Ampel-Demonstrationen im Landkreis: Friedlich, aber unmissverständlich

  1. Startseite
  2. Lokales
  3. Miesbach

Kommentare

Deutliche Ansage: Ein Protest-Konvoi auf der B318 bei Warngau sorgt für stockenden Verkehr. © Thomas Plettenberg

Zahlreiche Landwirte und Handwerker demonstrierten gegen die Ampel. Stimmen und Statements von Politikern, Branchenvertretern und Einsatzkräften zur Protestaktion.

Landkreis – Die einen protestierten daheim im Landkreis Miesbach, die anderen fuhren zur zentralen Kundgebung des Bayerischen Bauernverbands (BBV) am Odeonsplatz in München – und manche erhoben die politische Stimme: Die Demonstrationen gegen die Politik der Ampel-Regierung waren am Montag das beherrschende Thema im Landkreis. Die wichtigsten Stimmen und Einschätzungen haben wir hier schlaglichtartig zusammengetragen.

Bundestagsabgeordneter Karl Bär bei Kundgebung in München ausgebuht

Der Holzkirchner Bundestagsabgeordnete Karl Bär war als einziger Politiker als Gastredner bei der Kundgebung auf dem Odeonsplatz geladen. Der Obmann der Grünen im Agrarausschuss des Bundestags warnte die Bauern vor Radikalisierung und forderte sie auf, es nicht den Klimademonstranten der „Letzten Generation“ gleich zu tun, die die Sympathie der Bevölkerung verloren hätten.

Lesen Sie auch: „Stoppt den Wahnsinn“: Die Ampel-Proteste in Miesbach und ihre Auswirkungen

Viel Gehör fand er mit seinen Ausführungen nicht, seine Rede ging weitgehend in wütenden Buh-Rufen, Pfiffen und „Hau ab“-Chören unter. BBV-Präsident Günther Felßners Appell, man wolle als Demokraten „ein Zeichen nach außen“ senden und ein guter Gastgeber sein, lief ins Leere. Bär war darauf gefasst, dass es ungemütlich werden dürfte, sagte er später gegenüber unserer Zeitung – obgleich er auf der Bühne durchaus angefasst wirkte. Aber: „Ich kann nicht nur da hingehen, wo ich Applaus kriege.“ Nur so könne man weiterkommen.

Bär bezweifelt, dass es allen Demonstranten noch um Diskurs geht. „Da sind viele pauschale Erzählungen in Umlauf“, sagt Bär. „Als ich gegangen bin, sind mir Leute nachgelaufen mit ,Volksverräter‘. Das macht mir große Sorgen.“ Angst habe er nicht gehabt. Der BBV habe ihn zur Bühne und zurück geleitet, Polizei und Bundeskriminalamt (BKA) waren dabei. Die Rolle des BBV beim Protest sieht er dennoch zweischneidig: Einerseits hätten die Vertreter auf der Bühne die Menge erst aufgeheizt – anderseits habe man sich dafür eingesetzt, dass er seine Rede halten konnte. „Ich glaube, dass die selbst nicht alles im Griff haben, was sie da angefangen haben.“ Im Publikum seien auch Rechtsradikale gewesen, die vom „Großen Austausch“ gesprochen hätten, und Pro-Putin-Plakate.

Rosenberger berichtet von friedlicher Demonstration in München

Martin Rosenberger, Sprecher der FW-Kreistagsfraktion, Landwirt und Handwerker aus Bayrischzell, war als Ordner des BBV in München dabei – angereist per Bus. „Die Stimmung war gut und friedlich“, berichtet Rosenberger. Besonders die Solidarität aus anderen Branchen wie dem Handwerk habe die zwischen 150 und 200 teilnehmenden Landwirte aus dem Kreis Miesbach gefreut. Die Sorge, ein paar radikale Trittbrettfahrer könnten sich unter die Demonstrierenden mischen, sei letztlich nicht begründet gewesen, findet er. Ein paar einzelne „Blindgänger“ habe die Polizei schnell herausgefischt. Ansonsten sei es spätestens jetzt an der Zeit, die Proteste nicht mehr in die rechte Ecke zu stellen.

Das Gefühl, dass der Punkt gekommen sei, um gemeinsam etwas zu verändern, sei in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Die Bundespolitik müsse endlich wieder mehr aufs Volk hören und dieses bei wirtschaftlichen, ökologischen und sozialen Entscheidungen mitnehmen, findet Rosenberger. Er betont aber auch, dass es zu kurz greife, nur die Ampel-Regierung für die aktuellen Probleme verantwortlich zu machen. Auch die Union habe vieles in die falsche Richtung gelenkt und werde bei möglichen Neuwahlen schwer zu kämpfen haben.

