Seine Weinstube in Rottach-Egern hat Kultstatus - doch nun hört Markus Greger auf. „Das Nachtleben“, sagt er, „geht an die Substanz.“ Im Interview blickt er auf 26 Jahre hinter der Bar zurück - und verrät, wie es weitergeht.
Rottach-Egern – „Komm’, wir gehen zum Markus!“ Ein Satz genügt, und es ist klar: Gemeint ist das Restaurant Weinstube in der Nördlichen Hauptstraße in Rottach-Egern. Durch eine Holztür geht’s hinein, dann etliche Stufen hinauf, ehe man – Obacht, Kopf einziehen! – in einem der gemütlichsten Lokale am Tegernsee steht und auf Markus Greger trifft. Der steht, blitzsauber und immer mit langer Schürze, hinter seiner Bar, gießt ab dem frühen Abend schwungvoll Wein in die Gläser, zapft Bier und mixt gekonnt die Drinks. Ausgehen ohne Bar-Besuch bei Markus? Unvorstellbar! Und doch muss sich das Feiervolk am Tegernsee auf eine Zeit ohne Markus einstellen. Nach 26 Jahren hat der 59-jährige Gmunder das Lokal an Marco Fleissner (31) übergeben, bisher Betriebsleiter im Wiesseer Hotel Bussi Baby. Im Interview blickt Greger auf ein spannendes Berufsleben hinter dem Tresen zurück.
Herr Greger, Sie hören auf. War’s das wirklich?
Markus Greger: „Noch nicht ganz: Ich habe mit Marco Fleissner ausgemacht, dass ich ihn noch an ein paar Tagen pro Woche unterstützen werde. Auch hinsichtlich des Gesamtkonzepts und in Bezug auf die Weinpräsentation.“
Wie hat denn alles angefangen mit Ihrer Karriere als Barkeeper?
Greger: „Da meine Eltern in Gmund eine Metzgerei und den Gasthof Oberstöger betrieben haben, bin ich mit der Gastronomie groß geworden. Ich habe aber Drucker gelernt, dann das Abitur nachgemacht und wollte studieren. Weil ich in verschiedenen Bars gejobbt habe, bin ich in der Szene hängen geblieben. Mit meiner damaligen Freundin war ich unter anderem in New York und dort in einer Bar des legendären US-Unternehmers Andrew Silverman tätig. 1993 bin ich zurück an den Tegernsee, wo ich vier Jahre die damalige Sassa-Bar im Leeberghof geleitet habe, ehe mir 1997 die Weinstube angeboten wurde. Ein Mode-Unternehmen war zuletzt in den Räumen, zuvor eine Grillstube. Ich hab’ umgebaut und die Weinstube, so wie sie jetzt ist, erfunden. Ein Restaurant mit Bar, das gab’s vor 26 Jahren so noch nicht am Tegernsee.“
Auch interessant: Nach scharfer Kritik an Fischerei-Bistro in Bad Wiessee: Planungen abgespeckt
Bei Ihnen sitzt jeder, vom Richter bis zur Reinigungskraft, aber auch Prominenz. An wen können Sie sich besonders gut erinnern?
Greger: „Ich will da keine Namen nennen, aber tatsächlich kam die Münchner Szene am Wochenende zu mir, auch viele Wirtekollegen. Prominente Persönlichkeiten hielten sich immer ganz bedeckt, verständlich. Erinnern kann ich mich gut an den ehemaligen und bereits verstorbenen Regierungssprecher Peter Boenisch. Der saß oft gerne mittwochs schon früh am Abend mit Freunden an der Bar und hat den Tag bei einem Glas Rotwein ausklingen lassen.“
Meine news
Der Name Greger erinnert an den legendären Band-Leader Max Greger. Sie sind verwandt, stimmt’s?
Greger: „Ja, das stimmt. Max Greger sen., der 2015 verstarb, war der Bruder meines Großvaters. Sein Sohn Max Greger jun. kam auch als Gast und Musiker mit seiner Band zu uns in die Weinstube.“
Ist Ihnen eine Anekdote in Erinnerung geblieben?
Greger: „Natürlich gab’s bei uns viele rauschende Feste, auch Faschingsbälle. Einmal, das muss zum 15-jährigen Bestehen gewesen sein, hat morgens um 8 Uhr mein Telefon geklingelt. Ein Mann war dran und hat mich gebeten, ihn aus der Weinstube zu holen. Er hatte den Ausgang nicht gefunden und war neben dem Schlagzeug eingeschlafen. Wir hatten ihn beim Zusperren in der Früh um 6 Uhr einfach nicht gesehen.“
Wie hat sich Ihr Publikum in all den Jahren verändert?
Greger: „Eigentlich nicht. Es ist gleich geblieben. Wir haben uns auch schon immer um die Jugend gekümmert und versuchen, die Gäste an die Symbiose aus Bar, gutem Essen und Jazz-Musik heranzuführen. Ein enger Kontakt zum Gast war für mein Team immer wichtig.“
Als Barkeeper muss man sich auch um einsame Herzen am Tresen kümmern. Die waren und sind gut aufgehoben bei Ihnen, oder?
Greger: „Sagen wir mal so: Man kommt allein und geht als Freund, knüpft nette Kontakte. An meiner Bar haben sich einige Paare kennengelernt, da wurden einige Familien zusammengeführt.“
Lesen Sie auch: Bräustüberl-Wirt Peter Hubert im Interview: „Man muss Dinge einfach anpacken“
Wenn man nächtelang hinter dem Tresen steht, dann ist das auch anstrengend. Wie haben Sie das kompensiert? Nur mit Ausschlafen?
Greger: „Ehrlich gesagt habe ich so gut wie nie geschlafen. Das Nachtleben geht über all die Jahre schon an die Substanz. Die guten Gene meiner Mutter, ein bisschen Sport und hochwertige gute Ernährung helfen beim Ausgleich.“
Gehen Sie schweren Herzens?
Greger: „Nein, ich gehe leichten Herzens! Nach 40 Jahren Nachtleben habe ich mein Soll erfüllt. Und zuletzt hat ja auch die Corona-Zeit viel Energie gekostet. Mein Nachfolger wird das in den richtigen Bahnen weiterführen, und ich unterstütze ihn ja auch noch dabei. Schließlich soll die Weinstube das bleiben, wozu ich sie gemacht habe.“