Am Freitag wird der Tag der Deutschen Einheit gefeiert. Zum 35. Mal wird es schwermütige Reden geben in Bundespräsidenten-Moll. Um es vorwegzunehmen: Diese Einheit ist auf derart gutem Weg, dass man wenigstens das Amt der „Ostbeauftragten“ endlich abschaffen sollte (und den Soli gleich mit).
Die aktuelle Amtsinhaberin heißt Elisabeth Kaiser, ist Sozialdemokratin und nun eine fleißige Staatsministerin. Die 38-Jährige hat gerade das abgeliefert, was man von ihr erwartet: einen 138-seitigen Jahresbericht, den nicht mal ihre Familie lesen dürfte, so erwartbar ist er. Kaiser wurde 1987 in Gera geboren und kennt die DDR nur noch aus Erzählungen. Das ist völlig okay.
Der Osten ist kein renitentes Kind
Aber ihr Amt muss inzwischen wie Hohn wirken für ihre 17 Millionen Mitbürger in den neuen Ländern. Weil der Westen damit auf den Osten schaut wie ein Lehrer auf den dummen Schüler oder eine Mutter auf ihr renitentes Kind. Und weil schon dieses Amt so tut, als sei da immer noch eine Art kommunistischer Jurassic Park zu verwalten, den es wahlweise zu kultivieren oder zu domestizieren gilt.
Erinnern Sie sich an den vorletzten Ostbeauftragten Marco Wanderwitz? Der CDU-Mann, selbst gebürtiger Chemnitzer, erklärte seine eigenen Landsleute vor vier Jahren zu einer Art Ork-Stamm: „Wir haben es mit Menschen zu tun, die teilweise in einer Form diktatursozialisiert sind, dass sie auch nach 30 Jahren nicht in der Demokratie angekommen sind.“ Na danke!
Man kann gar nicht oft genug betonen, dass diese vermeintlichen Hinterwäldler sich die Demokratie 1989 so mutig und ohne Blutvergießen erkämpft haben, wie wir im Westen das nie nötig hatten. Seither kam es trotzdem zu vielen Enttäuschungen, die zuletzt für hohe AfD-Wahlergebnisse sorgten. Davon wiederum fühlen sich in ihren altbackenen Klischees viele im Westen bestätigt, die sich lieber mal die Frage stellen sollten: Sind diese „Ossis“ vielleicht einfach sensibler für politische Entwicklungen?
Der Westen pflegt altbackene Klischees
In ganz Europa sind konservative Parteien aktuell auf dem Vormarsch. Warum sollte ausgerechnet der Planet Deutschland eine rot-grüne Insel bleiben? Man kann ja nicht behaupten, dass unter den Kanzlern Merkel, Scholz und bislang auch Merz alles tippitoppi gelaufen wäre, oder? Die AfD hat sich jüngst selbst in den Ruhrgebiets-Herzkammern der SPD breitgemacht. Sie ist also wie so vieles andere nun ein gesamtdeutsches Phänomen.
Die klassischen Parteien der alten Bundesrepublik müssten endlich „die Sorgen ihrer Wählerschaft wieder ernst nehmen, statt nur zu versuchen, mit wachsender Verzweiflung einen neuen Angreifer kleinzukriegen. Das ist doch kein Programm. Keine Lösung“, sagt Lars Dittrich, gebürtiger Ostdeutscher und erfolgreicher Unternehmer.
Chancen und Probleme sind längst gesamtdeutsch
Dittrich erklärte meiner Kollegin Franziska Reich und mir jüngst, weshalb die Ost-West-Debatten eigentlich nichts mehr bringen. Zwischen Garmisch und Uckermark gäbe es doch längst genügend gesamtdeutsche Probleme, aber auch Erfolge zu besprechen. Und wo es noch Differenzen gibt, sind die vielleicht völlig okay. Wer schreit denn immer, man müsse Vielfalt fördern?
Wir „Wessis“ sollten deshalb endlich aufhören, weiter rumzuheulen! Es wird nie mehr so gemütlich wie vor 1989! Gut so!