Polit-Krise - Türkische Finanzmärkte setzen ihre Talfahrt fort
Die Finanzmärkte in der Türkei kommen nach der Inhaftierung des Bürgermeisters von Istanbul und Rivalen von Staatschef Recep Tayyip Erdogan nicht zur Ruhe. Kurz vor Handelsende am Freitag hielt der Ausverkauf von türkischen Aktien und Staatsanleihen an. Die Verluste fielen zuletzt zum Teil stärker aus als am Mittwoch, als die Verhaftung von Ekrem Imamoglu die türkischen Finanzmärkte einbrechen ließ.
Türkischer Aktienmarkt im freien Fall
Der Leitindex der Istanbuler Börse, der Borsa Istanbul (BIST) 30, weitete seinen Kursrutsch aus und fiel bis Börsenschluss um 8,3 Prozent auf 9904 Zähler. Damit büßte er allein am Freitag 896 Punkte ein und erreichte das niedrigste Niveau seit November 2024. Bereits am Mittwoch hatte es ähnlich starke Kursverluste am türkischen Aktienmarkt gegeben.
Auch der breiter gefasste ISE NATIONAL 100 kam am Freitag erneut unter die Räder: Der Index verlor 6,85 Prozent auf 9050 Zähler.
75 Milliarden Euro an Börsenwert vernichtet
Vor der Verhaftung des Istanbuler Bürgermeister Imamoglu hatte sich der BIST 30 noch an seinen Rekord vom Juli 2024 herangepirscht. Seither ging es mit dem Kursbarometer um mehr als 18 Prozent bergab. Vor den Kursstürzen lag der Börsenwert aller türkischen Aktien bei rund 417 Milliarden Euro. Die kollabierenden Kurse führen zu einem Wertverlust in Höhe von rund 75 Milliarden Euro.

Türkische Staatsanleihen fliegen weiter aus den Depots
Einen weiteren Ausverkauf gab es vor dem Wochenende auch bei türkischen Staatsanleihen. Im Gegenzug ging es mit den Renditen stark nach oben. In der Laufzeit von zehn Jahren sprang die Rendite bis auf knapp 31 Prozent.
Seit Beginn der Handelswoche ist die Rendite damit fast vier Prozentpunkte gestiegen. Zum Vergleich: Deutsche Bundesanleihen werden aktuell nur mit einer Rendite von 2,76 Prozent gehandelt. Das ist nicht einmal ein Zehntel der Zinswerte türkischer Staatsanleihen.
Staatspräsident Erdogan lässt weiter hart durchgreifen
Zuletzt haben Behörden in der Türkei für Istanbul und weitere Städte und Provinzen ein Demonstrationsverbot verhängt. In der Hauptstadt Ankara gilt bis einschließlich Dienstag (25. März) für fünf Tage eine Demonstrations- und Versammlungssperre. Zuvor hatte die türkische Oppositionspartei CHP zu landesweiten Demonstrationen aufgerufen.
Am Mittwoch war Imamoglu - wenige Tage vor seiner geplanten Ernennung zum Präsidentschaftskandidaten - verhaftet worden. Ihm wird unter anderem die Mitgliedschaft in einer kriminellen Organisation und Korruption vorgeworfen. Die nächste Präsidentschaftswahl in der Türkei findet im Jahr 2028 statt. Imamoglu sollte langfristig als Alternative zu Erdogan aufgebaut werden.
Türkische Lira bleibt unter Druck
Am Devisenmarkt stand die türkische Lira kurz vor dem Wochenende unter Verkaufsdruck. Allerdings hielten sich die Verluste in Grenzen. Zuletzt wurden für einen Dollar 38 Lira und für einen Euro etwas mehr als 41 Lira gezahlt.
(mit dpa)