Mittelohrentzündung: Wie entsteht sie und wie wird sie behandelt?
Starke Ohrenschmerzen, Druckgefühl und Hörprobleme – diese Symptome haben viele Menschen schon einmal erlebt. Besonders bei Kindern sind sie häufig anzutreffen. Die Rede ist von der Mittelohrentzündung.
Was ist eine Mittelohrentzündung?
Eine Mittelohrentzündung, medizinisch auch als Otitis media bezeichnet, ist eine Entzündung der Schleimhaut im Mittelohr und tritt häufig im Zusammenhang mit Atemwegsinfektionen auf. Das Mittelohr liegt zwischen dem Trommelfell und dem Innenohr und ist durch die Ohrtrompete (Eustachische Röhre) mit dem Nasen-Rachen-Raum verbunden. Diese Verbindung dient der Belüftung des Ohres und dem Druckausgleich.
Ursachen der Mittelohrentzündung
Die Hauptursache für eine Mittelohrentzündung sind Infektionen mit Viren oder Bakterien, die sich über die Ohrtrompete vom Nasen-Rachen-Raum ins Mittelohr ausbreiten. Typische Auslöser sind:
- Erkältungen und Atemwegsinfektionen: Viren oder Bakterien wandern durch die Eustachische Röhre ins Mittelohr.
- Vergrößerte Rachenmandeln (Polypen): Diese können die Eustachische Röhre blockieren und eine Entzündung begünstigen.
- Allergien: Schwellungen in den Atemwegen können den Belüftungsmechanismus des Ohres beeinträchtigen.
- Passivrauchen: Exposition gegenüber Tabakrauch schwächt die Schleimhäute und erhöht das Infektionsrisiko.
Besonders bei Kindern bis zum sechsten Lebensjahr ist die Ohrtrompete kürzer und breiter, wodurch Erreger leichter ins Mittelohr gelangen können. Auch der häufige Gebrauch von Schnullern und das nicht gestillt werden können das Risiko erhöhen.
Symptome und Krankheitszeichen
Eine Mittelohrentzündung kann sich durch verschiedene Symptome bemerkbar machen. Zu den häufigsten gehören:
- Starke, plötzliche Ohrenschmerzen: Besonders bei Kindern erkennt man dies oft daran, dass sie unruhig sind und sich häufig ans Ohr fassen.
- Druckgefühl im Ohr: Es fühlt sich an, als hätte man Wasser im Ohr.
- Hörprobleme: Durch Ansammlung von Flüssigkeit hinter dem Trommelfell kann es zu einer verminderten Hörfähigkeit kommen.
- Fieber: Oft begleitet eine Mittelohrentzündung ein allgemeines Krankheitsgefühl mit Fieber und Reizbarkeit.
- Sekretaustritt aus dem Ohr: In schweren Fällen kann eitriges Sekret aus dem Ohr fließen.
- Schwindel und Gleichgewichtsstörungen: Bei Beteiligung des Innenohrs kann es zu Schwindel kommen.
Diagnose und Behandlung
Zur Diagnose einer Mittelohrentzündung wird der Arzt das Trommelfell mit einem Otoskop untersuchen. Weitere Untersuchungen wie Hörtests und Tympanometrie können weitere Aufschlüsse geben.
Behandlungsmöglichkeiten
Die Behandlung richtet sich nach dem Schweregrad der Entzündung:
- Schmerz- und Fiebermittel: Medikamente wie Ibuprofen können Schmerzen und Fieber lindern.
- Abschwellende Nasentropfen: Diese können helfen, die Eustachische Röhre zu öffnen und die Belüftung des Mittelohrs zu verbessern.
- Antibiotika: Werden meist nur bei schwerem Verlauf oder bei hohem Fieber und Ausfluss aus dem Ohr eingesetzt, da die meisten Mittelohrentzündungen durch Viren verursacht werden und Antibiotika hier nicht wirken.
- Paukenröhrchen: Bei häufig wiederkehrenden oder chronischen Mittelohrentzündungen kann ein Paukenröhrchen eingesetzt werden, um das Mittelohr zu belüften und Flüssigkeit abfließen zu lassen.
Hausmittel wie warme Kompressen oder Zwiebelsäckchen können zusätzlich zur Linderung der Beschwerden beitragen.
Risikofaktoren und Komplikationen
Zu den Risikofaktoren für die Entwicklung einer Mittelohrentzündung gehören:
- Geschwächter Allgemeinzustand oder Immunschwäche: Patienten mit geschwächtem Immunsystem sind anfälliger für Infektionen.
- Allergien: Diese können zu Schwellungen in den Atemwegen führen und die Belüftung des Ohres beeinträchtigen.
- Strukturelle Anomalien: Kinder mit Gaumenspalten oder vergrößerten Polypen haben ein erhöhtes Risiko.
