Menschen werden bisweilen von den merkwürdigsten Träumen und Obsessionen befeuert. Manche wollen unbedingt einen Rauhaardackel, eine Uhr von Patek Philippe oder einfach mal Kaffee trinken mit Barbara Schöneberger. Donald Trump, 79, möchte den Friedensnobelpreis. Sie lachen? So ging’s mir auch lange.
Ist ja nicht schwer, sich über diesen präsidialen Poltergeist lustig zu machen. In nicht mal einem halben Jahr hat er die Weltwirtschaft angezündet, das iranische Atomprogramm mit Luftschlägen ein paar Jahre zurückgebombt und sein eigenes Land noch weiter gespalten, als es je war.
Donald Trumps Credo: „Ich hasse meine Gegner“
Außerdem hat er jüngst sein Verteidigungs- in Kriegsministerium umgetauft. Er fährt gefühlt jeden Tag in einer anderen US-Stadt Truppen der Nationalgarde auf, als müsse er den nächsten Bürgerkrieg geradezu herbeibefehlen. Und erinnern Sie sich an die Trauerfeier für den Polit-Influencer Charlie Kirk?
Nachdem dessen Witwe Erika auf großer Bühne dem Mörder ihres Mannes verziehen hatte, murmelte der US-Präsident: „Ich hasse meine Gegner, und ich wünsche ihnen nicht das Beste.“ Trump und ein Preis als Friedenstäubchen?
Trumps Albtraum: Barack Obama
Erst jüngst trat Trump vor der Vollversammlung der Vereinten Nationen in New York auf. Fast eine Stunde lang beschimpfte er seine Gastgeber und zählte sieben Kriege auf, die er beendet haben will, was selbst etliche der angeblich Befriedeten anders sehen. Wofür das alles? Er! Will! Nach! Oslo!
Dabei ist der Friedensnobelpreis quasi das Show-Ballett unter den fünf klassischen Preisen. Für Disziplinen wie Chemie oder Physik muss man nachweisbar was auf dem Kasten und die Welt mit wissenschaftlicher Expertise vorangebracht haben. Entdeckung des Penicillins aufwärts. Aber Frieden?
Auf dem Terrain wurde 2009 sogar schon Trump-Vorgänger Barack Obama ausgezeichnet – für nicht mehr als die dann schwer enttäuschte Hoffnung, er könne der Welt Ruhe bringen. Ist es das? Will Trump mit dem verhassten Amtsvorgänger endlich gleichziehen?
Immerhin hat er gerade einen historischen Schritt hin zu einem Frieden in Nahost eingeleitet, den Politiker-Generationen vor ihm nie hinkriegten. Er kann offenbar Krieg und Frieden. Was würde der Stifter Alfred Nobel sagen? Der hat schließlich auch das Dynamit erfunden, um der Welt letztlich Frieden zu bringen.
Trumps Chance: Frieden in Gaza
Das fünfköpfige Nobelpreis-Komitee in Oslo ist nicht zu beneiden: Wenn es Trump heute Mittag zum neuen Friedensfürsten kürt, wären die Empörungsstürme mindestens so laut wie die Begeisterung der Trump-Fans. Man sei eingeknickt vor den Drohungen des Amerikaners, würde es heißen.
Und wenn die Jury ihm den Preis vorenthält? Es ist ja mit allem zu rechnen: Dass Norwegen dann mit 150 Prozent Sonderzöllen bestraft wird. Dass US-Flugzeugträger fortan im Skagerrak patrouillieren. Oder dass Trump zumindest den Band-Mitgliedern von Abba die US-Einreise verweigert, weil er nicht weiß, dass das Schweden sind. Aber Spaß beiseite!
Man könnte doch einfach noch gemeinsam ein Jahr warten. Dann weiß man nicht nur, ob der Frieden hält in Gaza. Trump könnte in der Zwischenzeit en passant noch all die anderen Kriege beenden, von der Ukraine bis zum Sudan. Wer wollte ihm den Friedensnobelpreis 2026 dann nicht von ganzem Herzen gönnen?
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