Kritik an E-Auto-Förderung vom Bund: „Steuergeld für Luxus-Dienstwagen verschleudern“

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Für luxuriöse E-Autos wie den BMW iX bahnen sich in Deutschland neue Steuererleichterungen für das kommende Jahr an. © Sepp Spiegl/Imago

Steuerbonus für Luxus-Elektroautos ohne Öko-Vorteil? Die Bundesregierung definiert die Zukunft der Mobilität und Umweltverantwortung neu. Der DUH-Chef ist außer sich.

Berlin/München – Die Ampel-Koalition plant für den Bundeshaushalt eine kontroverse Entscheidung: steuerliche Entlastungen für hochpreisige Elektroautos, die nicht als umweltfreundlich gelten. Diese Maßnahme zielt einerseits darauf ab, die stagnierende E-Mobilität zu fördern, unterstützt aber auch tatkräftig die deutsche Autoindustrie und den Markt für kostenintensive Stromer.

Kritiker wie Jürgen Resch von der Deutschen Umwelthilfe (DUH) argumentieren, dass die geplanten Steuervorteile dem ökologischen Ziel widersprechen und die Klimaschutzbemühungen hin zu sparsameren Fahrzeugen untergraben. In einem Interview geht der Geschäftsführer mit der Bundesregierung hart ins Gericht.

Neue E-Auto-Förderung: „Steuergeld für Luxus-Dienstwagen verschleudern“

Die Debatte spiegelt die Herausforderung wider, wirtschaftliche Interessen mit ökologischer Verantwortung in Einklang zu bringen: „Anstatt Steuergeld für Luxus-Dienstwagen zu verschleudern, die sich kein Normalverdiener leisten kann, sollte die Regierung die Anschaffung von kleinen und sparsamen E-Autos fördern, die auch von Pflegediensten und so weiter total dringend gebraucht werden“, sagte Resch der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ (NOZ).

Das Dreierbündnis aus SPD, Grüne und FDP einigte sich in den Verhandlungen auf eine Sonderabschreibung für neu zugelassene vollelektrische und vergleichbare Nullemissionsfahrzeuge. Darüber hinaus soll im kommenden Jahr bei der Dienstwagenbesteuerung für Elektroautos der bestehende Deckel für den Brutto-Listenpreis angehoben werden: von 70.000 Euro auf 95.000 Euro.

DUH-Chef fassungslos über „Steuergeschenke“ für Mercedes, BMW und Co.

Die Maßnahme soll den E-Auto-Neuzulassungen hierzulande auf die Sprünge helfen – schließlich entfallen traditionell rund zwei Drittel der Anschaffungen auf den Gewerbesektor, damit handelt es sich um den größten Treiber. Neben Autokäufern wären also auch deutsche Autokonzerne mit ihren Premium- bis Luxusstromern Nutznießer der ausgeweiteten E-Auto-Förderung.

Resch führt in dem Gespräch mit der NOZ aus: „Zusätzlich gefördert werden Monster-SUVs und Luxus-Dienstwagen zwischen 70 - 95.000 Euro Bruttolistenpreis. Sie verbrauchen in Produktion und im Betrieb wegen ihres Gewichts und der Größe viel zu viel Strom. Das sind Geschenke an Mercedes, BMW, Audi und Porsche. Das macht mich fassungslos.“

Auch gegen das Verkehrsministerium greift die Deutsche Umwelthilfe zu harten Mitteln:

Keine Kaufprämie, keine bezahlbaren E-Autos: „Da muss sich dann niemand wundern“

Vorwürfe macht der Umwelt-Lobbyist der Bundesregierung auch im Hinblick auf den abrupten Stopp der Kaufprämie für Stromer Ende 2023. Zeitgleich hätten zudem hiesige Hersteller kleinere, bezahlbare Stromer vom Markt genommen: „Da muss sich dann niemand wundern, dass bei uns – anders als in fast allen anderen Ländern – der Anteil von Elektro-Pkws bei der Neuzulassung auf peinliche zwölf Prozent zusammengebrochen ist.“

Der 64-Jährige bemängelt also indirekt auch die Modellstrategie der großen Autobauer, von denen allem Anschein nach lediglich VW auch im Kleinwagensegment wieder E-Mobilität ermöglichen möchte. Bis dahin springen ausländische Anbieter wie Stellantis in die Bresche, wenn es um das Thema günstige E-Autos geht.

Elektroauto-Förderung: Was Deutschland von anderen Ländern unterscheidet

Um Elektroautos in Deutschland nachhaltig zu fördern, bräuchte es nach Ansicht von Resch ein anderes Subventionsprogramm. Skandinavische Länder oder auch Frankreich (beispielsweise beim Leasing) seien geeignete Vorbilder. „Wir brauchen ein Bonus-Malus-System, das klimaschädliche Fahrzeuge massiv verteuert und Fahrzeuge, die wenig CO₂ ausstoßen und wenig Strom verbrauchen, begünstigt“, fordert der DUH-Offizielle. Auch Luxemburg setzt bei der Förderung von E-Autos auf ein derartiges Modell, hat aber keine Autoindustrie, von der viele Arbeitsplätze abhängen.

So macht Resch mitunter die hiesige Autolobby dafür verantwortlich, dass die Bundesregierung nicht zu derartigen Mitteln greift: „Eine solche Lösung wird in Deutschland seit Jahren diskutiert, scheitert aber am Widerstand der deutschen Autokonzerne.“

E-Auto-Neuzulassungen: „Deutschland ist der kranke Mann Europas“

Derweil sind im vergangenen Monat die Elektroauto-Neuzulassungen in ganz Europa zurückgegangen: Im Juni 2024 sanken die Zulassungen um ein Prozent, der Marktanteil von E-Autos von 15,1 Prozent auf 14,4 Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat. Besonders stark gingen die Verkäufe in Deutschland mit 18,1 Prozent zurück. „Deutschland ist der kranke Mann Europas, was Elektroautos betrifft“, erklärte diesbezüglich Lucien Mathieu, Autoexperte der Umweltorganisation Transport & Environment. (PF)

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