Mögliche Komplikationen
Auch wenn die meisten Mittelohrentzündungen ohne Komplikationen ausheilen, gibt es potenzielle Risiken:
- Mastoiditis: Eine eitrige Entzündung des Warzenfortsatzes des Schläfenbeins, die dringend ärztlich behandelt werden muss.
- Hirnhautentzündung (Meningitis): In seltenen Fällen kann sich die Infektion auf das Gehirn ausweiten.
- Chronische Mittelohrentzündung: Eine Entzündung, die länger als zwei Monate anhält und zu dauerhaften Schäden wie Trommelfellrissen führen kann.
- Gesichtslähmung: Bei Entzündung des Gesichtsnervs kann es zu einer einseitigen Gesichtslähmung kommen.
Mittelohrentzündung und Fliegen
Das Fliegen mit einer akuten Mittelohrentzündung kann problematisch sein, da Druckunterschiede während Start und Landung zu verstärkten Schmerzen führen können. Abschwellende Nasensprays und Schmerzmittel können helfen, die Symptome zu lindern. Vor einer Reise sollte jedoch ein Arzt konsultiert werden, um das Risiko abzuwägen.
Verlauf und Prognose
In den meisten Fällen heilt eine akute Mittelohrentzündung innerhalb von wenigen Tagen bis maximal zwei Wochen ohne bleibende Schäden aus. Eine chronische Mittelohrentzündung kann jedoch länger anhalten und sollte intensiv medizinisch überwacht werden, um Komplikationen zu vermeiden.
Vorbeugung und Schutzmaßnahmen
Es gibt verschiedene Möglichkeiten, eine Mittelohrentzündung zu verhindern:
- Rauchen vermeiden: Sowohl aktives als auch passives Rauchen sollte vermieden werden.
- Stillen: Gestillte Kinder haben ein geringeres Risiko für Mittelohrentzündungen.
- Impfungen: Impfungen gegen Pneumokokken und Haemophilus influenzae können das Risiko einer Mittelohrentzündung senken.
- Vermeidung von Schnullern: Insbesondere im Liegen sollte der Einsatz von Schnullern reduziert werden.
Behandlung von chronischen Mittelohrentzündungen
Chronische Mittelohrentzündungen erfordern eine intensivere Behandlung und Überwachung. Neben den genannten Maßnahmen kann in einigen Fällen eine operative Entfernung von Polypen oder die Anlage eines dauerhaften Paukenröhrchens notwendig sein.
Kosten der Behandlung
Die Kosten für die Behandlung einer Mittelohrentzündung variieren je nach Schweregrad und gewählter Therapie. In Deutschland werden die meisten Kosten von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen. Dazu gehören Arztbesuche, Medikamente und gegebenenfalls operative Eingriffe. Zusatzkosten können durch spezielle Medikamente oder alternative Behandlungsmethoden entstehen.
Ansprechpartner und Anlaufstellen
Betroffene sollten sich bei den ersten Anzeichen einer Mittelohrentzündung an einen Hausarzt oder HNO-Arzt wenden. Bei chronischen Verläufen oder Komplikationen kann eine Überweisung an spezialisierte HNO-Kliniken sinnvoll sein. Physiotherapeuten und Rückbildungstrainer können bei begleitenden Symptomen wie Gleichgewichtsstörungen unterstützen.
Über Benedikt Josef Folz
Prof. Dr. med. Benedikt Josef Folz ist Facharzt für HNO-Heilkunde mit der Zusatzbezeichnung „Spezielle Kopf- und Halschirurgie“ und „Plastische Operationen“. Nach seiner medizinischen Ausbildung in Wien, Hamburg und Kiel, war er von 2006 bis 2020 Chefarzt der HNO-Klinik der Karl Hansen Klinik in Bad Lippspringe. Seit 2021 führt er eine eigene Praxis im westfälischen Delbrück.
Seine klinischen Schwerpunkte sind Rhinologie, Laserchirurgie, minimal-invasive Nasennebenhöhlenchirurgie und Airway Management bei Kindern. Prof. Folz hat 99 wissenschaftliche Publikationen veröffentlicht und zahlreiche Auszeichnungen erhalten, darunter den Resident Research Award der American Society for Laser Surgery and Medicine. Er ist Mitglied renommierter Fachgesellschaften und Reviewer für internationale Fachzeitschriften.
Wichtiger Hinweis: Die hier bereitgestellten Informationen dienen nur zu allgemeinen Informationszwecken und ersetzen nicht die professionelle Beratung und Behandlung durch einen Arzt. Bei Verdacht auf ernsthafte gesundheitliche Probleme oder bei anhaltenden Beschwerden sollten Sie immer einen Arzt aufsuchen.