Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) war im Festzelt am Reutberg zu Gast. Die Reihen waren nur einigermaßen gefüllt.
Sachsenkam – Zum offiziellen Beginn der Veranstaltung um 18.30 Uhr war das Festzelt am Reutberg dürftig besetzt. Also ratschte Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger noch mit den Freien Wählern, die sich am Tisch um ihn versammelt hatten, kaufte sich vor dem Zelt Schokofrüchte, schüttelte Hände. Als er dann um kurz nach 19.30 Uhr ans Rednerpult trat, hatten sich die Reihen einigermaßen gefüllt.
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Landrat fordert mehr Geld für die Kommunen
Zuvor hatte Susanne Merk, Kreisvorsitzende der Freien Wähler, den stellvertretenden Ministerpräsidenten begrüßt. „Wir sind alle gespannt, die rasanten Entwicklungen der letzten Tage aus erster Hand zu erfahren“, spielte sie auf Aiwangers Kehrtwende in Sachen Zustimmung zum Schuldenpaket an. Der Garmisch-Partenkirchner Landrat Anton Speer (FW) vertrat beim Grußwort seinen Tölzer Kollegen Josef Niedermaier (FW). Wer jetzt glaubt, das lag an Niedermaiers Wahlempfehlung der CSU vor der Bundestagswahl (wir berichteten), der irrt. Der Tölzer hatte Aiwanger am früheren Abend bei der Führung durch die Klosterbrauerei begleitet, musste sich dann aber zur Bürgerversammlung in Schlehdorf verabschieden.
Speer machte deutlich, dass es den Gemeinden und Landkreisen finanziell nicht gut gehe. „Die Kommunen brauchen Geld für die Infrastruktur und die Krankenhausfinanzierung“, sagte Speer. Vor diesem Hintergrund sei die Aufhebung der Schuldenbremse richtig. Seinen Dank richtete er an Aiwanger, dass er „hier mitgegangen ist“. Kritik gab es am Bund: „Es kann nicht sein, dass der Bund immer mehr Aufgaben auf die Landkreise herunterbricht.“ Ein Beispiel sei das Bürgergeld. Hier blieben ein Drittel der Kosten der Unterkunft an den Landkreisen hängen.
Wir brauchen eine Steuerpolitik für die Leistungsträger, nicht Bürgergeld für jeden“
Das Bürgergeld ist Aiwanger ohnehin ein Dorn im Auge – zumindest dann, wenn es an arbeitsfähige Menschen ausbezahlt wird, die zumutbare Jobs abgelehnt haben. Auch dass Ukrainer automatisch Bürgergeld beziehen, möchte Aiwanger abschaffen. Und: „Wir brauchen eine Steuerpolitik für die Leistungsträger, nicht Bürgergeld für jeden.“ Darüber hinaus müsse man Modelle entwickeln, die es Menschen, die mit 63 oder 64 in Rente gehen, ermöglichen, weiterzuarbeiten. „Wenn wir ihnen sagen können, arbeite bitte ein, zwei, drei, vier, fünf Tage die Woche weiter, und 2000 Euro pro Monat sind steuerfrei, dann ist das eine Lösung.“
Steuern und Standard senken, Bürokratie abbauen
Generell müssten die Steuern für Normalbürger und Industrie runter, forderte der Wirtschaftsminister. Wichtig seien auch ein umfassender Bürokratieabbau und das Senken überzogener Standards. Das soll auch dafür sorgen, dass Bauen wieder bezahlbarer wird. „Wir bauen Kindergärten mit Architektenwettbewerb. Dann kostet das sechs Millionen Euro für 150 Kinder.“ Auf der anderen Seite verfügten Waldkindergärten über einen Bauwagen und einen Spaten für die Toilette. „Vielleicht finden wir die Mitte zwischen Bauwagen und Glaspalast.“ Zudem müsse es doch möglich sein, ein barrierefreies Bushäusl für weniger als 60 000 Euro Mehrkosten zu bauen. „Wir müssen mit den Standards und den Kosten runter.“ Das gehe aber nicht, wenn die Menschen immer weniger arbeiten, aber immer höhere Löhne bekommen würden.
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„Müssen uns auf die konzentrieren, die wir hier brauchen können“
Bei der Zuwanderung müsse man sich auf die konzentrieren, die „wir hier brauchen können“, sagte Aiwanger. Das seien eben nicht die Zugewanderten, „die nicht arbeiten, die Scharia fordern und kriminell werden“. Er hoffe, dass der künftige Kanzler Merz seinen angekündigten Migrationskurs umsetze. Ansonsten spannte Aiwanger ein weites Feld – von der Unterstützung für die Landwirtschaft („müssen die Kuh schonen und den Wolf schießen“) bis hin zur Medikamentenknappheit. „Dass wir keinen Hustensaft für die Kinder haben – das sind die Sachen, um die wir uns kümmern müssen, nicht um Geh- und Radwege in Peru.“
Aiwanger verteidigte seinen Meinungswechsel in Sachen Schuldenpaket. Der Freie Wähler hatte zunächst angekündigt, im Bundesrat gegen das Schuldenpaket zu stimmen, wenig später aber eingelenkt. Als er zum ersten Mal von den Schuldenplänen gehört habe, „dachte ich, es ist ein schlechter Scherz“. Hätte er allerdings nicht eingelenkt, „wäre ich jetzt nicht mehr Minister“. Und möglicherweise würde die SPD dann mit am bayerischen Regierungstisch sitzen. „Im Sinne von Bayern ist es aber besser, wenn wir die SPD nicht bei der Tür hereinlassen.“
Nach einer guten Stunde endete Aiwanger mit einem „Gott schütze Euch“ und erhielt zustimmenden Applaus.