„Da müssen alle dahinterstehen“: Oberbayerische Familie wandelt Café in Hotel um

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Ein eingespieltes Team: Peter Fritz mit seiner Frau Elisabeth (re.) und Tochter Sandra. © Arndt Pröhl

Gastlichkeit hat im Tölzer Land Tradition. Es gibt viele Hotels, Pensionen und Ferienwohnungen, die über Generationen hinweg in Familienhand sind. Über die Jahrzehnte hat sich freilich vieles verändert: Aus einfachen Herbergen wurden oft komfortable Feriendomizile. Die Serie „Gastgeber mit Geschichte“ beleuchtet Beherbergungsbetriebe im Wandel der Zeit.

Schon vor dem Zweiten Weltkrieg fanden Urlauber und Durchreisende im heutigen Hotel am Wald ein warmes Bett in einem der damals sehr einfach eingerichteten Fremdenzimmer mit Etagenbad. Heute, mehr als 110 Jahre später, ist der Betrieb immer noch in den Händen der Familie Fritz. Mittlerweile in vierter Generation. Was einst als Café in Friedhofsnähe mit Fremdenzimmern begann, ist heute ein modernes Hotel mit Wellnessbereich und Restaurant am Rande der Isarstadt.

Ein Bild aus alten Zeiten: Wo heute ein Wohngebiet um das Café und Hotel ist, waren früher vor allem Felder.
Ein Bild aus alten Zeiten: Wo heute ein Wohngebiet um das Café und Hotel ist, waren früher vor allem Felder. © Arndt Pröhl

„Meine Großeltern haben das Haus 1913 erworben und ein Café eröffnet. Damals musste man einen Bedarfsnachweis erbringen. Aber da 1909 der Waldfriedhof eröffnet wurde, hat das gut gepasst“, berichtet Peter Fritz. Gemeinsam mit seiner Frau Elisabeth, die aus der Schweiz nach Tölz zog, führt er in dritter Generation den alteingesessenen Beherbergungsbetrieb. Noch. „Wir sind aktuell in der Übergabe.“ Tochter Sandra Fritz hat sich nach langem Überlegen entschieden, das Familienerbe anzutreten und weiterzuführen. „Seit ich 15 Jahre alt bin, bin ich hier mit dabei. Auch, wenn es eine enorme Verantwortung ist und sich das ganze Leben nach dem Hotel richtet, hätte ich einfach nicht verkaufen wollen.“ Überdies sei es eine große Bereicherung, mit der ganzen Familie zusammenzuarbeiten. „Als ich ein Kind war, hatten meine Eltern zwar immer sehr viel Arbeit, aber es war auch immer jemand da“, unterstreicht sie.

Badekuren spielten große Rolle

Jede Generation trug ihren Teil für die Weiterentwicklung des Unternehmens bei. Bereits die Eltern von Peter Fritz erweiterten das gemütliche Café in den 1960er-Jahren mit einem Neubau direkt nebenan. Hier entstand dann das Hotel am Wald mit 34 Zimmern. „Sogar Thomas Mann hat in den Zimmern seine Gäste untergebracht“, berichtet Peter Fritz. Fortan modernisierte die Familie immer mehr. So wie es ab 1992 auch Peter und Elisabeth Fritz machten. Die Zimmeranzahl blieb gleich. „Aber wir haben sehr viel renoviert, einen Wintergarten angebaut, einen Wellnessbereich ausgebaut und geschaut, dass wir immer am Puls der Zeit bleiben“, unterstreicht Peter Fritz.

Das Café und Hotel am Wald: Rechts geht es in den Gastronomiebereich. Links befindet sich das Hotel.
Das Café und Hotel am Wald: Rechts geht es in den Gastronomiebereich. Links befindet sich das Hotel. © Arndt Pröhl

Viele Jahre spielte auch der Kurbetrieb eine bedeutende Rolle. „Wir waren zwar nie ein klassisches Sanatorium, wie andere Häuser in Tölz, aber wir haben die Kurzeit trotzdem voll mitgenommen.“ Im Hotel am Wald gab es offene Badekuren, also Kuren, bei denen die Anwendungen von der Kasse gezahlt werden, allerdings nicht die Übernachtung. „Das war viele Jahre eins unserer Steckenpferde“, sagt Peter Fritz. Eine große Herausforderung sei es gewesen, dass der Kurbetrieb in Bad Tölz Ende der 1990er-Jahre immer mehr an Bedeutung verloren hat.

Gästeklientel im Wandel

Dennoch konnte die Familie gut umstrukturieren. „Wir haben uns noch nie nur auf eine bestimmte Gästeklientel konzentriert.“ Auch heute kommen Langzeiturlauber gleichermaßen, wie Radler auf der Durchreise, Geschäftsreisende oder Paare, die ein paar Tage in der Region verbringen. „Seit wir auf den klassischen Buchungsseiten im Internet gelistet sind, ist unsere Gästeklientel deutlich internationaler geworden“, stellt Sandra Fritz fest. Auch große Veranstaltungen in München hätten direkten Einfluss auf die Auslastung des Hotels. „Wir spüren Messen oder die Wiesn ganz deutlich. Zum Beispiel gibt es jetzt schon Anfragen für die Bauma 2028“, erklärt Sandra Fritz.

Personalmangel als großes Thema in Gastronomie und Hotellerie

Noch heute gebe es große Herausforderungen zu meisten. „Aktuell beschäftigt uns der Personalmangel sehr“, schildert Sandra Fritz, die sich um die Büroarbeit und Personalführung kümmert, während ihre Eltern die Küche schmeißen. Die Küche ist für das Unternehmen übrigens sehr wichtig. Denn auch viele externe Gäste kommen in das Restaurant. Besonderer Beliebtheit erfreue sich der Grillabend mittwochs bei den Einheimischen. A und O sei es immer, sich nicht auf den Lorbeeren auszuruhen. „Wir haben auch jetzt wieder ein Grundstück hinter dem Haus erworben und überlegen, wie wir das sinnvoll für den Betrieb nutzen können“, verrät Sandra Fritz. Denn eins sei auch klar: „Keiner von uns fährt einen Porsche, wir haben immer jeden Cent wieder in das Hotel gesteckt, und da müssen schon alle immer dahinter stehen.“

Steckbrief

Gründungsjahr: 1913

Wievielte Generation: 4

Anzahl der Zimmer:  34

Mit Gastronomie:  Ja

Bekanntester Gast: Ein indischer Maharadscha während der Olympischen Spiele 1972, Thomas Mann

Besonderheit des Hauses: Grillabend

Spezialität der Küche: Fisch- und Wildgerichte

Durchschnittliche Aufenthaltsdauer der Gäste: 2,5 Tage

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