Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger und Europaabgeordnete Christine Singer kommen zum politischen Abend ins Lenggrieser Bierzelt.
Lenggries – Die Temperaturen sprachen eher für Badesee als Bierzelt. Deshalb waren die Reihen im Lenggrieser Festzelt am Dienstag nur locker besetzt, als Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger und Europaabgeordnete und Landesbäuerin Christine Singer (beide Freie Wähler) ans Rednerpult traten. Für Aiwanger war es nach seinem Besuch am Reutberg im März schon der zweite Bierzelt-Auftritt im Tölzer Land.
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Auftakt des Kommunalwahlkampfes mit Bürgermeister und Landratskandidat
Da der politische Abend auch als Auftakt des Kommunalwahlkampfes angekündigt worden war, hatte das erste Wort Bürgermeister Stefan Klaffenbacher (FWG). Die Herausforderungen für die Kommunalpolitik würden immer anspruchsvoller, sagte der Lenggrieser Rathauschef. Entwicklung des Kasernenareals, Kinderbetreuung, Ganztagsbetreuung für Grundschulkinder, Erhalt der Infrastruktur nannte Klaffenbacher als Beispiele.
Speziell bat er Aiwanger darum, sich für ein Förderprogramm einzusetzen, das Maßnahmen in kommunalen Bädern wie der Isarwelle unterstützen könnte. „Das Bad ist nicht nur für unsere Leute wichtig, sondern auch vom touristischen Aspekt her.“ Generell wünschte sich Klaffenbacher von der großen Politik „Stabilität, Planungssicherheit und Entbürokratisierung“.
Landesbäuerin appelliert an Frauen, sich aufstellen zu lassen
Klaffenbacher selbst will sich am 8. März 2026 erneut zur Wahl stellen. „Die Arbeit als Bürgermeister macht mir viel Spaß. Ich mache es gerne.“ Ebenfalls zur Wahl stellen wird sich Ludwig Schmid. Der Freie Wähler möchte die Nachfolge von Landrat Josef Niedermaier (FW) antreten. Auch er nutzte die Bühne, um sich in aller Kürze vorzustellen. Er sei – „Achtung“ – aus Geretsried. Da lachen schon die ersten“, meinte Schmid. Seine Familie stamme aber eigentlich aus Lenggries. „Mein Papa ist hier geboren, meine Vorfahren waren Flessler.“ Dabei beließ es der designierte Landratskandidat, „weil Ihr im Wahlkampf noch so viel von mir hören werdet“.
Europaabgeordnete Christine Singer nutzte die Gelegenheit, um an die Frauen zu appellieren, sich bei der Kommunalwahl um ein politisches Amt zu bewerben. Es gebe viele Themen, in den Frauen besser drin seien. „Traut‘s euch“, sagte Singer.
Die Entwaldungsrichtlinie, „dieses unsägliche Gesetz“
Ansonsten gab sie einen kleinen Einblick in die komplexe Arbeit im EU-Parlament. Ein Thema ist „dieses unsägliche Gesetz, die EUDR“, die Entwaldungsrichtlinie. „Ab 2026 muss man an jedem Baum, den man umschneidet, mit dem Handy einen Geopunkt setzen, damit man am Schluss, wenn man Klopapier kauft, jeden Baum, der drin ist, da drauf schreiben und nachweisen kann, dass der Baum nicht gerodet worden ist.“ Der Schutz von Urwäldern sei wichtig, sagte Singer. „Aber wir haben in Deutschland ein funktionierendes Waldgesetz und kein Entwaldungsproblem.“ Die EUDR treffe im Übrigen auch Rinderhalter. Auch hier müsse beim Fleischverkauf nachgewiesen werden, dass das Rind nicht auf einer gerodeten Fläche geweidet hat.
Schwierige Förderung von Almbauern mit Flächen in Österreich
Singer streifte weitere Themen – vom Mercosur-Handelsabkommen bis zur geplanten neuen Tiertransportverordnung. Hier sei vorgesehen, dass bei jedem Verladen ein Veterinär anwesend sein muss. „So viele Veterinäre gibt es gar nicht“, sagte Singer. Themen wie dieses hatte sie auch schon vor der Veranstaltung bei einem Besuch auf dem Hof von Bezirksalmbauer Stefan Heiß angesprochen. Dabei ging es zudem um die schwierige Förderung bayerischer Almbauern, die ihre Flächen ausschließlich in Österreich haben.
Wer heute ein Mietshaus baut, wird ja als böser Kapitalist angeschaut
Aiwanger machte dann ein ganz breites Feld an Themen auf. Er brach eine Lanze für die bäuerliche Landwirtschaft und die Tierhaltung. Landwirte müssten sich immer mehr gegen ideologische Übergriffe wehren, „von Leuten, die von der Sache nix verstehen“. Schon kleinen Kindern werde beigebracht, „dass Cola und Cannabis gesund sind, aber Fleisch und Milch nicht“. Der Wirtschaftsminister sprach sich für die Nutzung heimischen Holzes aus, für Technologieoffenheit statt Verbrennerverbot, die Abschaffung der Erbschaftssteuer und eine Politik „für Vermieter. Aber wer heute ein Mietshaus baut, wird ja als böser Kapitalist angeschaut“.
Generell brauche es eine Politik, „die den Gemeinden wieder mehr Entscheidungsspielräume gibt“. Bauen müsse einfacher werden. Es brauche nicht für jeden Kindergarten einen Architektenwettbewerb, der zu einem millionenschweren „Glas-Beton-Palast“ führe. Aber auch andere Bauvorhaben müssten „schneller, billiger und automatisierter“ realisiert werden. Aiwanger wünschte sich mehr Rückendeckung für diejenigen, die gerade auch in der Kommunalpolitik Verantwortung tragen. „Es darf nicht jeder Nörgler, der noch nie eine Schaufel in der Hand gehabt hat, gescheiter sein als jeder Bürgermeister.“
Bürgergeld nur für die Menschen, die unverschuldet in Not geraten sind
Immer wieder ging es um das Thema Bürgergeld. Weil der Bund dafür so viel ausgebe, könne man die mögliche Stromsteuer-Senkung nicht an die Bürger weitergeben. „Mittlerweile wird in allen Sprachen weltweit geworben, wer nach Deutschland kommt, kriegt Bürgergeld.“ Besser wäre es, sich „auf die Menschen zu konzentrieren, die unverschuldet in Not geraten sind und nicht jedem Ukrainer und jedem, der aus Dritt-Welt-Ländern zu uns kommt und nicht in den Arbeitsprozess integriert werden kann, Bürgergeld zu zahlen. Das ist ein Fehler.“ Auch im Gesundheitsbereich würden „Milliarden zweckentfremdet“ für Bürgergeldempfänger.
Aiwanger sprach sich für konsequente Abschiebung von straffällig gewordenen Flüchtlingen aus. „Wer arbeitet, fleißig ist und sich an unsere Gesetze hält, ist herzlich willkommen. Aber wer randaliert, bei uns einen Gottesstaat einführen will und mit dem Messer herumfuchtelt, der gehört festgenommen, ins Flugzeug gesetzt und heimgeflogen. Die brauchen wir nicht.“