Als die Burg Wolkenberg brannte ... Wildpoldsried erinnert an den Bauernkrieg vor 500 Jahren
Vor 500 Jahren stürmten die aufständischen Bauern die Burg Wolkenberg und setzten sie in Brand. Die Burgfreunde organisierten zum Jubiläum eine Gedenkveranstaltung.
Wildpoldsried – Das Interesse an der Jubiläumsveranstaltung war so groß, dass zusätzlich ein Nebenraum des Hirschsaals geöffnet werden musste. Bürgermeisterin Renate Schön setzte in ihrer Einführung die damaligen Ereignisse mit den Entwicklungen unserer Tage in Kontext und hob hervor, dass es auch heute wichtig ist, die Selbstverwaltung der Dörfer zu stärken. Florian Stöberl von den Burgfreunden begrüßte den Referenten des Abends, Dr. Franz Rasso Böck.
Kritisches Staunen bei Dr. Franz Rasso Böck über die zahlreichen Jubiläums„feierlichkeiten“ dieses Jahr
Der Kemptener Stadtarchivar im Ruhestand blickte zuerst mit kritischem Staunen auf den „wahren Marathon“ von Veranstaltungen im aktuellen Gedenkjahr. Nicht nur die Stadt Kempten spricht jedoch, beispielsweise in ihren Pressemitteilungen, von einem Jubiläum, das man über das ganze Jahr feiern will. Kann man eine Niederlage, ein Scheitern tatsächlich feiern? Kaum.
Ausnahme sind einzelne Ereignisse mit großer Tragweite, wie der „Große Kauf“, in dessen Folge Kempten „freie Reichsstadt“ wurde. Böck kritisierte auch die einseitige Darstellung des Bauernkriegs als Vorläufer der heutigen Demokratie. Er fragte: Ging es den Bauern tatsächlich um „politische Partizipation“? Heutige politische Begrifflichkeiten auf die damalige Zeit zu übertragen, das sollte man kritisch betrachten. „Erinnerungskultur ist nicht zu verwechseln mit einer Eventkultur von Jubiläen“, fasste der Referent seine Zweifel zusammen.

Böck: Der Bauernkrieg war keine Revolution
Der zweiten Hälfte der von Peter Blickle geprägten These, nachdem der Bauernkrieg die „Revolution des gemeinen Mannes“ gewesen sei, stimmt Böck zu: An dem Aufstand waren auch Städter, Handwerker und Bergleute beteiligt. Mit dem Begriff der Revolution geht er aber ins Gericht. Die Bauern wollten das Herrschaftssystem nicht abschaffen, sie richteten sich weder gegen das Reich noch gegen den Kaiser. Sie kämpften um die Bewahrung und Verbesserung ihrer Rechte, um die Reduzierung der Frondienste und Abgaben, gegen willkürliche Strafen. Also um Freiheiten, aber nicht um die absolute Freiheit.
Genau das spiegelt ein Teil der Memminger Zwölf Artikel wider. Die andere Hälfte der Forderungen (freie Pfarrerwahl, kirchliche und gemeinnützige Verwendung des Zehnten, Abschaffung der Leibeigenschaft, da vor Christus alle Menschen gleich sind) beweist, dass der Bauernkrieg als organischer Bestandteil der Reformation zu bewerten ist.
Man sollte von den Superlativen wegkommen, die Bauern bezeichneten sich als „Christliche Vereinigung“ und nicht als nach demokratischer Partizipation strebendes Bauernparlament. Böck hält nicht viel von dem vom strategisch geplanten Marketing erzeugten Lärm des Jahres 2025. Er sagte: „Meines Erachtens wäre weniger mehr, doch Andachten und stille Einkehr suchen wir vergebens im ‚Tsunami‘ der Programme.“
Die Vogtei Wolkenberg in Wildpoldsried
Die Politik des Fürststiftes Kempten war bereits seit dem 14. Jahrhundert darauf ausgerichtet, einen geschlossenen und expandierenden Klosterstaat zu errichten und die Herrschaftsverhältnisse zu stabilisieren. Seit 1269 durften nur noch Adelige Äbte sein und sie entwickelten ein immer größer werdendes weltliches Machtbewusstsein. Anfangs wurden die einzelnen Gebiete innerhalb des Fürststiftes in Vogteien eingeteilt, in denen der Vogt (das Wort stammt vom lateinischen „advocatus“) als Vertreter des Abtes für Recht und Ordnung sorgte. Der Amtssitz des Vogtes war meistens eine Burg. 1398 wurde die Herrschaft Wolkenberg in das Fürststift eingegliedert und ab 1409 saß der zuständige Vogt auf der gleichnamigen Burg. Dieses System wurde erst 1642 durch die Errichtung von Pflegämtern abgelöst.
