Kinderarzt-Situation „nicht so rosig“: Stadt Moosburg auf Suche nach Lösungen für Medizinermangel
Während Moosburg intensiv nach neuen Kinderärzten sucht, wird klar: Die modernen Ärztehäuser, die sie leichter anlocken könnten, stehen derzeit noch in den Sternen.
Moosburg - Die Clips sind unterhaltsam, doch der Hintergrund ist ernst: Seit kürzlich eine breite Öffentlichkeit von den Abschiedsplänen des einzigen Moosburger Kinderarztes erfahren hat, teilen immer mehr Bürger die kreativen Kurzvideos, mit denen der Mediziner Olaf Vorbeck auf Facebook und Instagram eine Nachfolge sucht. Dass die Bevölkerung für das Stellengesuche eines Arztes wirbt, dürfte in der Stadt ein Novum sein. Doch viele haben große Sorge vor einer Zukunft ohne kinder- und jugendmedizinischer Versorgung am Ort.
Geschätzt bis zu 5000 Patienten betreut man am „Plan“ derzeit, wie Praxismanagerin Susanne Vorbeck dem FT berichtet. „Pro Tag müssen wir leider bis zu acht wechselwillige oder Neu-Patienten inklusive Neugeborene abweisen.“ Die Arbeitsbelastung habe in den letzten Jahren enorm zugenommen. Deshalb „können wir aktuell nur sehr begrenzt neue Patienten aufnehmen.“ Am Standort gebe es aus ihrer Sicht Bedarf für zwei bis drei Kinderärzte. Auch ihr Team, das auf einen neuen Chef oder eine neue Chefin hofft, steht vor einer ungewissen Zukunft.
Wie von Bürgermeister Josef Dollinger zu erfahren war, sondiert man im Rathaus noch, wie die Stadt helfen kann. Nach einem kurzfristig abgesagten gemeinsamen Pressegespräch, von dem er sich einen Austausch mit dem Ehepaar Vorbeck erhofft hätte, „müssen wir jetzt erst einiges abklären. Wir können keine Unterstützung aus dem Ärmel schütteln, ich will auch keinen Schnellschuss.“ Dollinger war diese Woche parallel noch mit mehrtägigen Vergabegesprächen und seiner Teilnahme am Bayerischen Städtetag beschäftigt.
Rückzug von Interessenten – auf Eis gelegte Ärztehaus-Pläne
Auf die Frage, ob Moosburg Marketing beauftragt werde, die Arztsuche zu bewerben, sagt der Ortschef: „Das werden wir ins Kalkül ziehen, weil es sicher eine Aufgabe für sie ist.“ Arztpraxen seien genauso wichtig wie Geschäfte. Er denke, dass das Marketing-Team nach Abschluss der Sommernacht Luft habe für dieses Thema. Moosburgs bisherige kinderärztliche Versorgung sei wegen der überlasteten Praxis „nicht rosig“, so Dollinger. Als es vor 1,5 Jahren Gespräche mit einer Landshuter Praxisgemeinschaft über eine Moosburger Filiale gegeben habe, hätten das sowohl die Stadt als auch „Herr Vorbeck massivst unterstützt“. Leider sei das nicht zustande gekommen.
Große Hoffnungen hatte man auch in das Sondergebiet in den Amperauen gesetzt, wo ein Investor nördlich der Neubauten einen Vollsortimenter-Supermarkt, einen Discounter, eine Drogerie – und ein Ärztehaus geplant hatte. Die Stadt habe laut Dollinger ihre Hausaufgaben erledigt, also die Erschließung und alle Verträge finalisiert. Doch dann sei der Notartermin geplatzt: Wegen der gesamtwirtschaftlichen und zinspolitischen Lage habe der Investor das Projekt auf Eis gelegt. „Wir sind weiter im Gespräch und hoffen, dass es zeitnah umgesetzt wird“, sagt Dollinger. Er malt sich dort nicht nur moderne, wettbewerbsfähige Räume für etwa Kinderärzte aus, sondern auch eine bessere Nahversorgung für die Wohngebiete und das Einzugsgebiet in Richtung Hallertau. Das wiederum würde die Innenstadt entlasten, weil weniger Autos auf dem Weg nach Degernpoint Moosburgs Zentrum durchqueren müssten.
Neue Praxisräume über Moosburgs Rewe größtenteils schon vermietet
Neue Praxisräume, die junge Ärzte anlocken, waren auch für den Rewe-Neubau in der Neustadt im Gespräch. Das FT hat sich beim Eigentümer Martin Heilingbrunner nach dem Stand erkundigt. „485 Quadratmeter sind bereits an eine zahnärztliche Gemeinschaftspraxis aus Moosburg vermietet. 105 Quadratmeter sind noch frei, dort verhandeln wir gerade mit einer Physiotherapeutin.“ Man habe auf der Suche nach Interessenten „in Moosburg alle abgeklappert“, seines Wissens habe der Makler auch Olaf Vorbeck angefragt, sagt Heilingbrunner. Der habe jedoch kein Interesse an einer neuen Praxis gehabt. Die Bauarbeiten lägen im Zeitplan, „wenn alles klappt, ist der Bau im März/April 2025 fertig.“ Falls es mit der Physiotherapeutin nichts werde, „sind wir zu Gesprächen bereit“. Heilingbrunner glaubt aber, dass einem Kinderarzt 105 Quadratmeter nicht reichen.
Meine news
Und er kritisiert, dass sich die Stadt und umliegende Gemeinden nicht früher um die Nachfolge gekümmert haben. „Die meinen, das ist gottgegeben, und wenn der aufhört, wird sich schon an selber Stelle wieder ein Kinderarzt niederlassen. Die Zulassungsstelle ist in dem Gebiet aber in ihrer Entscheidung frei. Wenn jetzt ein Kinderarzt sagt, ich find‘ Freising besser, dann ist der Platz in Moosburg weg.“