Martin Rosenberger steht mit Warnweste auf dem Odeonsplatz München.
Als Ordner am Odeonsplatz: Sprecher der FW-Kreistagsfraktion Martin Rosenberger bei der Demo in München © Privat

Bundestagsabgeordneter Radwan schießt gegen Ampel-Regierung

Landrat Olaf von Löwis (CSU) sagt auf Anfrage: „Die Bauernproteste sind Ausdruck tief verwurzelter Sorgen und Herausforderungen, die unsere Landwirte tagtäglich bewältigen. Es ist wichtig, zu betonen, dass die Bauern nicht die Urheber dieser Proteste sind, sondern vielmehr diejenigen, die die Lasten tragen.“ Er verstehe die Verärgerung und stehe an der Seite der Bauern, um gemeinsam nach Lösungen zu suchen, „die deren Anliegen angemessen berücksichtigen“.

Auch interessant: Nach Protestzug: Ampelkritiker wollen in Holzkirchen weitermachen - Hunderte Teilnehmer

Der Bundestagsabgeordnete Alexander Radwan meldet sich von der Klausurtagung der CSU-Landesgruppe in Seeon zu Wort. Obgleich die Teilnehmer an den Demonstrationen im Landkreis weit über den Kreis der Bauernschaft hinausgingen, stellt auch er die Landwirte in den Fokus: Die Politik der Ampel bewertet er als einen „Frontalangriff auf den ländlichen Raum“.

Viele Handwerker an Demonstrationen gegen Ampel beteiligt

Die Folge werde vor allem in Bayern mit seinen Tausenden kleinen Betrieben ein „Höfesterben ungeahnten Ausmaßes“ sein. Und weiter: „Müssen Landwirte wegen der finanziellen Einbußen reihenweise ihre Höfe aufgeben, dann ist auch die Pflege unserer einzigartigen Kulturlandschaft gefährdet.“ Das habe gravierende Folgen auch für den Tourismus. Radwan fordert, dass alle Kürzungen für die Landwirte zurückgenommen werden. „Und dann muss die Ampel weg.“

Dass sich an den Protesten auch viele Handwerker beteiligten, findet Kreishandwerksmeister Martin Heimgreiter „grundsätzlich in Ordnung“. Der Schreiner aus Waakirchen nahm selbst nicht an der Demonstration teil. „Ich finde es in Ordnung, wenn die Handwerker auch mal nichts tun für die Leute, die nicht arbeiten.“ Einen offiziellen Aufruf zum Protest gab es von Seiten der Kreishandwerkerschaft nicht. Als Motiv für die Demos sieht Heimgreiter aber unter anderem die hohen Liefer- und Mautkosten, mit denen viele Handwerker zu kämpfen hätten.

Kaum Verzögerungen für Rettungswagen - Autobahnen frei

Keine Einsatzfahrzeuge blockieren: Diesen Appell hatte das Landratsamt bereits am Wochenende an die Teilnehmer der Protest-Fahrten gegen die Politik der Ampel-Regierung ausgesandt. Er scheint gefruchtet zu haben, wie BRK-Kreisgeschäftsführer Simon Horst auf Anfrage mitteilt. „Ich habe keine Klagen gehört, das ist schon mal ein gutes Zeichen.“ Grundsätzlich seien es die Fahrer der Rettungswagen im Landkreis Miesbach gewohnt, sich mit Blaulicht und Martinshorn durch Staus zu kämpfen. So gesehen sei die Situation am Montagmorgen nichts großartig Neues gewesen. Stärker betroffen sei beim BRK aber die ambulante Pflege gewesen. „Hier ist es schon zu Verzögerungen bei den Patientenbesuchen gekommen“, sagt Horst.

Lesen Sie auch: „Es geht um uns alle“: Demonstranten machen am Tegernsee ihrem Unmut über die Regierung Luft

Freie Fahrt herrschte am Montagmorgen hingegen auf der Autobahn. Weder die Proteste, noch das Winterwetter oder der nach den Ferien wieder angelaufene Berufsverkehr hätten sich negativ ausgewirkt, berichtet die Autobahnpolizeistation Holzkirchen auf Nachfrage. Zu Blockaden sei es an keiner der drei Anschlussstellen der A8 im Landkreis Miesbach gekommen.

Keine Blockaden im Landkreis Miesbach

Seitens der Polizei wollten sich die örtlichen Inspektionen nicht äußern und verwiesen auf das Polizeipräsidium Oberbayern Süd. Die dortige Pressestelle habe Dutzende Protokolle zu Einsätzen bei den zahlreichen angemeldeten Protesten in den einzelnen Dienststellenbereichen am Montag gesichtet. Ausreißer habe es – abgesehen von Staus und Verkehrsbehinderungen – im gesamten Zuständigkeitsbereich nicht gegeben, berichtet Pressesprecher Alexander Huber auf Nachfrage. Aktive Blockaden oder andere schwerwiegendere Vorfälle seien ausgeblieben.

Auch interessant

Kommentare