Die Burg wird gestürmt
Die Schilderung der historischen Ereignisse begann Böck mit dem Jahr 1523, mit der Wahl von Sebastian von Breitenstein zum Fürstabt. Zwischen ihm und seinen Untertanen fanden 13 Verhandlungsrunden statt, alle scheiterten. Die Bauern wollten eine gütliche Einigung und erhofften Unterstützung vom Schwäbischen Bund, der aber nur auf Zeit spielte. Der Fürstabt dachte zu keiner Zeit daran, die Beschwerden und Forderungen ernst zu nehmen.
Im Allgäu brach die Gewalt am Karfreitag, dem 2. April 1525 aus. Die Bauern unter der Führung von Walter Bach aus Oy und Jörg Schmid, genannt „Knopf“ von Leubas, stürmten das Kloster Kempten und belagerten die Burg Liebenthann bei Obergünzburg. Am 4. April nahmen sie die Burg Wolkenberg ein, die sie ausraubten und in Brand steckten. Ein ähnliches Schicksal ereilte auch die Burgen Liebenthann, Stötten, Nesselburg, Oberstaufen und Schwabelsberg.
Der Referent fasste die wichtigsten weiteren Stationen des Krieges zusammen, vom Weingartner Vertrag (laut Böck ein „Trojanisches Pferd“) über die „Schlacht“ bei Leubas und die grausamen Rachezüge des „Bauernjörgs“ (Georg Truchsess von Waldburg) bis zum Memminger Vertrag im Januar 1526.
Wie war Schmid von Leubas wirklich?
Er ging ausführlich auf die unterschiedlichen Einschätzungen der Figur von Jörg „Knopf“ ein. Gegenüber denen, die ihn als jähzornig und hetzerisch beschreiben, schenkt Böck mehr Glauben als den Geschichtsschreibern, die behaupten, dass „Knopf“ bis zuletzt mit großem Einsatz und Durchhaltevermögen versuchte, die Bauern durch den Verhandlungsweg zur Freiheit zu verhelfen.
Der Memminger Vertrag, den er nur um zwei Tage überlebte (er wurde inhaftiert, gefoltert und in einem Wald in der Nähe von Bregenz erhängt), kann in dieser Hinsicht als Teilerfolg angesehen werden. Die Bauern erhielten mehr Rechtssicherheit und bessere Bedingungen im Bereich der zu leistenden Abgaben. Die ersehnte Freiheit erhielten sie aber erst 1848/49.
Wie ging es nach dem Brand mit Burg Wolkenberg in Wildpoldsried weiter?
Die Auswirkungen des Bauernkrieges waren für zahlreiche Burgen und Klöster verheerend, betonte Böck. Viele baute man nicht wieder auf und sie verfielen. Die Burg Wolkenberg wurde 1557 wiedererrichtet, im Dreißigjährigen Krieg erneut gestürmt, dann nur noch notdürftig instandgesetzt. Nach einem Brand 1695 wurde auch sie dem Verfall preisgegeben. Erst Ende der 1970er Jahre begann das Forstamt Kempten die Mauerreste der Ruine freizulegen. 1987 wurde das Geschichtsdenkmal für die Öffentlichkeit zugänglich gemacht.
Die beleuchtete Ruine
Nach dem Vortrag luden die Burgfreunde zu einem Imbiss auf dem Grundstück der Familie Holdenried ein. Dort konnte man bei Alphornmusik einen Blick auf die beleuchtete Burgruine werfen und sich über den kurzweiligen, mit humorvollen Elementen gespickten Vortrag austauschen.
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