicht geschädigt sind, weil Nasswiesen, Ufer- und Quellmoorbereiche und Alpenmagerwiese zerstört sind, sondern dass die geschädigten Flächen auch nicht als Weideland zur Verfügung stehen“, so Peischer. „Der Boden braucht einige Zeit, um sich wieder zu einem belastbaren Zustand zu entwickeln.“ Die beschädigten Bereiche müssten abgezäunt werden.
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„Wir haben uns sehr bemüht“, versichert Krebs. Schon im Mai würden sich die beschädigten Flächen wieder begrünen. Bis zu einer vollständigen Erholung könnten zwei bis drei Jahre vergehen. Dabei würden sich auch die „Selbstheilungskräfte de Natur“ entfalten. „Man muss der Natur Zeit geben.“
Die Naturschutzbehörde prüft unterdessen laut Peischer, ob Ordnungswidrigkeiten vorliegen und welche Konsequenzen es gegebenenfalls gibt. (ast)