„Kleptomanen“ – Lawrow beschimpft deutsche Behörden

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Der russische Außenminister Sergej Lawrow (M) Ende November in Nordmazedonien (Archivbild). © Sebastian Gollnow/dpa Pool/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

Der Generalbundesanwalt will 720 Millionen Euro russischer Gelder einziehen, die auf einem Konto einer Frankfurter Bank liegen. Russlands Außenminister sieht Kleptomanen am Werk.

Moskau – Der Generalbundesanwalt in Deutschland will wegen eines versuchten Verstoßes gegen Russland-Sanktionen mehrere Hundert Millionen russische Gelder einziehen. Daraufhin bezeichnete der russische Außenminister Sergej Lawrow die deutschen Behörden als „Kleptomanen“, wie die staatliche russische Nachrichtenagentur Tass am Donnerstag berichtete.

Lawrow bezeichnet deutsche Behörden als „Kleptomanen“

Es geht um 720 Millionen Euro eines russischen Geldinstituts, die derzeit auf einem Konto bei einer Frankfurter Bank eingefroren sind. Anfang Juni 2022 wurde wegen der EU-Sanktionen gegen Russland ein sogenanntes Verfügungsverbot über sämtliche Guthaben der russischen Bank bei europäischen Finanz- und Kreditinstituten wirksam. Wenig später hätten unbekannte Verantwortliche des russischen Finanzinstituts versucht, die mehr als 720 Millionen Euro von dem Konto der Frankfurter Bank abzuziehen, so die Mitteilung des Generalbundesanwalts vom Mittwoch. Der elektronisch eingereichte Überweisungsauftrag sei jedoch nicht ausgeführt worden. Wegen dieses Verstoßes gegen die Sanktionen will der Generalbundesanwalt die Gelder nun einziehen.

Siluanow droht im Falle der Beschlagnahmung russischer Gelder

Der russische Außenminister bezeichnete die deutschen Behörden daraufhin als Kleptomanen. „Das haben wir schon vor langer Zeit erkannt. Sie waren die ganze Zeit über in politischer Hinsicht doppelzüngig, wissen Sie: in dem Sinne, dass sie Vereinbarungen nicht einhalten und versuchen, jemanden zu täuschen. Jetzt haben sie sich im wahrsten Sinne des Wortes als Kleptokraten entpuppt“, so Lawrow auf einer Pressekonferenz am Mittwoch. Der kremltreue Minister behauptete weiter, die USA würden Europa im Geheimen erklären, „wie man am besten die Gesetze ändert“, um sich russische Vermögenswerte anzueignen.

Der Westen konzentriere sich jetzt auf die Idee, einen legalen Weg zu finden, um Russlands Vermögen zu konfiszieren, so der russische Außenminister. „Oder, wie ich es verstehe, als ersten Schritt, den Gewinn, den sie aus diesen Vermögenswerten machen, an die Ukraine zu schicken.“ Indes drohte der russische Finanzminister Anton Siluanow, dass Russland für den Fall der Beschlagnahmung der Gelder, „auch etwas zu konfiszieren“ habe. Die Bundesanwaltschaft hatte den Antrag zur Vermögensabschöpfung beim Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt bereits im Juli gestellt, die Entscheidung steht noch aus.

Europäische Kommission will russische Vermögenswerte für Ukraine-Wiederaufbau nutzen

Die Europäische Kommission hegt seit Längerem den Plan, eingefrorene russische Vermögenswerte für den Wiederaufbau der Ukraine nutzbar zu machen. Mitte Dezember schlug die Kommission den Mitgliedsländern dafür einen Stufenplan vor, wie ein EU-Beamter der Nachrichtenagentur AFP mitteilte. Wie viel Geld damit genau erlöst werden kann und bis wann, ist offen. Aus deutschen Regierungskreisen hieß es, das Vorhaben müsse „sehr gründlich“ geprüft werden. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) nannte das Vorhaben „furchtbar kompliziert“.

Die EU fror seit Beginn des Ukraine-Kriegs aufgrund der Sanktionen gegen Russland rund 200 Milliarden Euro an russischen Vermögenswerten ein. Wegen hoher juristischer Hürden in Deutschland und anderen Ländern können die Gelder nicht einfach beschlagnahmt werden. Im Gespräch ist nun, die Zinserträge aus der Verwahrung der russischen Gelder an die Ukraine weiterzuleiten.

Das Institut Euroclear, das einen Großteil der eingefrorenen russischen Gelder für die Europäische Zentralbank verwahrt, gab in seinem Quartalsbericht im Oktober an, allein in den ersten neun Monaten dieses Jahres rund drei Milliarden Euro an Zinseinnahmen aus russischen Gelder erhalten zu haben. Die Weltbank schätzt die Kosten für den Wiederaufbau der Ukraine derzeit auf mehr als 400 Milliarden US-Dollar (etwa 372 Milliarden Euro) (bme mit dpa/AFP).

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