Stadtbild-Debatte: „Tanz im Minenfeld“ – es geht nicht nur um „Töchter“

Herzlichen Dank für Ihre zahlreichen Erfahrungsberichte zur „Stadtbild“-Debatte.

Die meisten Absender verstanden die Merz-Aussage so, wie der Kanzler sie gestern in London präzisierte: Einwanderer seien „unverzichtbar“, so Merz. Probleme machten aber jene, die keinen dauerhaften Aufenthaltsstatus hätten, nicht arbeiteten, sich „auch nicht an unsere Regeln halten“ und teilweise das öffentliche Bild in den Städten bestimmten.

Auch in anderen EU-Ländern erzeuge das Angst, „sich im öffentlichen Raum zu bewegen“ – und man müsse die Ursachen dieser Probleme gemeinsam lösen.

Es geht nicht nur um „Töchter“

Es erreichten uns übrigens deutlich mehr Zuschriften von Frauen als sonst. Eine Mutter aus Berlin mailte: „Meine Söhne meiden mittlerweile bestimmte Fitnessstudios und Clubs, weil sie dort wiederholt auf aggressive Gruppen getroffen sind. Wenn ein Politiker wie Kai Wegner dann die Sorgen der Menschen als übertrieben abtut, fühlen wir uns nicht ernst genommen.“

Und: Das Unbehagen überschreitet Parteigrenzen.

Eine Grünen-Wählerin („in Baden-Württemberg kann man das noch“) schrieb: „In Böblingen ist es in Bahnhofsnähe sehr problematisch und, ja, es ist das Stadtbild – da fühle ich mich im eigenen Land fremd und habe ein Unsicherheitsgefühl.“

Der gefährlichste Ort…

Man kann der Dame darauf natürlich mit Statistiken antworten, wie die Linken-Politikerin Heidi Reichinnek: „Der gefährlichste Ort für Frauen ist ihr eigenes Zuhause.“

Doch die – bedrückenden – Zahlen zu häuslicher Gewalt und Tötungsdelikten durch (Ex-)Partner stärken das Sicherheitsempfinden kein Stück: weil die allermeisten Frauen zu Hause eben nicht von einem prügelnden Ehemann oder Freund erwartet werden, viele aber bei Dämmerung nicht mehr joggen oder Taxi statt ÖPNV fahren.

Rauchend, grölend, auf den Boden spuckend

Zuletzt möchte ich das Schreiben eines Familienvaters, Ingenieurs „und Normalos aus einem bürgerlichen Stadtteil“ mit Ihnen teilen: „Zu unserem ,Stadtbild’ gehören, insbesondere nach 20 Uhr, neben einer insgesamt guten Lebensatmosphäre, auch Protzkarren vor Shisha-Bars, die entweder falsch parken oder mit völlig überhöhter Geschwindigkeit die Straße hoch und runter ballern, oder Gruppen von jungen Männern, die den Gehweg versperren, rauchend, auf den Boden spuckend und grölend.“

Der Herr würde „nie CDU wählen“, doch er befürchtet, „die Wortführer, Sprachrohre und Kommentatoren sämtlich links von der CDU scheinen nicht begriffen zu haben: Die CDU ist das letzte Bollwerk gegen die AfD!“ Probleme seien zwar den meisten offenkundig, ließen sich aber kaum objektiv in Worte fassen: „Beiträge zu diesem Thema zu formulieren ist selbst für Wortgewandte ein Tanz im Minenfeld!“

Man müsse, schrieb der Leser, deshalb „CDU-PolitikerInnen die Möglichkeit bieten, sich zu den Themen Migration/Integration zu äußern, ohne diese gleich als Rassisten zu beschimpfen.”

Nützlich wäre es allerdings durchaus, wenn sich auch SPD-Parteichef Lars Klingbeil ein wenig ans Bollwerk machte, statt den Koalitionspartner für die angebliche Spaltung Deutschlands zu maßregeln.

Wir lesen auch weiterhin alle Ihre Zuschriften an: feedback@focus-magazin.de* (nur können wir leider nicht immer antworten)