Wohnraum in Warngau: Beinahe-Bruchlandung kurz vor Baureife
Wohnungen und Kleingewerbe statt Landwirtschaft: Wenn der Hauserbauer in Warngau aussiedelt, ist an seiner Stelle Platz für neue Nutzungen. Nach jahrelanger Vorbereitung lag dem Gemeinderat nun der satzungsreife Bebauungsplanentwurf vor. Der Beschluss wurde vertagt: auf Druck aus der Nachbarschaft.
Warngau – In Oberwarngau ist viel in Bewegung. Der Hauserbauer soll bis zu neun Wohnungen, Büros und Kleingewerbe weichen. Die Gemeinde steuert die Entwicklung mit dem Bebauungsplan „Angerweg Nord“, in Nachbarschaft zum Staiger Anger, wo 20 neue Wohnungen entstehen. Das Bebauungsplan-Verfahren dafür hat der Gemeinderat im Frühling mit dem Satzungsbeschluss abgeschlossen. Das wäre am Dienstagabend nun auch für den „Angerweg Nord“ auf der Tagesordnung gestanden.
Bauamtsleiter Alexander Beer verlas die Stellungnahmen, die in der letzten Auslegungsrunde eingegangen waren. Die Untere Naturschutzbehörde forderte etwa Unterschlupf- und Nistmöglichkeiten für Fledermäuse und Schwalben, das Landesamt für Denkmalschutz wies auf vorgeschichtliche und mittelalterliche Gräber und die Pflicht zur Anzeige bei Funden hin. Das Wasserwirtschaftsamt Rosenheim stellte klar, dass das Sturzflutrisikomanagement der Gemeinde (wir berichteten) für das Areal bei anhaltendem Starkregen einen Wasserstrom mit bis zu 50 Zentimetern Tiefe prognostiziert. Hinweise dazu werden jeweils noch eingearbeitet.
Auch eine benachbarte Schreinerei meldete sich über eine Rechtsanwaltskanzlei erneut zu Wort. Der Betrieb nutzt den schmalen Angerweg bislang auch zum Be- und Entladen bei Lieferungen. Dies allerdings, haben die Behörden bereits klargestellt, ist nicht zulässig. Die Schreinerei führt ins Feld, dass die Verkehrszunahme durch die neue Wohnbebauung Probleme schaffe. Die Entgegnung der Verwaltung, dass die Zunahme des Verkehrs durch die Wohnbebauung die Bagatellgrenze unterschreite, kritisiert die Kanzlei nun als „bloße Behauptung“. Sie drohte überdies eine Normenkontrollklage an, sofern die Gemeinde nicht auf einen „Einigungsvorschlag“ eingehe und im fraglichen Bereich einen Wendehammer baue. Die Verwaltung winkte bei dem Einwand dennoch ab, schon weil er sich auf den Bebauungsplan „Staiger Anger“ beziehe, dessen Verfahren abgeschlossen ist. Planung und Verfahren wurden mit juristischem Beistand abgestimmt. Die Klage sei „momentan ein Lufttiger“, befand Beer.
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„Rücksicht auf Fledermäuse und alte Knochen, aber auf Anwohner nicht?“
Im Gemeinderat schienen die Ausführungen dagegen zu verfangen. Adolf Schwarzer (CSU) schimpfte: „Wir nehmen auf alle Fledermäuse und alte Knochen Rücksicht, aber auf die Anwohner nicht?“ Thurnhuber verwahrte sich gegen diesen Vorwurf. Es habe vier Gespräche mit besagtem Einwender gegeben.
Nachdem die Gemeinde den Angerweg bereits um einen Meter verbreitern will, sagte der Bürgermeister nun auch zu, die Straße im Bereich des Knicks aufzuweiten. Die Verquickung der Aufweitung mit dem Bebauungsplan wollte der Rathauschef jedoch vermeiden. „Ich möchte das aufweiten – nicht für einen, sondern für alle“, so Thurnhuber. Beer machte klar, die Gemeinde sei nie vor Normenkontrollklagen gefeit – auch nicht, wenn ein Wendehammer gebaut werde.
Doch die Stimmung im Gemeinderat war da schon gekippt. Er könne dem Bebauungsplan erst zustimmen, wenn das Problem mit der Straße gelöst sei, sagte etwa Florian Rank (FWG). Und mit dieser Meinung war er nicht allein. Es zeichnete sich ab, dass keine Mehrheit für den Satzungsbeschluss zusammenkommen könnte. Damit drohte dem Bebauungsplan eine Bruchlandung kurz vor Baureife; die Möglichkeit für eine Neuabstimmung wäre zumindest fraglich gewesen.
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Den GAU umging die Gemeinde noch, nachdem Vize-Bürgermeister Leonhard Obermüller (CSU) eingeworfen hatte, dass mit einer Ablehnung niemandem geholfen wäre. Thurnhuber gab nach und stellte zur Abstimmung, den Satzungsbeschluss zurückzustellen – was der Gemeinderat einstimmig beschloss. In der nächsten Sitzung soll erst mal die Aufweitung des Angerwegs besprochen werden.