Psychologin erklärt: "Innerlich leer und gereizt" – Die schleichenden Symptome von Burnout

Bin ich einfach nur erschöpft oder steckt schon ein Burnout dahinter?

Wenn man in stressigen Phasen erschöpft ist, ist das zu einem gewissen Grad normal. Wenn die Erschöpfung aber dauerhaft anhält, sich langfristig nicht durch Erholung oder freie Tage verbessert und zunehmend den Alltag beeinträchtigt, kann ein Burnout dahinterstecken. Ein Burnout zeigt sich meist durch anhaltende Energielosigkeit, eine zunehmend negative oder zynische Haltung zum Job und das Gefühl, weniger leisten zu können. 

Typisch ist zudem das Gefühl, innerlich leer zu sein, keine Freude mehr zu empfinden und selbst kleine Aufgaben als überfordernd zu erleben. Auch körperliche Beschwerden wie Schlafstörungen, Schmerzen oder Verdauungsprobleme können Warnzeichen sein. Entscheidend ist, ob man sich nach stressigen Phasen durch ausreichend Ruhe und Erholung wieder langfristig energiegeladen und fit fühlt. Wer unsicher ist, sollte sich frühzeitig professionell beraten lassen.

Über Eva Elisa Schneider

Dr. Eva Elisa Schneider ist Psychotherapeutin und Expertin für mentale Gesundheit am Arbeitsplatz. Sie arbeitet als Speakerin und Trainerin mit internationalen Unternehmen im Bereich Gesundheitsmanagement und Organisationsentwicklung zusammen. Zuvor hat sie umfassende Erfahrungen als Führungskraft in einem HealthTech Unternehmen gesammelt und war viele Jahre in der Wissenschaft sowie im Gesundheitswesen tätig. Hier geht es zu ihrer Webseite.

Was sind die häufigsten Frühwarnzeichen für ein Burnout, die fast alle übersehen?

Ein Burnout beginnt immer schleichend. Viele Betroffene merken anfangs nicht, dass die Dauerbelastung immer mehr auf den Körper und den Geist schlägt. Sie funktionieren weiter, sind aber innerlich zunehmend leer oder gereizt. Viele verlieren ihr Interesse an Hobbys, die ihnen sonst Freude bereiten, ziehen sich sozial immer weiter zurück und haben das Gefühl, wie getrieben zu sein. 

Oft fallen die ersten Anzeichen anderen Menschen im eigenen Umfeld auf, jedoch können Betroffene Hinweise von Freunden und Familie nur selten annehmen. Sie versuchen, der Arbeitslast weiter gerecht zu werden und sind wie in einem Tunnel. Wer jedoch früh auf diese Signale hört und die Sorgen des Umfelds ernst nimmt, kann sich Hilfe suchen und gegensteuern.

Welche Berufsgruppen und Persönlichkeiten sind besonders gefährdet?

Menschen in sozialen, medizinischen oder helfenden Berufen sind besonders betroffen. Auch Menschen mit hoher Verantwortung sind anfällig, wie in etwa Führungskräfte. Im Geschlechtervergleich haben Frauen aufgrund größerer struktureller Belastungen ein höheres Risiko. 

Ein häufige übersehenes Risiko ist die Neigung dazu, hohe Ansprüche an sich selbst zu stellen, schlecht Nein sagen zu können oder sich über Leistung zu definieren. Es trifft oft besonders engagierte, leistungswillige und gewissenhafte Menschen. Wichtig ist aber zu betonen, dass Burnout immer aus einem Zusammenspiel zwischen äußeren Belastungen und innerem Druck entsteht und nie auf einen einzigen Grund zurückzuführen ist. Burnout ist kein Zeichen von Versagen, sondern eine Folge chronischer arbeitsbezogener Überlastung.

Was kann ich sofort tun, wenn ich mich im Burnout wiedererkenne?

Zuerst gilt: ehrlich hinschauen und die oben genannten Warnsignale ernst nehmen. Auch wenn es schwerfällt, hilft es, Aufgaben zu reduzieren, kleine Pausen einzuplanen und bewusst Erholungszeiten zu schaffen.

Wer vertraue Personen im Umfeld hat, sollte mit ihnen das Gespräch suchen - dies entlastet oft mehr als gedacht. Insgesamt empfehle ich, unbedingt professionelle Hilfe zu suchen, denn je früher man reagiert, desto besser sind die Chancen auf Besserung. Burnout ist sehr gut behandelbar!

Wie finde ich professionelle Hilfe bei einem Burnout? Wie komme ich wieder raus?

Ein guter erster Schritt ist der Gang zur Hausärztin oder zum Hausarzt. Dort kann man Begleitsymptome wie zum Beispiel Schlafprobleme besprechen, gemeinsam die nächsten Schritte besprechen und sich - falls nötig - krankschreiben lassen. Für eine fundierte und längerfristige Behandlung empfehle ich psychosomatische Kliniken, spezialisierte Burnout-Kliniken oder Psychotherapeut:innen. 

Auch Krankenkassen und Beratungsstellen haben inzwischen hilfreiche Angebote. Zudem gibt es einige digitale Angebote, die ärztlich per Rezept verschrieben werden können, wenn z.B. Wartezeit mit zu einem Klinikaufenthalte oder einer psychotherapeutischen Behandlung überbrückt werden soll (sogenannte "Digitales Gesundheitsanwendungen", auch DiGas genannt). 

Wichtig ist zu verstehen, dass der Weg aus einem Burnout Zeit braucht und es keine schnellen "Pflaster" gibt, auch wenn man sich das in diesem Moment wünscht. Was die beste Strategie und die nächsten Schritte sind sollte im Gespräch mit der Hausärztin oder dem Hausarzt besprochen werden.

Welche Rolle spielen Handy, E-Mails und ständige Erreichbarkeit bei Burnout?

Ständige Erreichbarkeit ist ein Risikofaktor, den viele unterschätzen. Wer rund um die Uhr "on" ist, sofort auf E-Mails reagiert oder permanent am Handy hängt, bekommt keine echte Erholung mehr. Das Gehirn bleibt im ständigen Alarm- und Wachzustand und kann nicht abschalten. 

Auf Dauer führt das zu innerer Unruhe, Schlafproblemen und chronischer Anspannung. Digitale Grenzen sind daher eine dringende Notwendigkeit, um dem Nervensystem Zeit zur Regeneration zu geben. Diese Offline-Zeiten schützen unsere mentale Gesundheit deutlich mehr, als wir uns eingestehen möchten.

Dieser Beitrag stammt aus dem EXPERTS Circle – einem Netzwerk ausgewählter Fachleute mit fundiertem Wissen und langjähriger Erfahrung. Die Inhalte basieren auf individuellen Einschätzungen und orientieren sich am aktuellen Stand von Wissenschaft und Praxis.