CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann hat beim CSU-Neujahrsempfang auf Gut Kaltenbrunn deutliche Worte gefunden. Er forderte einen Mentalitätswandel, Leistung müsse sich wieder lohnen.
Landkreis – Sie standen mit ihren Traktoren dutzendfach an den Zufahrtsstraßen zum Gut Kaltenbrunn, die Protestbanner an den Kühlergrills oder Frontladern befestigt. Von ihrer Mission überzeugen mussten die Landwirte am Sonntag aber kaum jemanden. Beim Neujahrsempfang positionierte sich die CSU fest an der Seite der Bauern. Und auch der Festredner, CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann, ließ keinen Zweifel an deren Bedeutung aufkommen: „Die Landwirtschaft in Deutschland produziert die hochwertigsten Güter der Welt und sichert den Fortbestand des ländlichen Raums.“
Auch wenn die Tenne gut gefüllt war – nicht ganz so viele Gäste wie sonst tummelten sich diesmal auf Gut Kaltenbrunn. Es mag am herrlichen Ausflugswetter gelegen haben, am im bayerischen Oberland eher unbekannten Festredner oder am ungewöhnlich späten Termin. Wegen anderer Verpflichtungen Linnemanns war die Kreis-CSU mit ihrem Neujahrsempfang aufs letzte Januar-Wochenende ausgewichen – und hatte in der Einladung auch noch von 2023 geschrieben. Ein Kopierfehler.
Festredner schlägt auch selbstkritische Töne an
Es sollte der einzige – erkennbare – Ausrutscher bleiben. Gewohnt selbstsicher empfahl sich die Union als bessere politische Kraft, wobei der CDU-Generalsekretär durchaus selbstkritische Töne anschlug. Auch die Union habe in der Vergangenheit Fehler gemacht, etwa bei der Asylpolitik, und sei zerstritten und mit entkernten Inhalten in die Bundestagswahl gegangen. „Wichtig ist es aber, diese Fehler dann auch anzusprechen und daraus zu lernen“, sagte Linnemann.
„Die Ampel macht das, was die Mehrheit der Menschen nicht will.“
Die aktuelle Regierung liefere desaströse Arbeit ab, der Bundeskanzler gebe dem Land weder Haltung noch Orientierung. „Die Ampel macht das, was die Mehrheit der Menschen nicht will“, stellte der 46-Jährige fest. Sollte die Union das Ruder in Berlin übernehmen, werde sie den schwersten Rucksack an Verantwortung tragen müssen, den es jemals nach dem Zweiten Weltkrieg gab. Der stellvertretende CDU-Vorsitzende und Leiter der Programm- und Grundsatzkommission kündigte an, im Wahlkampf Klartext zu reden. „Wir müssen den Menschen deutlich sagen, was wir konkret tun und welche Entscheidungen wir zurücknehmen werden“, betonte er. Um Menschen zu Veränderungen zu bewegen, müsse die Politik bei sich selbst mit Veränderungen beginnen und verkrustete Strukturen aufbrechen. „Warum sollten Abgeordnete nicht selbst für ihre Altersvorsorge aufkommen?“, fragte Linnemann.
Der Generalsekretär forderte einen Mentalitätswandel, Anstrengung und Leistung müssten sich wieder lohnen. „Niemand in diesem Land ist gezwungen zu arbeiten“, sagte er. „Aber er darf dann auch nicht erwarten, von anderen finanziert zu werden.“ Was die AfD betrifft, so forderte Linnemann, sie inhaltlich zu stellen und damit klein zu machen: „Diese Partei will den Dexit. Jedem muss klar sein, dass das Wohlstandsverlust bedeutet.“
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Den Umgang mit der AfD hatte vor Linnemanns knackiger 30-Minuten-Rede auch der CSU-Kreisvorsitzende und Bundestagsabgeordnete Alexander Radwan thematisiert. Die Ansinnen der AfD seien höchst gefährlich. Nicht nur, dass sie in Menschen erster und zweiter Klasse unterscheide, sie propagiere auch den Ausstieg aus Nato und Europäischer Union. „Wir brauchen den europäischen Binnenmarkt aber für unseren Wohlstand“, stellte er mit Blick auf die Europawahl im Juni klar.
Kreisvorsitzender Radwan versichert Bauern breite Unterstützung
Den Bauern versicherte Radwan die breite Unterstützung der Unionsparteien. Die Proteste der Landwirte seien in geordneten Bahnen verlaufen, der Versuch, sie in die rechte Ecke zu stellen, gescheitert. „Viele aus der Bevölkerung haben sich eingereiht“, erinnerte er. „Der Frust über die Ampel ist riesengroß.“ Was die Aufnahme von Flüchtlingen betrifft, forderte Radwan Solidarität unter den Kommunen. Es gehe nur gemeinsam, nicht gegeneinander. Und er forderte einen vernünftigen Umgang miteinander. „Demokratie heißt, die Pluralität der Meinungen auszuhalten“, sagte der Abgeordnete. „Aber es gibt auch Grenzen, und diese Grenzen muss man klar aufzeigen.“
Ehe sich die Gäste des Neujahrsempfangs dem persönlichen Gespräch widmeten und später in den sonnigen Nachmittag enteilten, würdigte die Europaabgeordnete Angelika Niebler den Trägerverein Arta Terme. Er erhält diesmal die Spenden, die beim Neujahrsempfang gesammelt wurden. Vor knapp 40 Jahren unter anderem auf Initiative des früheren Landrats und Staatssekretärs Wolfgang Gröbl gegründet, betreibt er mit der Villa Belvedere in der italienischen Provinz Friaul eine europäische Begegnungsstätte. „Es ist ein wunderbarer Ort, an dem man Europa erleben kann“, sagte Niebler. Vorsitzender Gerhard Schaffer und Vizevorsitzender Monsignore Walter Waldschütz bedankten sich für die Ehrung. Waldschütz: „Diese Auszeichnung spornt uns weiter an.“