Krieg der alten Panzer: Ukraine schickt Sowjet-Material an die Front

  1. Startseite
  2. Politik

Kommentare

Russland nutzt im Ukraine-Krieg alte T-62 Panzer. Jetzt ist auch die Ukraine gezwungen dazu gezwungen. Das muss aber keinen Nachteil bedeuten.

Kiew - Seit dem Beginn des Überfalls auf die Ukraine hat Russland nach aktuellen Schätzungen des britischen Verteidigungsministeriums im Ukraine-Krieg mehr als 300.000 Soldaten durch Tod oder Verwundung verloren (Stand 15. November). Auch die Ukraine soll etwa 70.000 getötete und 100.000 bis 120.000 verwundete Soldaten verzeichnen, wie der Tagesspiegel schreibt.

Neben den Verlusten an Menschenleben ist auch die Zahl der zerstörten Militärgeräte enorm. In 22 Monaten harter Kämpfe haben die Russen rund 2.500 Panzer verloren, die Ukrainer 700 - also jeweils etwa zwei Drittel der Panzer, über die sie im Februar 2022 verfügten. Das berichtet das US-Wirtschaftsmagazin Forbes.

Ein russischer T-62 Panzer mit nachgerüsteter Reaktivpanzerung.
Ein russischer T-62 Panzer mit nachgerüsteter Reaktivpanzerung. © IMAGO/Pavel Lisitsyn

Daher sind beide Kriegsparteien darum bemüht, ihre Kapazitäten an Mensch und Material wieder aufzustocken. Russland setzt seit längerem Häftlinge ein, denen im Gegenzug für den Militärdienst die Freiheit versprochen wird. Unlängst forderte der russische Staatschef Wladimir Putin die Frauen des Landes dazu auf, bis zu acht Kinder zu bekommen, um „die Zukunft der russischen Welt und des tausendjährigen, ewigen Russlands“ zu sichern. Gleichzeitig wird der Zugang zu Abtreibung erschwert. Die Ukraine geht einen anderen Weg und will jetzt im Ausland lebende Bürger einziehen. Verteidigungsminister Rustem Umjerow sprach zwar von einer Einladung, das Fernbleiben soll jedoch nicht ohne Konsequenzen bleiben.

Putins Russland setzt bereits auf alte sowjetische Panzer - Die Ukraine tut es jetzt gleich

Panzer lassen sich nicht aus dem Gefängnis holen, vom Schrottplatz allerdings schon. Putin kommt es zugute, dass Russland im Besitz große Vorräte an Panzern sowjetischer Bauart ist. Diese werden, teils mit moderner Reaktivpanzerung und weiteren Verbesserungen nachgerüstet, seit längerem in der Ukraine eingesetzt. Auch wenn das im Westen für Spott gesorgt hat, muss die Ukraine jetzt offenbar ebenfalls auf diesen Griff in die Mottenkiste zurückgreifen. Weder die eigene Produktionskapazität, noch die - in letzter Zeit abnehmenden - Waffenlieferungen aus dem Westen können den Bedarf des Landes bei der Verteidigung gegen den russischen Aggressor decken.

Um Russland weiterhin etwas entgegensetzen zu können, will die Ukraine daher - als Teil des umfassenderen Plans zur Rekrutierung und Einberufung neuer Truppen - neue mechanisierte und gepanzerte Brigaden bilden. Zu den neuen Einheiten gehören laut Forbes fünf mechanisierte Brigaden - die 150., 151., 152., 153. und 154. - sowie die 5. Panzerbrigade, die bis vor kurzem keine Panzer besaß. Bisher hätten diese Einheiten zwar über Truppen und Kleinwaffen verfügt, es sei jedoch unklar gewesen, welche Fahrzeuge eingesetzt werden könnten. Ein Video, das das ukrainische Verteidigungsministerium am 12. Dezember veröffentlichte, deutet darauf hin, dass die 154. Brigade jetzt erbeutete, ehemals russische T-62-Panzer erhält.

Ein alter Panzer bleibt ein alter Panzer - T-62 dem Leopard 1A5 deutlich unterlegen

Zwar habe der Kreml alles darangesetzt, um die schlimmsten Mängel der Panzer dieser Bauart zu beseitigen, so Forbes. Dennoch seien die Panzer trotz vieler vom modernen T-90-Panzer übernommener Verbesserungen im Grunde eben immer noch die alten sowjetischen T-62. Das mache sich vor allem an den Motoren bemerkbar. Der eingebaute 620-PS-Dieselmotor bringe viel weniger Leistung, als der eines modernen Panzers. Ein verbesserter T-62 werde somit auch zu einem schwereren und langsamereren T-62.

Hinzu kommt, dass die von der Ukraine erbeuteten Panzer offenbar nicht über diese Verbesserungen verfügen. Zwar seien teilweise Verbesserungen geplant, diese würden jedoch noch ausstehen. Im Vergleich zu den Leopard 1A5 aus deutscher Produktion, die bereits Möglichkeiten für das Anbringen einer zusätzlichen explosiv-reaktiven Panzerung hätten, seinen die russischen Panzer also unterlegen.

Panzer sind noch immer wichtig - Im Ukraine-Krieg sind jedoch andere Militärgeräte entscheidend

Trotzdem sei es falsch, sich nur auf die Panzer konzentrieren. Panzer würden mit ihrer ausgewogenen Mischung aus Mobilität, Schutz und Feuerkraft nach wie vor eine große Rolle spielen. Am wichtigsten seien auf den Schlachtfeldern der Ukraine jedoch Drohnen, Artillerie und Minen. Die Armee, die die meisten Drohnen fliege, die meiste Artillerie abfeuere und die meisten Minen legen könne, sei in der Defensive im Vorteil. Die Armee, die die meisten Drohnen abschieße oder am Boden halte, die gegnerische Artillerie ausschalte und dichte Minenfelder räumen könne, habe die Chance auf einen offensiven Vorteil.

Solange Minen, Artillerie und Drohnen das Schlachtfeld beherrschen würden, dürfe es für beide Armeen keine große Rolle spielen, ob ihre Panzer 60 Jahre, 40 Jahre oder 20 Jahre alt sind, so Forbes. Während ukrainische Beamte nervös darauf warteten, dass die Republikaner im Kongress verspätet 61 Milliarden Dollar an neuer Militärhilfe der USA bewilligen, würden sie immer wieder vor drohenden Engpässen bei Drohnen und Artilleriemunition warnen. Fast niemand beklage sich darüber, dass die Panzer zu alt seien. (tpn)

Auch interessant

Kommentare