Haben Sie am Wochenende die Drohnen-Alarme an deutschen Flughäfen verfolgt? Die Wartereien, Flugausfälle, das Chaos? Es war also eigentlich wie immer im Land von Eurowings und Deutscher Bahn. Nur diesmal mit dem nächtlichen Nervenkitzel: Es könnte Putin gewesen sein.
Womöglich ist das unsere geheime Militärstrategie: Wir stellen uns so lange so doof an, bis ein Aggressor sich kaputtgelacht hat. Ende vergangener Woche war’s fast soweit. Da fragte ein Moderator den Kreml-Chef bei einem Forum, weshalb er so viele Drohnen gen Westen schickt. Putin antwortete keck schmunzelnd in der Art: Okay, okay, er mache es nie wieder. Nur um dann gespielt ernst darüber zu räsonieren, dass es im Westen ja eh viele Ufo-gläubige Spinner gebe.
In Deutschland ging derweil eine ernste Debatte los, wer für mögliche Drohnen-Abschüsse überhaupt zuständig wäre? Wenn ich’s richtig verstehe, birgt die Rechtslage wie meist ein großes Dilemma.
Wann ist der Russe in der Uckermark?
Die einen dürften, aber können nicht: Die Polizei der Länder hat nämlich schlicht keine Geräte, um irgendwas vom Himmel zu holen. Die anderen wollen, dürfen aber nicht: Die Bundeswehr hat ein paar der Störsender-Kanonen (der schultergestützte Effektor-Typ HP 47 scheint in Fachkreisen beliebt), ist aber für deren Einsatz nicht befugt außerhalb ihrer eigenen Stützpunkte.
Bis das Luftsicherheitsgesetz angepasst ist, dürfte der Russe schon in der Uckermark stehen. Wahrscheinlich scheitert unsere Verteidigung obendrein am Arbeitsrecht. An gesetzlichen Feiertagen und Wochenenden ginge gar nix mit Kampf. Sonst macht sich der Russe zivilrechtlich angreifbar.
Aber im Ernst: Wir kriegen ja nicht mal die Reanimation der Wehrpflicht hin. Eine Debatte zu einer Neufassung des Gesetzes torpediert gerade die Unionsfraktion, die es strenger möchte. SPD-Verteidigungsminister Boris Pistorius will dem Nachwuchs das Thema Landesverteidigung derweil lieber einfühlsam nahebringen. Freiwillig-verpflichtend oder so ähnlich. Wo man hinschaut, gibt’s im Pistorius-Reich trotz Unsummen Geldes Probleme. Wie bei den Drohnen.
Dobrindt will ein Drohnenabwehrzentrum
Die Bundeswehr dürfte der Polizei sogar nur dann Amtshilfe leisten, wenn ein „besonders schwerer Unglücksfall“ droht. So will es das Grundgesetz. Wenn CSU-Innenminister Alexander Dobrindt nun ein „Drohnenabwehrzentrum“ einrichten will, sollte er sich deshalb erstmal mit dem Bundesverfassungsgericht auseinandersetzen.
Die Karlsruher haben 2012 geurteilt: „Ein ins Vorfeld des Katastrophengeschehens verlagerter Einsatz der Streitkräfte ist unzulässig.“ Eine russische Drohne dürfte also erst abgeschossen werden, wenn ihre explodierten Fetzen bereits im zerstörten Straßenzug einer deutschen Großstadt gefunden werden?
Ich nehme an, dass man selbst für den Abschuss einer zivilen Drohne (zum Beispiel DJI Minimit 4K UHD Kamera, 3-Achsen-Gimbal-Stabilisierung etc.), die es bei Amazon schon ab 239 Euro gibt, nicht nur eine Zweidrittelmehrheit des Bundestages bräuchte. Mindestens müssten obendrein zwei Bundespräsidenten a.D. ihr „Go“ signalisieren. Und Günther Jauch. Und der DGB. Und Luisa Neubauer. Und Jim Knopf. Und und und …
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