China im Visier: USA wollen Atombomben-Flugplatz wieder in Betrieb nehmen
Einst hoben von der Pazifikinsel Tinian US-Bomber an, die Tod und Zerstörung nach Japan brachten. Nun soll von dort ein anderes Land ins Visier genommen werden: China.
Auf der winzigen Pazifikinsel Tinian begann eines der dunkelsten Kapitel des Zweiten Weltkriegs: Am 6. August 1945 hob vom dort gelegenen Militärflugplatz „North Field“ der B-29-Bomber „Enola Gay“ ab, an Bord hatte er jene Atombombe, die nur Stunden später die japanische Stadt Hiroshima in Schutt und Asche legen und Zehntausende töten sollte. Auch die Atombombe, die drei Tage später auf Nagasaki fiel, wurde hier verladen. Heute ist Japan einer der engsten Verbündeten des einstigen Erzfeindes USA, und sowohl Tokio als auch Washington betrachten längst nicht mehr einander als größte Bedrohung für die eigene Sicherheit. Es ist vielmehr ein immer selbstbewusster auftretendes China, das den beiden Staaten Sorgen bereitet – weil Peking Japans Nachbarn Taiwan bedroht, sich mit Tokio um eine kleine Inselgruppe im Ostchinesischen Meer streitet und seit Jahren unermüdlich aufrüstet.
Vor diesem Hintergrund ist die Ankündigung der US-Luftwaffe zu verstehen, den 1946 stillgelegten Militärflughafen auf Tinian wieder in Betrieb nehmen zu wollen. Seit einigen Jahren schon ziehen die USA einen immer enger werdenden Ring an Militärstützpunkten um die Volksrepublik – zuletzt holte sich das US-Militär vom philippinischen Präsidenten Marcos Junior die Erlaubnis, vier weitere Stützpunkte auf dem Inselstaat nutzen zu dürfen. Auch auf Tinian, das zum US-Außengebiet der Nördliche Marianen gehört, soll nun ein Außenposten entstehen.
US-General kündigt „großangelegte“ Einrichtungen auf Pazifikinsel an
General Kenneth Wilsbach, der Kommandant der US-Pacific-Air-Forces, sagte der japanischen Zeitung Nikkei Asia, dass auf Tinian „großangelegte“ Einrichtungen gebaut werden sollen, sobald der Dschungel gerodet sei, der sich dort nach Kriegsende ausgebreitet hatte. „Wenn Sie in den nächsten Monaten gut aufpassen, werden Sie erhebliche Fortschritte sehen, vor allem auf Nord-Tinian“, so Wilsbach. Auch der internationale Flughafen in der Mitte der Insel solle ausgebaut werden. Einen Zeitplan nannte der US-General nicht.
Laut CNN sind im Haushaltsplan für das kommende Jahr 78 Millionen US-Dollar vorgesehen, um auf Tinian einen Stützpunkt aufzubauen. Das Projekt sei Teil einer Strategie, die vorsieht, „Operationen von zentralisierten physischen Infrastrukturen auf ein Netz kleinerer, verstreuter Standorte zu verlagern, was die Planung des Gegners erschwert und den Befehlshabern der Streitkräfte mehr Möglichkeiten bietet“. Das bedeutet: Sollten im Falle eines Konflikts große US-Stützpunkte in Südkorea oder auf der japanischen Insel Okinawa schwer getroffen oder sogar ganz ausgeschaltet werden, könnte das Militär auf kleinere Einrichtungen wie etwa jene auf Tinian zurückgreifen.
„Erste und zweite Inselkette“ sollen China eindämmen
Diese „Agile Combat Employment“ (ACE) genannte Strategie zielt dabei explizit auch auf China ab. In einem Dokument der Air Force’s Air University von 2022, aus dem CNN zitiert, heißt es: „ACE trägt dazu bei, (chinesische) Bedrohungen zu entschärfen, indem es die Streitkräfte über den gesamten Einsatzraum verteilt“ und Chinas „Volksbefreiungsarmee dazu zwingt, mehr Raketen einzusetzen, um die Wirkung der Luftstreitkräfte der US Air Force zu verringern“.
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Der Plan der USA, einen Ring an Militärbasen vor Chinas Süd- und Ostküste zu errichten, wird von Militärplanern auch als „Strategie der ersten und zweiten Inselkette“ bezeichnet. Zur „ersten Inselkette“ gehören demnach die südjapanischen Inseln wie Okinawa sowie Taiwan und die Philippinen; zur „zweiten Inselkette“ werden unter anderem die Marianen gerechnet, zu denen neben den Nördlichen Marianen auch das US-Außengebiet Guam zählt. Chinas Marine, so das Kalkül der USA, kann diese beiden Inselketten nicht mit U-Booten oder anderen Schiffen durchbrechen, ohne dabei entdeckt zu werden. Eine große Lücke in der Inselkette würde sich indes auftun, sollte China den Inselstaat Taiwan militärisch erobern – Peking betrachtet das Land als Teil des eigenen Staatsgebiets. Dann könnten chinesische U-Boote von der Ostküste Taiwans, wo die Küste steil in die Tiefsee übergeht, abtauchen und erst vor der US-Westküste wieder an die Oberfläche kommen.