„Wäre sträflich, diese Chance ungenutzt zu lassen:“ Landkreis Freising klagt gegen Startbahn-Beschluss
Das Echo folgt prompt: Nachdem der Beschluss für die 3. Startbahn am Flughafen „ewige“ Gültigkeit erlangt hat, zieht nun der Landkreis Konsequenzen.
Freising/Flughafen - Seitdem im Juli 2005 der Aufsichtsrat der FMG erstmals die Notwendigkeit einer 3. Startbahn erklärt hat und ein Jahr später das Raumordnungsverfahren eröffnet wurde, kämpft der Landkreis Freising mit allen Mitteln gegen das Projekt im Erdinger Moos. Der Protest dagegen, dass der Planfeststellungsbeschluss ewig gelten soll, zeigt: Die Reihen sind weiterhin geschlossen, die nächste Klagewelle rollt.
Am Donnerstag vergangener Woche empfahl der Kreisausschuss dem Kreistag, Landrat Helmut Petz im Fall des Falles zu einer Klage gegen den Antrag der FMG auf Gültigkeit des seit 2016 rechtskräftigen Planfeststellungsbeschlusses über zehn Jahre hinaus zu ermächtigen. Kaum jemand rechnete wohl damit, dass der Kreistag an diesem Donnerstag keinen vorsorglichen Beschluss mehr zu fassen hatte, sondern sich das Votum auf die tatsächlich erfolgte Genehmigung des FMG-Antrags durch das Luftamt Südbayern beziehen würde.
Die Chance, die dritte Startbahn jetzt zu Fall zu bringen, ist so groß wie nie.
Landrat Petz ordnete die Sachlage, die sich durch den FMG-Antrag ergeben habe, ein: „Die Chance, die dritte Startbahn jetzt zu Fall zu bringen, ist so groß wie nie“, gab er sich optimistisch. Es wäre deshalb schon fast „sträflich, wenn wir diese Chance ungenutzt verstreichen lassen“. Freilich sei die Frage, ob mit dem Bau des S-Bahn-Tunnels und einer Erschließungsstraße sowie mit dem Ankauf von Grundstücken für die 3. Startbahn die Umsetzung des Planfeststellungsbeschlusses bereits begonnen habe oder nicht, eine juristisch schwierige Angelegenheit.
Rechtlich knifflig ist für den ehemaligen Richter Petz auch die Frage, ob man einen Planfeststellungsbeschluss teilen könne, und ob die oben beschriebenen Maßnahmen ein Verstoß gegen den Münchner Bürgerentscheid aus dem Jahr 2012 und gegen das im Koalitionsvertrag zwischen CSU und Freie Wähler 2018 und 2023 festgeschriebene Moratorium seien. Denn wenn, so Petz, wie von der FMG behauptet, die Maßnahmen bereits zum Bau der 3. Startbahn gehörten, dann hätte auch die Landeshauptstadt München als Gesellschafter zustimmen müssen, was ihr aber durch den Bürgerentscheid untersagt sei.
Ich hoffe, dass die Klage den Flughafen etwas aus seinen Träumen herausholt.“
Und was wären die Folgen, sollte sich die FMG tatsächlich über Moratorien und Bürgerentscheid hinweggesetzt haben? Besonders optimistisch macht Petz der im Luftverkehrsgesetz festgeschriebene Verfassungsgrundsatz, dass man sich nicht blind stellen und ein Projekt weiterverfolgen dürfe, von dem man wisse, dass es Mensch und Natur extrem belaste und nicht dringend notwendig sei. Angesichts der Zahl der Flugbewegungen (2023 waren es 302 000 statt der – je nach FMG-Prognose – 580 000 beziehungsweise 530 000) sehe er da keine Planrechtfertigung.
Leon Eckert (Grüne) warf der FMG ein „doppeltes Spiel“ vor und hoffte, dass die Klage den Flughafen „etwas aus seinen Träumen herausholt“. Rainer Schneider (FW) appellierte eindringlich, geschlossen zu handeln. Der Feststellungsbeschluss des Luftamts sei „das Logischste von der Welt“, die größten Chancen, die Bahn zu beerdigen, würden die Prognosen bieten. „Die waren schlicht und einfach falsch.“
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Die FMG hat so viele andere Aufgaben, um die sie sich kümmern sollte.
Auch die CSU stehe hinter der Klage, betonte Manuel Mück. Die FMG habe so viele andere Aufgaben, um die sie sich kümmern solle, da fehle ihm für so ein Vorgehen, wie es der Nachbar FMG jetzt an den Tag lege, jegliches Verständnis, erklärte Peter Warlimont (SPD). In der von Rupert Popp (FW) beantragten namentlichen Abstimmung votierten die beiden AfD-Kreisräte Melanie Daniel und Gerhard-Michael Welter gegen die Klage.
Der Beschluss des Landkreises erfolgte am Donnerstagnachmittag. Wenige Stunden später zog der Stadtrat Freising nach. Hier herrschte Einigkeit darüber, „gegen diesen unsäglichen Bescheid Klage zu erheben“, wie es der Stadtdirektor und Experte im Abwehrkampf gegen die 3. Startbahn, Gerhard Koch, formulierte. BN-Geschäftsführer und Grünen-Stadtrat Manfred Drobny hatte Zahlen in die Sitzung mitgebracht, die zeigten, wie weit Prognosen und Realität der Flugbewegungen mittlerweile auseinanderklaffen.
Und auch bei der Jahreshauptversammlung des Startbahn-Widerstandsbündnisses Aufgemuckt wurde angekündigt, Klage einzureichen. Hier wird wohl der Bund Naturschutz tätig. Allerdings sind auch weitere Maßnahmen im Kampf gegen die Erweiterung des Flughafens geplant.